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Eisige Naehe

Eisige Naehe

Titel: Eisige Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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musterte er Henning, dem bewusst wurde, dass er es mit einem Menschenkenner zu tun hatte, der sein Gegenüber in kürzester Zeit einzuschätzen vermochte.
    »Wir nehmen einen Whiskey«, durchbrach Santos das Schweigen, »aber mit Eis, sofern welches da ist. Sonst Soda.«
    Als wäre Albertz schon oft hier gewesen, öffnete er eine kleine Tür an der Bar und nickte. »Da ist auch Eis. Mal sehen, wir hätten hier einen Single Malt ... Noch nicht einmal angebrochen. Damit Sie mir auch trauen, öffnen Sie bitte die Flasche und schenken ein. Selbstverständlich werde ich meinen auch mit Eis trinken.« »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie uns vergiften wollen«, sagte Santos lächelnd. »Welchen Nutzen hätten Sie davon? Wir sind nur ein paar kleine Polizisten.« »Tun Sie mir trotzdem den Gefallen«, entgegnete Albertz und reichte Santos die Flasche und den Eiskübel. »Wie Sie wünschen.« Santos gab ein paar Eiswürfel in jedes Glas und schenkte ein, Albertz hob sein Glas und lächelte: »Cheers, auf einen gewiss sehr informativen Abend.«
    »Cheers«, brummte Henning, ohne sein Misstrauen zu verbergen. Er trank sein Glas in einem Zug leer, Sekunden später durchzog ein wohlig warmes Gefühl seinen Körper.
    »Ein exzellenter Tropfen«, sagte Albertz, lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. »Ich denke, wir können beginnen, ich möchte Ihre Zeit auch nicht über Gebühr in Anspruch nehmen. Haben Sie sich schon mit Frankfurt in Verbindung gesetzt?« »Heute Nachmittag«, antwortete Santos knapp. »Welche Informationen haben Sie erhalten, wenn ich fragen darf?«
    »Darf ich Ihnen zuerst eine andere Frage stellen?« Henning räusperte sich. »Wieso wollen Sie ausgerechnet mit uns sprechen, die wir doch mit den Fällen gar nichts mehr zu tun haben? Oder sollte ich sagen: kooperieren? Wir sind seit heute Nachmittag ganz offiziell dazu verdonnert, uns aus allem rauszuhalten, was mit Bruhns und Klein zu tun hat. Also, wieso wir?« »Das werde ich Ihnen gleich erklären«, erwiderte Albertz mit stoischer Ruhe.
    »Sind Sie vom Verfassungsschutz? Ja oder nein?«, fragte Henning mit plötzlich aggressivem Unterton und beugte sich vor, ohne Albertz aus den Augen zu lassen. Albertz nickte ein paarmal, bevor er mit regungsloser Miene antwortete: »Ja und nein. Wieso stellen Sie mir diese Frage? Haben Sie recherchiert?« »Haben wir, und wir haben keinerlei Informationen über Sie bekommen. Mich würde sehr interessieren, was Sie mit >ja und nein< sagen wollen.«
    »Wenn Sie mir die Gelegenheit geben, Ihnen einiges zu erläutern, werden sich manche Fragen von alleine beantworten. Darf ich, oder haben Sie noch etwas?« »Bitte, ich hoffe nur, wir sind nicht vergebens hier.« Albertz schenkte sich noch einen Whiskey ein. »Denken Sie jetzt bitte nicht, ich sei Alkoholiker, ich trinke in der Regel nur in Gesellschaft, und auch da nur wohldosiert. Und das mit den Joints gestern, ich habe ein paar kleine Macken, die ich mir einfach nicht abgewöhnen kann und will.«
    »Sie sind uns keine Erklärung schuldig«, sagte Santos. »Es ist Ihr Leben.«
    »Da haben Sie allerdings recht. Warum treffe ich mich mit Ihnen?« Albertz erwartete keine Antwort. »Um es kurz zu machen: Sie wurden mir als mutig, kämpferisch und loyal geschildert, Eigenschaften, die in dieser Kombination selten geworden sind. Glauben Sie mir, ich kann das beurteilen, ich bin schließlich lange genug in dem Geschäft und habe die Menschen kennengelernt ...«
    »In welchem Geschäft?«
    »In einem schmutzigen, ekligen, widerwärtigen Geschäft, in dem Sie niemals einkaufen möchten. Überall Ratten, Kot und Hinterhältigkeit. Ich habe Sie um dieses Treffen gebeten, um Ihnen ein wenig über dieses Geschäft und die Menschen, die es betreiben, zu berichten. Doch vorab beantworten Sie mir bitte meine Frage: Was haben Sie von den Frankfurtern erfahren?«
    Santos stellte ihr Glas ab, Albertz erhob sich, nahm es, gab Eis hinein und goss Whiskey darüber. »Ich wollte eigentlich keinen mehr.« »Dann lassen Sie ihn stehen. Sie haben mir gestern übrigens sehr imponiert. Das mit dem Whiskey war ein Test,
    den Sie mit Bravour bestanden haben. Ich wollte sehen, inwieweit Sie bereit sind, sich über Regeln hinwegzusetzen. Sie haben es getan und tun auch sonst alles, um Ihr Ziel zu erreichen. Ich hoffe nur, ich habe Sie damit nicht überfordert, mit dem Whiskey, meine ich?« »Nein, ich kann einiges vertragen«, log sie und verschwieg, dass sie den ganzen Nachmittag

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