Eisige Naehe
dem Begriff pervers, aber das hier ist pervers.«
»Das ganze Haus ist irgendwie pervers. Nicht, dass ich was gegen SM habe, jeder soll tun und lassen können, was er oder sie will, aber ... Sind dir die schwarzen Vorhänge überall aufgefallen?«, fragte Santos. »Ich bin ja nicht blind. Ob die hier okkulte Spielchen abgehalten haben?«
»Woher soll ich das wissen? Auf jeden Fall ist dieses Haus unheimlich.«
»Okay, halten wir uns nicht weiter mit Spekulationen auf. Was willst du?«
Santos lachte leise auf und meinte geradeheraus: »Dass du nicht den Schwanz einziehst.«
»Du bist vielleicht lustig! Das hat nichts mit Schwanzeinziehen zu tun, sondern mit Eigenschutz. Soll ich mich gegen die Oberen wehren?« »Ja«, antwortete sie wie selbstverständlich. »Und meine Karriere aufs Spiel setzen?« »Sören und ich tun das auch.«
»Ihr seid Bullen, ich bin nur Rechtsmediziner. Wenn die mich auf dem Kieker haben, kann ich für den Rest meines Lebens einpacken. Ihr könnt euch immer noch als Kaufhausdetektive oder Privatschnüffler durchschlagen.«
»Siehst du Gespenster, oder war da schon mehr in den letzten Tagen? Wer sind >die«, fragte Santos mit einem Gesichtsausdruck, als stünde ihr ein völlig Fremder gegenüber.
»Was meinst du mit mehr?«, fragte er mit zusammengekniffenen Augen. »Wenn du denkst, ich habe mich zulaufen lassen ...«
Santos winkte ab. »Jetzt fängst du aber total an zu spinnen. Mannomann! So was käme mir nicht mal im Traum in den Sinn, obwohl, dein Lieblingspub ist doch Murphy's ...« Sie grinste, und er konnte sich das Grinsen auch nicht verkneifen, wodurch sich die Situation von einer Sekunde zur anderen entspannte. »Aber Spaß beiseite, mit mehr meine ich, wirst du unter Druck gesetzt?« »Kein Kommentar, nur noch eins: Denk mal an Günter. Warum wohl hat er sich krankschreiben lassen? Er hat mir irgendwann erzählt, dass er in seiner gesamten Dienstzeit nicht einen einzigen Fehltag hatte. Jetzt auf einmal liegt er im Bett. Na ja, irgendwann erwischt es jeden. Lass mich drüben die Erstbeschau durchführen und ... Du bekommst Infos von mir, sobald ich Näheres weiß.« »Dass Günter nicht krank ist, weiß ich selbst. Wovor oder besser vor wem hast du Angst? Es kann doch nicht sein, dass du dich nur aus einer Vermutung heraus so verhältst. Sören und ich haben das Gefühl, dich überhaupt nicht zu kennen. Wer tritt dir auf die Füße? Oder wirst du gar bedroht?«
»Nein«, flüsterte Jürgens mit gesenktem Blick, doch es klang nicht sehr überzeugend.
»Ach ja? Wenn dir niemand auf die Füße tritt, dann kannst du ja auch ganz normal mit uns reden. So wie bis vor ein paar Tagen.«
Jürgens schüttelte den Kopf, den Mund abfällig heruntergezogen. »Du hast wirklich keine Ahnung, wovon du redest. Ich«, und dabei schlug er sich mit der Faust auf die Brust, »ich bin eine wandelnde Zielscheibe, und da draußen warten einige darauf, endlich auf mich schießen zu dürfen ...«
»Erzähl doch nicht so 'n Quark ...«
»Lisa, entweder du hältst jetzt sofort deine Klappe, oder ich werde nie wieder ein Wort mit dir wechseln. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt? Lass mich einfach nur ausreden.«
»Okay, okay, ich bin ja schon still.« Jürgens atmete einmal tief durch und sagte dann: »Nicht nur ich bin eine Zielscheibe, auch du und Sören seid eine, ihr habt's nur noch nicht kapiert, weil ihr auf Gedeih und Verderb einen Fall lösen wollt, der nicht zu lösen ist. Denn gewissen Leuten ist daran gelegen, dass er nie gelöst wird, zumindest nicht von euch. Die regeln so was auf ihre Weise, intern sozusagen.« Als Santos ihn unterbrechen wollte, hob er die Hand. »Nenn mich meinetwegen feige, vielleicht bin ich's ja.« Er zuckte die Schultern. »Weißt du, einige in meinem engeren Umfeld wissen, dass ich ein Zocker bin, ich gehe gern mal ins Kasino oder nehm an einer Pokerrunde teil, ist halt ein Laster, von dem ich nicht loskomme. Nur, ich kenne meine Grenzen und habe noch nie Schulden gemacht. Ich zocke zum Beispiel grundsätzlich nicht mit Leuten, von denen ich weiß, dass sie immer das Gewinnerblatt in der Hand halten. Genau das ist hier der Fall. Habe ich zwei Siebener, hat garantiert ein anderer drei. Habe ich ein Füll House, kommt der Gegner garantiert mit einem Royal Flush daher. Die Karten sind gezinkt, und am Ende schulde ich meinen Mitspielern einen Haufen Kohle, metaphorisch gesprochen. Und schon haben sie mich am Wickel.«
»Damit hast du meine Frage nicht
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