Eisige Umarmung (German Edition)
blieb regungslos stehen, um festzustellen, ob sie aufgewacht war. Doch er hörte nur die regelmäßigen Atemzüge einer Schlafenden.
Die Spannung fiel von Judd ab, er hängte die Jacke auf, zog leise Stiefel und Strümpfe aus und setzte sich vor den Kamin. Selbst sein Schädel schmerzte, der feuchte Schnee hatte ihm zugesetzt – er hatte sich absichtlich nicht dagegen geschützt. Obwohl er gewusst hatte, dass er unbedingt wieder mit sich ins Reine kommen musste, war er nicht weit fortgegangen, hatte diese Frau, von der er sich instinktiv bedroht fühlte, nicht in der Dunkelheit alleinlassen können. Er hatte Wache gestanden und ein weiteres Mal versucht, die schlimmsten Defekte in den Mauern um seinen Verstand zu beheben.
Er war nicht dumm, selbstverständlich hatte man ihm Silentium aufgezwungen, dieser Zustand war keineswegs natürlich, für die meisten war es Freiheitsberaubung. Programm I wäre sogar noch schlimmer, ein operativer Eingriff in das Gehirn. Dennoch war Silentium eine akzeptable Möglichkeit für eine kleine Minderheit der Medialen, die sich selbst dann dafür entschieden hätten, wenn sie die Wahl gehabt hätten.
Er gehörte zu dieser Minderheit.
Für ihn war Silentium die Erhörung seiner Gebete, ein Geschenk, das ihm erlaubte, außerhalb von Gefängnismauern oder einer selbstgewählten Isolation ein erfülltes Leben zu führen. Er betrachtete die schlafende Brenna. Nein, dachte er, das stimmte nicht. Wenn Brenna nicht Teil seines Lebens sein konnte, würde er keine wirkliche Erfüllung finden. Aber zumindest konnte er unter Silentium mit ihr sprechen, sie beschützen, mit ihr, wenn auch nur für kurze Zeit, zusammen sein. Ohne die Konditionierung hätte er sich ihr nicht einmal auf Sichtweite nähern dürfen.
Er konnte nicht widerstehen und stellte sich neben ihr Bett. Ihre Augen bewegten sich schnell unter den geschlossenen Lidern, sie war im Tiefschlaf, träumte vielleicht, aber er konnte keine Anzeichen von Furcht in ihrem Gesicht oder in ihrer Körperhaltung wahrnehmen. Es ging ihr also gut, und er musste nicht an ihrer Seite wachen. Jetzt wäre genau der richtige Moment, sie zu verlassen, so wie er es sich gerade eben dort draußen im Schnee vorgenommen hatte.
Stattdessen ballte er die Fäuste, damit er nicht die Hand ausstreckte, um die zarten Schatten unter ihren Augen zu berühren. In diesem Augenblick schrie Brenna erstickt auf, ihr Gesicht verzog sich wie unter Schmerzen. Dann begann sie am ganzen Körper zu zittern, obwohl die Laz-Flammen immer noch Wärme spendeten.
Er wusste, was ein Gestaltwandler in dieser Situation getan hätte. Instinktiv wollte er dasselbe tun, auch wenn er dadurch den Effekt zunichte machte, den die Kälte auf ihn gehabt hatte. Die Dissonanz wollte ihn davon abhalten, heiß fuhr der Schmerz in seine Augen.
Doch dann drang ein erstickter Seufzer aus Brennas Kehle und nahm ihm die Entscheidung ab.
Er legte sich neben sie auf das Bett, stützte sich auf den Ellenbogen und strich mit der Hand sanft über ihre Haare. Deutlich spürte er, dass ihre Körper nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. „Schsch. Schlaf weiter. Ich passe auf.“ Er würde alles dafür geben, dieses Versprechen zu halten.
Nach ein paar Sekunden hörte sie auf zu zittern und presste sich an ihn. Er spürte die Wärme ihres Körpers durch drei Lagen Stoff, als gäbe es weder ihr T-Shirt noch das Laken oder seinen Pullover. Das war eigentlich unmöglich. Und doch war es mit Brenna so. Als sie ihre Hand hob und auf die Decke legte, konnte er sich gerade noch davon abhalten, sie in den Arm zu nehmen.
Alle Warnsignale in seinem Kopf flammten auf. Es hätte sie beide nur in Schwierigkeiten gebracht, wenn er noch mehr Körperkontakt zugelassen hätte. Deshalb blieb er auf Distanz, beobachtete sie im Schlaf – nur seine Finger strichen weiter über ihre Haare.
Brenna wusste, dass sie träumte. Sie wusste auch, dass sie nicht versuchen durfte aufzuwachen. Es gab etwas, das sie sich anschauen, das sie erfahren musste.
Es war wirklich ein Traum. Zersplittert, durcheinander. Eigenartigerweise waren die Bilder schwarz-weiß. Das hatte sie noch nie zuvor erlebt. Normalerweise waren ihre Träume voller Farben und Gerüche. Aber dieser Ort war kalt … metallisch.
Kraftvoll.
Sie hatte große Kräfte. Und sie hatte sie vollkommen unter Kontrolle. Ein einziger Gedanke genügte, um den Herzschlag des Opfers anzuhalten. Noch bevor er zu Boden fiel, war der Mann schon tot. Sie hatte
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