Eisige Umarmung (German Edition)
Gesichtsausdruck kann es mir nicht verraten haben. Aber irgendwie …“ Sie biss sich auf die Unterlippe und zuckte die Achseln. „Ich kann es nicht erklären. Ich wusste es einfach.“ Sie machte die Tür auf, aber noch bevor sie um den Wagen herumgelaufen war, war er schon auf seiner Seite ausgestiegen. „Kommen Sie hinterher bloß nicht zu mir, wenn die Wunden wieder aufbrechen. Ich werde Sie nicht bedauern.“
„Werde ich mir merken.“ Er konnte die Augen nicht von ihren Hüften abwenden, alle Selbstbeherrschung war zum Teufel. „Sie hätten mir nicht folgen sollen.“
„Warum denn nicht?“ Sie sah ihn nicht gerade freundlich an. „Sie sind ja nicht besonders gesprächig.“
„Sie brauchen nicht alles zu wissen.“
„Auch nicht, was Sie zum Teufel noch mal mitten in der Nacht in einem verlassenen Freizeitpark zu suchen haben?“ Sie fuhr herum und verschränkte die Arme vor der Brust. „Erst erzählen Sie mir, Sie seien ein Auftragskiller und dann schleichen Sie sich davon. Da musste ich doch nur eins und eins zusammenzählen, oder nicht?“
„Ja“, stimmte er zu und hörte nicht auf die Stimme, die es richtigstellen wollte.
„Schwachsinn.“ Mit dieser sehr treffenden Beschreibung drehte sie sich auf dem Absatz um und lief die Rampe hinauf, die zur Haupthöhle führte. „Wenn Ihr Geist auf Töten ausgewesen wäre“, rief sie ihm zu, als sie die Tür öffnete, „hätten Sie den Wolf doch beim ersten Anblick getötet.“
Nachdem sie verschwunden war, stand er noch ein paar Minuten in der Garage und versuchte, eine Antwort zu finden, die sie zufriedenstellen konnte. Er konnte und wollte sie nicht in die graue Welt der Rebellion hineinziehen. Programm I aufzuhalten war sein Versuch, Erlösung zu finden, wenn es so etwas für jemanden wie ihn überhaupt geben konnte, aber Brenna sollte nicht für seine Verbrechen bezahlen müssen. Er war ihr Schild. Gegen das Böse … und gegen seine eigenen Albträume.
Als er endlich bereit war, ging er die Rampe hinauf und folgte ihr zu ihrer Wohnung. Sie hatte die Tür offen gelassen, und er schloss sie hinter sich. „Brenna.“
Sie machte gerade Kaffee und sah hoch. „Lügen Sie mich nicht an, Judd. Behalten Sie Ihre Geheimnisse meinetwegen für sich, aber lügen Sie mich nicht an.“ Sie sagte das ganz ruhig, aber mit solcher Leidenschaft, dass ihn jedes Wort wie ein Schlag traf.
Deshalb erzählte er ihr keine Lüge. „Ich hätte auch gern einen Kaffee.“
Sie sah ihn lange an, als warte sie auf weitere Erklärungen. Als er nichts sagte, straffte sie die Schultern und drehte sich um. Wieder spürte er das heftige Verlangen, sie dazu zu zwingen, ihn anzusehen, und wieder unterdrückte er es. Endlich – und noch gerade rechtzeitig – hielt sie Abstand. Nur ein wenig länger, und er hätte ihr nicht mehr die Wahl gelassen … selbst wenn sie ihn darum gebeten hätte, sie loszulassen.
Selbst wenn sie geschrien hätte.
26
Die Schlampe hatte schon wieder seine Pläne durchkreuzt. Sie war aufgetaucht, als er gerade dabei gewesen war, dem Auftragskiller die Kehle durchzubeißen. Er hätte es beinahe doch versucht, aber der Scheißmediale hatte mit seinem Schlag irgendwas in seinem Kiefer zerbrochen – deshalb war er nicht sicher gewesen, dass er fest genug zubeißen konnte. Und wenn Brenna ihn gesehen hätte, hätte sie ihn bestimmt erkannt. Nun musste er in Deckung bleiben, bis sein Kiefer wieder in Ordnung war. Zum Glück würde das nicht lange dauern.
Allerdings hatte er wenigstens etwas erreicht, versuchte er sich selbst zu beruhigen. Andrew und Riley waren sauer. Und er hatte gehört, wie Brenna und der Mediale gestritten hatten. Brenna musste nicht mehr isoliert werden, er musste nur noch warten, bis Judd Lauren wieder ging und sie allein in der Wohnung war.
Sie würde nicht viel Widerstand leisten – Santano Enrique hatte gute Vorarbeit geleistet, sie war mehr als fertig. Sein Entschluss stand fest, er würde sie doch nicht mit einer Überdosis töten. Seine Finger krümmten sich schon bei der Vorstellung, ihren zarten Hals in den Händen zu halten. Er wollte zusehen, wie das Leben aus diesen verhexten Augen schwand. Vielleicht würde sie sich in diesen letzten Sekunden daran erinnern, dass er schon einmal die Hände um ihren Hals gelegt hatte.
27
Sie hatten den ganzen Tag entweder geschwiegen oder bemühte Konversation gemacht. Jetzt saß Judd auf einem Stuhl und ging die Dokumente durch, die ihm das Gespenst mitgegeben hatte,
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