Eisige Umarmung (German Edition)
Brenna stand neben ihm. Wie durch ein Wunder hatte der Datenkristall in seiner Hosentasche den Angriff unbeschadet überstanden.
„Warum sind Sie immer noch hier?“, fragte Brenna. „Es ist fast neun.“
Er schloss die Akte und legte den Organizer auf den Tisch. „Da Ihre Brüder Abstand wahren müssen, liegt Ihre Sicherheit allein in meinen Händen.“
Im gedämpften Licht hatte ihr Gesicht verführerisch zarte Konturen, und der Teint schimmerte porzellanfarben. Das Haar glänzte golden, die Wimpern waren nur ein wenig dunkler und so lang, dass sie fast unecht aussahen.
Ihr fiel auf, mit welchem Blick er sie ansah. „Küss mich.“
Seine unverletzte Hand ballte sich zur Faust. „Ich habe Ihnen doch schon gesagt – ich kann Ihnen nicht geben, was Sie brauchen.“
„Lügner.“ Sie lehnte vor ihm an der Wand, schmal, einladend und entschlossen. „Du willst mich so sehr, dass der Hunger dich fast auffrisst.“
„Ich spüre keine Lust.“
Hätte Brenna nicht solche Angst gehabt, Judd an seine eigenen Dämonen zu verlieren, wäre sie vielleicht durch diese Demonstration seines unerschütterlichen Willens abgeschreckt worden. „Sie wissen doch genau, dass das gelogen ist.“ Er hatte so viele Geheimnisse, die er ihr nicht verriet, aber sie war entschlossen, ihm wenigstens dieses zu entlocken. „Als ich damals aus der Dusche kam, haben Sie mich beinahe mit den Augen verschlungen. Wenn Sie das jetzt leugnen, kann ich für nichts mehr garantieren.“ Er würde ihr damit das Herz brechen.
Geschmeidig und gefährlich erhob er sich. „Sie wissen nicht, was Sie von mir verlangen.“ Stahlharte Medialenaugen, aber sie hätte schwören können, dass die goldenen Punkte darinnen tanzten.
Ihre Haut kribbelte vor Erregung. „Ich weiß, dass die Konditionierung mit Schmerzen aufrechterhalten wird“, sagte sie. „Heute Morgen habe ich Faith angerufen –“
„Sie glauben also, dass ich mich vor ein bisschen Schmerz fürchte?“ Seine Stimme war tiefer, dunkler geworden. „Denken Sie, ich würde nicht mein Leben aufs Spiel setzen, um die Ketten der Konditionierung zu durchbrechen?“
Sie hatte ihn noch nie so erlebt, seine eisige Kontrolle verwandelte sich in etwas, das ihre animalischen Sinne als gut kaschierten Zorn erkannten, so rein, dass die Luft vibrierte. „Was ist es dann?“, wagte sie zu fragen und ging auf ihn zu. „Was hält Sie so in seinen Klauen, dass Sie uns verleugnen?“ Dieses Gefühl, das so viel stärker und realer war als alles, was sie je zuvor kennengelernt hatte.
„Ich bin nicht wie Faith“, sagte er und stand unüberwindbar wie eine hohe Mauer vor ihr. „Meine Fähigkeiten sind in keiner Weise gut.“ Er griff ohne Vorwarnung nach ihren Haaren und bog ihren Kopf zurück, sodass ihre Kehle bloß lag. „Meine Kategorie existiert nur in den Annalen der Pfeilgarde.“
Der bittere Geschmack der Angst lag auf ihrer Zunge, als ihr bewusst wurde, dass sie endlich einen wichtigen Teil seiner Abwehr durchdrungen hatte – allerdings stellte sich die Frage, ob sie mit den Geistern umgehen konnte, die sie gerufen hatte. „Erzählen Sie mir davon, Judd. Ich muss es wissen.“ Denn er gehörte ihr. Selbst in diesem Augenblick spürte sie das Verlangen, seine dunkle Seite erregte sie – denn sie war überzeugt davon, dass er ihr nie etwas antun würde. Doch seine Worte zerschmetterten diese hübschen Fantasien.
„Ich könnte Sie töten, während wir Sex haben“, sagte er und lockerte seinen Griff, damit sie den Kopf heben konnte. „Könnte Ihr Herz am Schlagen hindern, Ihre Luftröhre zerquetschen, die Sauerstoffzufuhr zu Ihrem Gehirn unterbrechen.“ Die kalten Worte trafen sie wie aus nächster Nähe abgefeuerte Gewehrkugeln. „Ich könnte auch Ihren Schädel oder Ihren Brustkorb zertrümmern. Es gibt viele Möglichkeiten, mit einem einzigen Gedanken zu töten – natürlich gehe ich bei geplanten Morden raffinierter vor, aber das Endergebnis ist dasselbe. Man wird Sie in einen Leichensack packen.“
Eisige Kälte breitete sich in ihr aus. In diesem Augenblick wäre sie beinahe fortgerannt. Das war nicht der Judd, den sie kannte. Vor diesem Mann hatte sie Angst. „Sie können Gestaltwandlerhirne nicht in dieser Weise manipulieren“, flüsterte sie, verzweifelt nach einem Ausweg suchend.
„Sie haben mir nicht zugehört.“ Seine Lippen waren an ihrem Ohr, aber nun war es nicht mehr erotisch. „Ich muss Ihren Geist nicht beeinflussen, um Sie zu töten. Kein TK-Medialer muss
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