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Eisige Versuchung

Eisige Versuchung

Titel: Eisige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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Baums, presste seine rechte Hand auf seinen Schaft, damit er zu zucken aufhörte, und beobachtete wehmütig, wie sie und Arthur in dessen Hütte verschwanden. Hinter ihnen fiel die Tür zu, und Roque fühlte sich ausgeschlossen. Aber er war, ungeachtet dessen, was Shade mit ihm angestellt hatte, nicht so weit von seiner Spur abgekommen, dass er sich zu Boden gleiten ließ, um durch eins der Fenster in die Kate zu linsen. Er hatte einen Auftrag, und den würde er erfüllen. Weltliche Genüsse hatten schon lange keine Bedeutung mehr für ihn. Zumindest, bis Shade aufgetaucht war.
    Er hielt ihre Mütze vor sein Gesicht, sog tief ihren Duft ein und lächelte, weil er daran denken musste, dass sie sich den ganzen Weg über zum Holzhaus nach ihm umgesehen, ihn aber nicht bemerkt hatte, obwohl er immer nur einen Flügelschlag von ihr entfernt gewesen war. Kein Wunder, sie hatte ständig nach hinten geschaut, dabei war er vorausgeflogen, denn es war unschwer zu erraten gewesen, wohin Arthur sie führte.
    Gewiss sprachen sie in diesem Moment über ihn. Er hätte zu gern gewusst, was Shade von ihm dachte. Sie fürchtete sich vor ihm, das war nicht schwer zu erkennen gewesen und auch besser so für sie, vor allen Dingen gesünder, aber ihr Interesse an ihm war ihm ebenfalls nicht verborgen geblieben.
    Er hätte sie fragen können, woher sie kam, wohin sie wollte und warum sie ausgerechnet seinen Weg kreuzte, obwohl er den Tod brachte oder etwas, das dem sehr ähnlich war. Doch das alles kam ihm erst jetzt in den Sinn, denn bis vor dem Zusammentreffen mit Shade schien sein Gehirn … eingefroren gewesen zu sein. Eine andere Umschreibung fiel ihm nicht ein. Die Kälte, die um ihn herum war – egal, wo er sich befand –, lähmte seine Gedanken. Daher konzentrierte er sich stets auf die Anweisungen, die er von seinem Herrn erhielt.
    Nun, da ihm durch Shade wärmer geworden war, kam er sich zum ersten Mal wie ein Zinnsoldat vor. Eine Blechbüchse – nahezu unverwundbar, aber innerlich leer. Es klaffte ein schwarzes Loch in seiner Brust, ebenso wie in seinem Kopf. Doch seit er ihre Stimme gehört und ihre Handflächen an seinem Oberkörper gespürt hatte, fühlte er sein Herz wieder schlagen. Ganz leise pochte es. Er hatte also doch noch eins!
    Seit einer Ewigkeit lächelte er wieder.
    Bisher hatte er die Welt wie jemand, der vor einer Spielekonsole saß, betrachtet. Wenn er tötete, empfand er nichts. Nun kribbelte es plötzlich zwischen seinen Schenkeln, und ein köstliches Verlangen erwachte in ihm. Dieses Begehren kam unmittelbar aus ihm selbst, es hatte nichts mit seinem Meister zu tun. Das war Roque nicht mehr gewohnt. Es verwirrte ihn, reizte ihn, verunsicherte ihn und lenkte ihn ab.
    Da er so lange keine Lust mehr verspürt hatte, war sie nun umso stärker. Wie ein lange unterdrückter Geysir sprudelte sie aus ihm heraus und benässte die Hand, die genau das hatte verhindern sollen. Er betrachtete die milchige Flüssigkeit und machte sich Sorgen.
    Etwas hatte begonnen, das niemals hätte beginnen dürfen.
    Ihm war bewusst, dass er Shade ebenso zum Schweigen bringen musste wie Arthur, denn sein Herr duldete keine Zeugen. Doch wie zur Hölle sollte er das fertigbringen, nun, da ihm die Distanz fehlte?
    Arthur hatte er bisher nur verschont, weil er ihn an jemanden erinnerte und er erst herausfinden wollte, wer derjenige war. Diese Information hätte ihm eigentlich egal sein sollen, weil sie nichts mit seiner Mission zu tun hatte, aber aus einem unerfindlichen Grund schien sie ihm wichtig.
    Erst Shade, die ihm durch ihre beherzte Art eingeheizt hatte, ließ etwas in ihm aufbrechen, das auch seine Erinnerungen freilegte.
    »Ich wünschte, ich hätte sie niemals getroffen!« Er fühlte einen Stich in seinem Herz, das so leise pulsierte, als wäre es in einer Box aus Plexiglas, die seinem Herrn gehörte, gefangen. »Denn dann hätte ich mich nicht an mein altes Leben erinnert.«
    Roque hatte sich inzwischen geändert. Aber war das nun gut oder schlecht?
    »Ich bin nur von einem Monster zu einem anderen geworden.« Murrend kniff er in sein Geschlecht, weil es bereits wieder erwachte und um sich selbst zu bestrafen, und hob ab. Er würde sich kopfüber ins Bridgeport Reservoir stürzen. Ein kaltes Bad vertrieb hoffentlich die Dämonen aus seiner Vergangenheit – aber es war zu spät!
    Alora und Corkey Cusack, die er 1992 getroffen hatte, hatten sich schon in seine Gedanken zurückgeschlichen. Damals nahm das Unheil seinen

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