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Eisige Naehe

Eisige Naehe

Titel: Eisige Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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gehalten, ich kenne bis heute weder seinen Namen noch seinen Aufenthaltsort, ich weiß nichts über ihn. Über alles, was in den darauffolgenden Jahren passierte, weiß ausschließlich Sarah Bescheid. Sie hat die Kontakte geknüpft, später, als das Internet aufkam, gab sie mir seine E-Mail-Adresse, aber sosehr ich und meine Kollegen uns auch bemüht haben, uns ist es nie gelungen, seine Identität zu lüften. Wir wissen nur, dass er viele Zwischenstationen geschaltet hat, die im Sekundentakt wechseln, wir gehen von achtzig bis hundert aus, und das ist einfach zu viel, um diese Stationen innerhalb von ein oder zwei Minuten bis zum Empfänger nachzuverfolgen, und das, obwohl wir mit den modernsten Rechnern arbeiten ...«
    »Warum erzählen Sie uns das alles?«, fragte Santos, nachdem Albertz aufgestanden war und ihnen den Rücken zugewandt hatte. Sie flüsterte Henning zu: »Lass mich mal machen«, und stand ebenfalls auf. »Warum ich Ihnen das erzähle? Ich weiß es nicht. Ich habe noch nie darüber gesprochen, mit niemandem. Danach lebte ich nur noch für meine Arbeit. Ich war auch nie verheiratet. Aber irgendwann musste ich mit jemandem darüber reden. Sie sind die Ersten.« »Weiß Frau Schumann von Ihren Gefühlen?« »Was spielt das für eine Rolle? Vielleicht, vielleicht auch nicht, es ist müßig, darüber zu spekulieren, es ist eine Ewigkeit vergangen seitdem. Lassen Sie uns jetzt bitte nicht mehr darüber sprechen.« Er wandte sich zu ihr um und fuhr fort: »Das Thema Sarah Schumann ist abgehakt. Kommen wir zum Wesentlichen. Wir waren damals tatsächlich auf der Suche nach einem Mann für alle Fälle. Es musste jemand sein, der unauffällig und lautlos tötete. Er sollte jung und kaltblütig sein und jeden Auftrag annehmen. Ich hatte ihn gefunden. Ich tischte meinem Vorgesetzten eine hanebüchene Story auf, die zu lang wäre, sie jetzt wiederzugeben, aber ich habe Sarah Schumann rausgehalten, das war ich ihr schuldig. Jedenfalls arbeitet dieser Auftragskiller seit Anfang 1985 für uns.« »Aber welche Relevanz hat das für die Fälle Bruhns und Klein? Sie haben doch von Klein gehört, oder?« »Ja, ja, ein übler Bursche, nach außen seriös, innen verrottet bis ins Mark. Bis 1991 lebte er in Frankfurt, dann kam er nach Kiel. Den Rest brauche ich Ihnen nicht zu erzählen, das haben Sie längst herausgefunden. Er hat im Prinzip das fortgeführt, was Schumann begonnen hatte. Nach Schumanns Tod organisierte er die Transporte, verlagerte schließlich seinen Wohnsitz nach Kiel und übernahm die Spedition Drexler. Er hatte sich einige Zeit vorher mit dem alten Drexler angefreundet, und da er über Erfahrung im Speditionsgewerbe verfügte, entschloss sich Drexler, nicht seinem etwas labilen Sohn, sondern Klein die Firma zu überschreiben. Drexler junior war natürlich alles andere als erfreut und wollte gegen Klein vor Gericht ziehen, doch bevor es zur Verhandlung kam, verunglückte er tödlich. Das Fahrzeug wurde nie kriminaltechnisch untersucht, das konnten wir verhindern. Bitte, ersparen Sie mir Ihre Vorwürfe, die habe ich mir selbst schon reichlich gemacht. Ich war und bin eingebunden in einen Apparat, in dem man bedingungslos zu gehorchen und zu funktionieren hat, und irgendwann hinterfragt man die Dinge, die einem aufgetragen werden, nicht mehr.«
    »Moment, wenn ich Sie recht verstanden habe, kannten Schumann und Klein sich?«, fragte Henning, ohne auf Albertz' letzte Bemerkung einzugehen. »Ja. Sie waren wie Vater und Sohn, und sie hatten die gleichen Neigungen. Merken Sie allmählich, worauf ich hinauswill?«
    »Noch nicht ganz.«
    »Dann kommen wir zum Kern des Ganzen. Schumann, Bruhns und Klein hatten eines gemeinsam - sie waren Verbrecher auf höchster Ebene, sprich, sie waren unantastbar. Ihre Opfer waren vornehmlich Kinder und Frauen. Bruhns war ein Mittelsmann, der aufgrund seiner Popularität einen riesigen Bekanntenkreis hatte. Im Laufe der Jahre konnte er immer mehr Männer mit den gleichen perversen Neigungen für, wie er es nannte, Kinderprojekte gewinnen. Was damit gemeint war, brauche ich Ihnen wohl nicht näher zu erläutern. Es wurden mehr und mehr. Sie glauben gar nicht, wie viele Pädophile und Päderasten es in diesem Land gibt! Aber Bruhns wurde zu einem Risikofaktor, nachdem er im vergangenen Jahr ein elfjähriges Mädchen nicht nur missbraucht, sondern auch ermordet hat ...«
    »Woher wissen Sie, dass sie elf war?« »Ich weiß es, das muss Ihnen genügen. Darf ich

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