Eisige Schatten
Richtung schauen. Sie nahm Max am Halsband und hielt ihn an ihrer Seite.
»Max, aus«, befahl sie ihm energisch. Er hörte auf zu bellen, knurrte aber immer noch, während sie sich dem Besucher näherten.
»Hi«, begrüßte sie Ben.
»Hi.« Er beäugte den Hund. »Tja, groß genug ist er. Beißt er?«
»Das weiß ich noch nicht, obwohl die im Tierheim sagten, er sei die ganze Zeit sanft wie ein Lamm gewesen.« Cassie blickte auf den immer noch knurrenden Hund. »Verlassen worden von Leuten, die ihn beim Umzug offenbar nicht mitnehmen wollten.«
»So was passiert leider. Wenigstens schläfert unser Tierheim sie nicht ein.«
»Das haben sie mir auch gesagt.« Und dass der jüngere Richter Ryan für den Grundsatz des Tierheims mitverantwortlich war, niemals gesunde Tiere einzuschläfern – ein interessanter Einblick in seinen Charakter. »Abby hat sich auch einen geholt, wussten Sie das?«
»Matt hat es erwähnt.« Ben lächelte. »Einen sehr großen Irish Setter, der gern bei Abby im Bett schläft. Darüber war Matt nicht sonderlich glücklich.«
»Kann ich mir vorstellen.« Cassie überlegte, ob Abby dem Sheriff wohl von der Prophezeiung erzählt hatte, beschloss aber, nicht nachzufragen.
Max’ Knurren wurde lauter.
»Sie sollten uns einander lieber vorstellen«, sagte Ben.
Cassie hatte wenig Erfahrung mit Hunden, wusste jedoch instinktiv, was zu tun war. Sie befahl Max, sich zu setzen, ließ eine Hand auf dem Hund und bedeutete Ben, näher zu treten. Als er es tat, griff sie, nur mit einem leichten Zögern, nach seiner Hand. Sie war sehr warm, selbst an diesem kalten Wintertag.
»Max, das ist Ben«, sagte sie mit fester Stimme. »Er ist ein Freund.« Sie führte Bens Hand nahe genug heran, dass der Hund an ihr schnüffeln konnte. Max gefiel es entweder, wie diese neue Person roch, oder er akzeptierte Cassies beruhigende Berührung; seine Rute schlug gegen den gefrorenen Boden, und sein Knurren verstummte.
Ben tätschelte den Hund mit lässiger, aber erfahrener Ungezwungenheit und sprach freundlich mit ihm. Als er sich wieder aufrichtete, war Max vollkommen entspannt.
»So weit, so gut«, sagte Cassie. Sie ließ das Halsband los, und beide sahen zu, wie Max die Reifen des Jeeps inspizierte.
»Mal schauen, wie er mich beim nächsten Mal begrüßt.« Ben hielt inne. »Schläft er auch bei Ihnen im Bett?«
Cassie beschloss, die Frage nicht zu persönlich zu nehmen. »Er hat seinen eigenen Schlafplatz neben meinem Bett. Bisher ist er dort geblieben.«
Ben nickte. »Ich bin froh, dass Sie ihn geholt haben.«
»Das bin ich auch.« Es war die Wahrheit. Sie hatte entdeckt, wie angenehm es war, einen aufmerksamen und anspruchslosen Gefährten zu haben, der ihr zuhörte, wenn sie sprach. Und es hatte sie überrascht, wie viel sie mit dem Tier gesprochen hatte.
»Tut mir leid, Sie so einfach ohne vorherigen Anruf zu überfallen.« In Bens Stimme war der gleiche ruhelose Ton, den sie am vorherigen Tag wahrgenommen hatte. »Aber ich war gerade hier in der Gegend, und …«
Cassie ließ das Schweigen nur einen Augenblick anhalten. »Es ist kalt hier draußen. Kommen Sie doch mit hinein. Den Kaffee aufzuwärmen dauert nur ein paar Minuten.«
»Das klingt gut. Danke.«
Max ließ vom Jeep ab, um sie hineinzubegleiten, und folgte Cassie wie üblich in die Küche.
»Er bleibt in Ihrer Nähe«, bemerkte Ben von der Küchentür aus.
»Bisher.« Sie schaute zu Ben, war sich der Anspannung in seiner Haltung bewusst und sagte: »Ich wollte ein Feuer im Wohnzimmerkamin anzünden. Wie gut sind Sie im Feueranmachen?«
»Einigermaßen.« Er lächelte.
»Dann haben Sie den Job. Ich brauche immer zu viel Zeitungspapier und Anmachholz dazu.«
»Ich schau mal, was ich tun kann.«
Als Cassie mit dem Tablett ins Wohnzimmer kam, hatte Ben das Feuer zum Lodern gebracht. Er hatte sein Jackett ausgezogen und die Hemdärmel aufgekrempelt und stand jetzt neben dem Kamin und lockerte seine Krawatte. Cassie stellte das Tablett auf den Couchtisch und setzte sich auf das eine Ende des Sofas.
»Ich glaube, zum Feueranzünden muss man Talent haben«, sagte sie. »Ich hab das nicht. Sie offensichtlich schon. Danke.«
»Nichts zu danken.« Ben sah zu, wie Max mit einem Kauknochen aus der Küche kam, das Feuer misstrauisch beäugte und sich dann auf einem Läufer in Cassie Nähe niederplumpsen ließ.
»Wir entwickeln allmählich eine Art Routine«, sagte sie. »Ich gebe ihm etwa um diese Zeit einen Kauknochen, und er braucht den Rest
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