Eisige Naehe
eine leichte Übelkeit verspürt hatte. »Der Mann, von dem Sie gestern sprachen, heißt Manfred Schumann, Immobilienmakler, Menschenhändler und Pädophiler. Seine Witwe heißt Sarah Schumann, sie wohnt immer noch in Frankfurt, hat aber auch ein Haus in Kiel. Mehr konnten wir nicht in Erfahrung bringen.«
»Eine kurze, knappe und überaus treffende Beschreibung von Schumann, es fehlt höchstens noch, dass er ein menschenverachtender Krimineller war sowie ein Baulöwe, der gerne mit den Behörden kooperiert hat. Mit wem haben Sie gesprochen?«
»Mit einer Kommissarin vom KU«, antwortete Santos zurückhaltend, ihre Skepsis und ihr Argwohn waren noch immer nicht gänzlich gewichen. »Mit Hauptkommissarin Durant?«, fragte er mit einem rätselhaften Lächeln.
»Ja, diesen Namen hatten Sie uns ja genannt.« »Sehr gut. Dann haben Sie vermutlich auch erfahren, dass Frau Durants Vorgesetzter in der Sache Schumann ermittelt hat?«
»So wurde es uns gesagt.«
»Frau Santos, ich bemühe mich, so offen wie möglich zu sein, dann seien Sie es bitte auch. Das gilt auch für Sie, Herr Henning. Was hat Frau Durant Ihnen über Schumann gesagt? Dass er eine große Nummer im Bereich Frauen- und Kinderhandel war?«
»Unter anderem. Und dass das Mädchen, das mit ihm erschossen wurde, zwischen zwölf und vierzehn Jahre alt war, gegenüber den Medien das Alter jedoch mit achtzehn bis zwanzig angegeben wurde, angeblich, weil Frau Schumann um ihren guten Ruf fürchtete, sollte die Wahrheit über ihren Mann ans Licht kommen ...« »Das ist richtig, aber nur zum Teil. Es hieß damals auch, dass sie nichts von den abnormen Neigungen und Aktivitäten ihres Gatten wusste, was aber nicht ganz zutrifft. Er war ein notorischer Fremdgänger, war sehr viel geschäftlich unterwegs und brauchte seine Frau lediglich als Vorzeigeobjekt. Sollten Sie sie je kennenlernen, werden Sie wissen, was ich meine, denn sie ist auch heute noch eine ausgesprochen schöne und attraktive Frau, obwohl sie bereits sechzig ist, was man ihr wahrlich nicht ansieht. Tatsache ist, dass sie hinter die Machenschaften ihres Mannes kam und beschloss, der Sache ein Ende zu setzen. Also machte sie sich auf die Suche nach jemandem, der ihren Mann beseitigte, denn sie konnte und wollte nicht länger zulassen, dass ihr Mann sich im Kinderhandel betätigte und Kinder missbrauchte.« Albertz nippte an seinem Whiskey und behielt das Glas in der Hand, sein Blick ging von Henning zu Santos. »Okay, Frau Schumann wusste von dem Treiben ihres Göttergatten. Warum ist sie nicht zur Polizei gegangen?« »Herr Henning, ich bitte Sie!«, lachte Albertz beinahe mitleidig auf. »Schumann war nicht nur schwerreich, sein größter Trumpf waren seine exzellenten Beziehungen, die bis nach Bonn und zu den höchsten Stellen vornehmlich im östlichen Ausland reichten. Er bewegte sich in einem rechtsfreien Raum, er genoss Narrenfreiheit, wie so viele in diesem Land, wobei die Zahl im Übrigen stetig zunimmt. Nicht nur hier, gehen Sie in irgendein anderes Land, Sie werden genau dasselbe vorfinden. Was glauben Sie, für wen die Kinder und Frauen bestimmt waren? Für Hinz und Kunz? Nein«, stieß er kopfschüttelnd hervor, »seine Abnehmer gehörten zur Creme de la Creme der Gesellschaft. Seine Frau hatte nicht die geringste Chance, zur Polizei zu gehen, weil das mit ziemlicher Sicherheit ihr Todesurteil bedeutet hätte. Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass er ihr gegenüber auch gewalttätig wurde und sie außerdem große Angst um ihre Töchter hatte, die damals zehn und zwölf Jahre alt waren. Eine berechtigte Angst, wie ich Ihnen versichern darf ...« »Woher wissen Sie so viel über die Schumanns?« »Als Schumann und das junge Mädchen umgebracht wurden, war ich noch beim BKA in Wiesbaden, und zwar in einer Abteilung, die es offiziell gar nicht gab und auch heute noch nicht gibt. Nur wenige Eingeweihte wissen davon. Die Transparenz, die stets propagiert wurde und wird, existiert nicht und hat nie existiert. Wie auch immer, der Mord an Schumann brachte uns ins Spiel, wir durften nicht zulassen, dass zu viele pikante und kompromittierende Details an die Öffentlichkeit gelangten, dazu war Schumann eine viel zu wichtige Persönlichkeit. Also taten wir alles, um seinen und den Ruf seiner Familie zu schützen ...«
»Entschuldigung, das ist mir jetzt zu hoch«, fiel ihm Henning ins Wort. »Sie sagen, Sie waren beim BKA in einer Abteilung, die es nicht gibt. Da komme ich ja noch mit, aber was
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