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Eisige Versuchung

Eisige Versuchung

Titel: Eisige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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Schlüsselübergabe einen Plan der Gegend schenken und alle wichtigen Anlaufstellen darauf markieren.«
    Natürlich würde er das nicht tun. Er war vielleicht kein guter Verkäufer, aber dumm war er auch nicht. Rechtlich gesehen hatten sie zu diesem Zeitpunkt immer noch die Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten, wenn sie erfuhren, dass er sie übers Ohr gehauen hatte. Deshalb vermied er jegliche Beweise. Sollte es dennoch zu einem Gerichtsverfahren kommen, stand Aussage gegen Aussage.
    »Sie wollen Ihren Lebensabend an einem ruhigen, beschaulichen Fleckchen Erde mit viel frischer Luft verbringen.« Theatralisch breitete er seine Arme aus. »Ihr Wunsch war mir Befehl. Dies ist Ihr neues Heim!«
    »Wie viel kostet es, sagten Sie?«, fragte Mr. Cusack zögerlich.
    »Das ist doch noch nicht ausgestanden«, dachte Roque verärgert. Er stieß die Luft aus seinen Lungen aus und ließ seine Arme fallen. Sollte das Paar ruhig merken, dass er enttäuscht war. Ältere Menschen reagierten oft verlegen und lenkten ein, wenn ihr Gegenüber ihnen signalisierte, dass sie seine Erwartungen nicht erfüllten. Er nannte ihnen den Preis, ging hundert Dollar herunter und tat so, als wäre das verdammt großzügig, dabei war das Haus nicht die Hälfte des Gesamtpreises wert. Bob hatte zwar den Schimmel in den Badezimmern überpinselt, deswegen war er trotzdem noch gesundheitsschädigend.
    »Wir haben unser ganzes Leben dafür gespart, Mr. Rodriguez, unseren Ruhestand an einem idyllischen Ort zu verbringen.« Die alte Dame hakte sich bei ihrem Mann ein und sah ihn eindringlich an.
    Siegessicher ballte Roque heimlich eine Faust in der Hosentasche.
    Mr. Cusack streichelte liebevoll den Arm seiner Frau. »Vor einem Monat haben wir unseren Tabakladen in Corpus Christi verkauft. Wir haben weniger für ihn erhalten als erhofft, die Zeiten sind schlecht.«
    Aha, der Alte wollte also den Preis noch etwas drücken. Innerlich zuckte Roque mit den Schultern. Weitere hundert Dollar waren schon noch drin.
    Aber dann sagte der alte Herr etwas, das ihn berührte. »Wir haben keine Familie mehr. Nichts hält uns in der Großstadt. Uns ist das Leben dort inzwischen zu laut, zu hektisch und zu teuer. Aber das bedeutet auch, dass wir später niemanden haben werden, der sich um uns kümmert. Wir haben nur uns beide.«
    Plötzlich fühlte Roque sich schlecht. Die Hitze im Haus setzte ihm zu – oder zumindest redete er sich das erfolglos ein. Er lehnte sich gegen eine Wand, weil ihm schummrig wurde, und stellte sich die Zukunft der beiden vor.
    Allein und hilflos saßen die Cusacks in dieser Bruchbude fest. Hier draußen gab es kein Essen auf Rädern, keinen Pflegedienst und keine Nachbarn, die mal eben rüberkämen und nach ihnen guckten. Sie schliefen im Wohnzimmer auf der Couch, weil sie mit dem fortschreitenden Alter nicht mehr die Treppe zum Schlafzimmer im Obergeschoss hinaufsteigen konnten. Die Wände waren schwarz vor Schimmel. Der Kühlschrank war leer. Die Skrupel schnürten Roques Kehle immer mehr zu.
    »Was redest du denn da, Corkey, natürlich haben wir eine Tochter!« Entschuldigend lächelte sie Roque an, aber ihre Augen sahen traurig aus. »Sie redet nur leider nicht mehr mit uns. Es gab einen winzig kleinen Disput zwischen uns, aber das renkt sich bestimmt irgendwann wieder ein. Sie lebt jetzt in Fort Worth. Oder war es Fort Collins?«
    Roques Schuldgefühle fielen von ihm ab. Sie wussten ja nicht einmal, ob ihre Tochter in Colorado oder Texas lebte. Alle Eltern waren gleich! Sie drangsalierten ihre Kinder, bis diese nichts mehr mit ihnen zu schaffen haben wollten. Diesen Luxus würde er sich bald auch gönnen. Erst kaufte er sich den Thunderbird, dann fuhr er damit bei seinen Eltern vor, um seinem Dad das Schandmaul zu stopfen, und danach würde er sie nie wieder besuchen. Seine Mom konnte er immer noch woanders treffen, falls er es denn wollte.
    »Weitere einhundert Dollar kann ich wohl noch runtergehen. Ich bringe diesen Rabatt Bob Porch schon bei, verlassen Sie sich auf mich!« Er hielt dem Alten seine Hand hin, denn er wusste, dass in dieser Generation für gewöhnlich die Männer die Entscheidungen trafen. »Haben wir einen Deal, Mr. Cusack?«
    »Nennen Sie mich Corkey.« Freudestrahlend schüttelte er Roques Hand.

Fünftes Kapitel
    Weiß wie Schnee, rot wie Blut
    Arthur machte einen Schritt auf sein Gewehr zu, das noch immer neben dem Eingang an die Wand gelehnt stand. Doch der größere der beiden Eindringlinge griff es, leerte das

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