Eisige Umarmung (German Edition)
erhielten eine Ausbildung und damit eine zweite Chance.“ Seine Augen wurden noch schwärzer, obwohl sie das noch wenige Sekunden zuvor kaum für möglich gehalten hatte.
„Wieder wählten einige ein Leben in der Einsiedelei“, fuhr Judd fort. „Die anderen versuchten, ein normales Leben zu führen, bis sie unvermeidlich im Zorn erneut töteten – einen Nachbarn, ihre Frau oder Kinder. Das war für die meisten der Auslöser, ihr Herz nicht weiter schlagen zu lassen. Die übrigen verbrachten den Rest ihres Lebens in Isolationshaft, selbst ihr Verstand wurde in Ketten gelegt, und sie hatten keinen Zugang mehr zum Medialnet.“
Brenna konnte verstehen, dass Strafe notwendig war und man Verantwortung für die eigenen Taten übernehmen musste, aber was Judd beschrieb, war einfach nur grausam. „Wie konnten sie das bloß tun?“
„Damals haben wir noch gefühlt, Brenna. Die Medialen fühlten. Die eingesperrten TK-Zellen wollten leiden, wollten sich bis in alle Ewigkeit an den Albtraum erinnern, denn sie hatten getötet, was sie am meisten geliebt hatten.“ Er kam wieder näher und fuhr mit seinem schonungslosen Redeschwall fort. „Wir waren nie besonders viele – die Wissenschaftler erklären unsere Existenz am liebsten mit spontaner Mutation. Das ist auch die einzig mögliche Erklärung, denn unsere Gene werden nur sehr selten weitergegeben, vor allem seit es Silentium gibt. Wir schließen keine Reproduktionsverträge ab. Wir bekommen keine Kinder. Wir gehen keine Partnerschaften ein.“
Es fühlte sich an, als hätte er sie geohrfeigt. Aber sie spürte keinen Schmerz, sondern Wut. „Dann lassen Sie sich also von der Furcht beherrschen? Sperren sich selbst ein? Wie können Sie uns das nur antun?“
Die unheimlich schwarzen Augen kamen ihr so nah, dass sich ihr Unmut in ihnen spiegelte. „Ehe ich Sie mit meinen eigenen Händen töte, sehe ich lieber zu, wie Sie sich einen Liebhaber nehmen.“
Sie wusste, wie ihn diese Worte schmerzen mussten. Die Luft zwischen ihnen zitterte vor Zorn. „Und würden Sie den Mann auch am Leben lassen?“, flüsterte sie.
Keine Antwort. Das gab ihr Hoffnung, obwohl jede Hoffnung vergebens zu sein schien. „Dann lass uns kämpfen, Judd.“ Sie wagte es, die Hand sanft auf seine Brust zu legen. Er zuckte zusammen, ging aber nicht fort. „Wir werden kämpfen, bis es keinen Weg mehr gibt, und dann suchen wir unter der Erde weiter. Denn ich lasse uns nicht im Stich.“ Das waren starke Worte, aber sie zitterte dennoch. Eine unbedachte Bemerkung von ihm konnte sie zerstören.
„Sie sind die stärkste, entschlossenste Frau, die ich kenne.“ Er strich ihr über das Haar. „Aus einem weniger starken Mann würden Sie Hackfleisch machen. Gut, dass du mir gehörst.“
Vor Erleichterung wäre sie beinahe in die Knie gegangen. „Damit scherzt man nicht.“
„Ich meine das ganz ernst.“ Ein sehr männlicher Ausdruck lag auf seinem Gesicht. „Wenn du jetzt Ja sagst, werde ich dich selbst dann nicht gehen lassen, wenn du später feststellst, dass ich nicht der Richtige bin. Du triffst deine Entscheidung ein für alle Mal. Du musst dir also ganz sicher sein.“
Nur einen kurzen Augenblick fürchtete sie sich vor dem Besitzergreifenden in seiner Stimme, der Unbeugsamkeit in seinem Blick. Judd war kein zahmer Wolf, der tat, was sie wollte. Er war kompliziert, sehr dominant und mehr als böse.
Und er gehörte ihr, auch wenn das Band zwischen ihnen nicht existierte. Diese Bestätigung war nicht notwendig. Nicht bei ihrem dunklen Engel. „Wenn ich jemals meine Freiheit wiederhaben will, werde ich sie auch bekommen.“ Männern wie Judd musste man klarmachen, dass ihre Frauen Krallen hatten.
„Soll das eine Drohung sein?“ Kalte Medialenarroganz sprach aus seinem Blick, als er so nahe herankam, dass ihre Brüste ihn bei jedem Atemzug berührten. Seine Augen hatten wieder ihre normale Färbung angenommen.
Sie hätte beinahe aufgestöhnt, so sehr hatte sie sich nach dieser Berührung gesehnt. „Wie steht es um deine Beherrschung?“
„Nicht besonders gut.“ Die Worte wurden eiskalt hervorgebracht.
Die meisten hätten das als Zurückweisung empfunden, aber Brenna wusste, es war ein Zeichen dafür, wie viel er für sie empfand. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie sein Hemd über dem festen Bauch hochschob, der ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. „Ich werde mir die Wunden mal ansehen.“
„Ist alles in Ordnung – ich kann die Zellen in meinem Körper
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