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Eisige Schatten

Eisige Schatten

Titel: Eisige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Hooper
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was?«
    »Eine Rettungsleine. Jemand, der währenddessen mit mir redet. Mir hilft, mich zu konzentrieren. Mich davon abhält, zu tief hineinzugehen.«
    »Was passiert, wenn Sie zu tief hineingehen?«
    Cassie lächelte schwach. »Dann komme ich nicht zurück.«
    Ben schaute zu Matt, der schweigend die Augenbraue hob, wandte sich dann wieder an Cassie. »Na gut. Was muss ich tun?«
    Cassie griff nach dem Beutel. »Reden Sie einfach mit mir. Wenn ich eine Verbindung herstelle, lassen Sie nicht los.«
    Ihr Vertrauen beunruhigte Ben, doch er nickte.
    Da sie ihm sein Unbehagen entweder ansah oder es spürte, sagte sie beruhigend: »Ich werde die Verbindung diesmal so flach wie möglich halten, nur um herauszufinden, ob da irgendwas ist. Wenn die Münze ihm nicht gehörte oder nicht lange in seinem Besitz war, kann ich womöglich wenig auffangen.«
    Ben beobachtete sie, während sie den Beutel öffnete und die Münze in die Hand nahm.
    Mit gebeugtem Kopf und geschlossenen Augen begann sie, die Münze in den Fingern zu drehen. So, wie es jemand machen würde, der etwas durch Berührung allein einzuordnen versuchte, durch Abtasten der Form und Beschaffenheit des Gegenstandes.
    »Cassie?«, sagte Ben, als er meinte, das Schweigen dauerte zu lange.
    Ihr Gesicht wandte sich ein bisschen zu ihm, in einer deutlichen und augenblicklichen Reaktion auf seine Stimme. Sie war sogar noch bleicher als zuvor, so bleich, dass es Ben erschreckte.
    Aber ihre Stimme schwankte nicht, als sie langsam sagte: »Sie hat ihm gehört. Sie war Teil einer … Sammlung. Und er hat noch mehr davon. In einer Reihe ausgelegt. Da war ein Platz für den Dollar, aber da ist jetzt eine Lücke. Es war … ein Satz. Er hat noch eine Fünzig-Cent-Münze, einen Quarter, einen Dime, einen Nickel und einen Penny.«
    »Will er die alle benutzen?«, fragte Ben.
    »Ich weiß nicht.« Sie zuckte zusammen. »Es ist schwierig, seinen Geist zu berühren. Er ist müde, ausgelaugt. Er betrachtet die Münzen, aber ich weiß nicht, was er denkt oder fühlt.«
    Matt mischte sich ein, seine Stimme leise und erfüllt von dem faszinierten Misstrauen eines Mannes, der sich nicht von der Show beeindrucken lassen will, aber trotzdem nach dem Zauberer hinter dem Vorhang sucht. »Kann sie sehen, was um ihn herum ist?«
    »Cassie? Können Sie sehen, was um ihn herum ist? Können Sie beschreiben, wo er ist?«
    »Nein, nicht so richtig. Es ist dunkel. Er mag die Dunkelheit. Sein Kopf schmerzt nicht so sehr im Dunkeln.«
    »Ist es ein Zimmer?«
    »Ich glaube schon. Aber … ich sehe keine Möbel. Nur die in einer Reihe ausgelegten Münzen. Auf schwarzem Samt. Seine ganze Aufmerksamkeit ist darauf gerichtet. Als wäre er … hypnotisiert. Fast wie in Trance.«
    Cassie schüttelte plötzlich den Kopf und öffnete die Augen. »Das ist alles. Das ist alles, was ich auffange.« Sie steckte die Münze wieder in den Beutel und schob ihn über den Tisch zu Matt. »Ich sollte es in einem oder zwei Tagen noch mal versuchen. Im Moment ist er … zu fern. Zu ausgelaugt.«
    Matt warf einen Blick auf die Notizen, die er sich gemacht hatte. »Teil einer Sammlung. Glauben Sie, dass er Münzen sammelt?«
    »Könnte sein. Die Münzen, die er vor sich aufgereiht hatte, sind ihm eindeutig wichtig, das weiß ich.« Sie klang sehr müde.
    »Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte Ben.
    »Mir geht’s gut.«
    »Aber ist auch wirklich alles in Ordnung?«
    Sie blickte ihn an, und er spürte den Unterschied. Die Wärme dieses direkten Blickes war nicht so stark wie zuvor, als hätte eine Art Energiekessel in ihr zu viel Brennstoff verbraucht und brenne jetzt auf gefährlich niedriger Flamme.
    »Es ist anstrengend. Aber es geht schon.« An Matt gewandt sagte sie: »Tut mir leid, dass ich keine größere Hilfe sein konnte. Diesmal.«
    Matt blickte mit grimmigem Gesicht von seinem Notizblock auf. »Gibt es sonst noch was, das Sie mir über ihn sagen können? Irgendetwas?«
    »Nur das, was ich Ihnen und dem Richter bereits mitgeteilt habe – Ihnen und Ben. Ich glaube nicht, dass er vorher schon mal getötet hat, aber ich denke, er wird es wieder tun. Jetzt ist er auf den Geschmack gekommen. Und es gefällt ihm.« Sie hielt inne. »Sein Geist, seine Art zu denken, hat etwas Junges. Wenn ich schätzen sollte, würde ich sagen, dass er Mitte zwanzig ist.«
    Cassie zuckte die Schultern. »Und dann ist da das, was Ihnen ein Profiler vermutlich sagen würde. Weiß, männlich, zwischen vierundzwanzig und zweiunddreißig.

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