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Eisige Versuchung

Eisige Versuchung

Titel: Eisige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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Schwingen zierten seine gesamte Rückseite.
    »Wie ist das möglich?« Sachte zeichnete Shade die schwarz-blauen Linien mit ihren Fingerspitzen nach. Sie fühlten sich eiskalt ein. Als hätte sie einen elektrischen Schlag bekommen, zuckte sie zurück und erschauderte.
    Er zog sein Hemd wieder an. »Magie.«
    »Eine dunkle, habe ich recht?« Sie spürte das Kribbeln noch in ihrer Hand, als versuchte es, sich wie ein Virus in ihrem Körper auszubreiten. Glücklicherweise ebbte es langsam ab.
    »Nicht der Zauber ist finster, sondern derjenige, der ihn mir ermöglicht.« Roque ließ es zu, dass sie die Knöpfe seines Hemdes schloss, was sie nur tat, um ihm noch länger nah zu sein.
    Sein Blick machte sie nervös. Es war viel zu offensichtlich, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte.
    »Lass einen Mann nicht merken, wie gern du ihn hast, dann serviert er dich ab, bevor ihr richtig zusammenkommt!«, hatte ihre Mutter an Shades achtzehntem Geburtstag zu ihr gesagt. »Männer wollen jagen, sie wollen erobern. Sie begehren nur, was sie sich erkämpfen müssen. Frauen, die sich ihnen zu Füßen werfen, finden sie uninteressant.«
    Während Roque weitersprach, rieb sein Daumen zärtlich über ihr Gecko-Piercing. »Für eine kurze Zeit bin ich in der Lage, sie in eine Tätowierung zu verwandeln. Aber mit jeder Minute, die vergeht, brennen die Linien mehr.«
    »Tun sie jetzt schon weh?« Dass er nickte, erschütterte Shade, schließlich ertrug er die Schmerzen nur für sie. Sie nötigte ihn schließlich, ihr bei der Suche nach Averell und Joe zu helfen. »Ich gehe allein in die Bar. Im Toy Trunk habe ich mich auch wacker geschlagen. Du ziehst dich sofort wieder in die Wälder zurück! Wir treffen uns dort.«
    »Kommt gar nicht infrage! Das Bear’s den ist kein Café mit Häkeldeckchen auf den Tischen und Erfrischungstüchern neben den Waschbecken in den Toilettenräumen. Ich halte das schon aus.« Er packte ihre Oberarme, als wollte er sie schütteln, tat es jedoch nicht. »Und sollte es nicht mehr gehen, werde ich dich nicht da drinnen zurücklassen, sondern dich mitnehmen. Dann kommen wir eben später noch einmal zurück.«
    Das klang so, als gehörte sie an seine Seite, aber das tat sie nicht. Sie lebten in verschiedenen Welten, wortwörtlich sogar, ihre Leben streiften sich nur. Dieser Gedanke schnürte ihr die Kehle zu. Sie musste sich räuspern, um sprechen zu können. »Wie fühlt sich das Tattoo an?«
    »Das ist nicht wichtig für dich.«
    »Ich will es wissen.« Sanft fügte sie an: »Bitte.«
    Widerwillig stöhnte Roque. Er schaute grübelnd zum wolkenverhangenen Himmel, folgte mit seinem Blick den Schneeflocken, die zur Erde fielen, um dort zu schmelzen, weil der Boden noch nicht kalt genug war. Noch. Die Temperaturen fielen merklich. »Wie Trockeneis.«
    Scharf sog Shade die Luft zwischen ihren Zähnen hindurch. Auf der letzten Weihnachtsfeier im Meteorologischen Institut hatte sich Trockeneis auf dem Buffet befunden, um Lychees, die in der Molekularküche in mundgerechte Geleekugeln verarbeitet worden waren, zu kühlen. Shade hatte es für normales Eis gehalten und sich ein Stück für ihren Cocktail genommen, was nicht nur dazu geführt hatte, dass sie schreiend ihren Drink in hohem Bogen weggeworfen hatte und zur Lachnummer der Party geworden war, sondern sie hatte eine Kälteverbrennung an der Handfläche erlitten.
    »Wie erträgst du den Schmerz bloß?« Sie biss sich auf ihre Unterlippe.
    »Das ist kein Vergleich zur H… Ach, komm jetzt! Während wir hier herumstehen, geht wertvolle Zeit verloren.« Unwirsch drängte Roque sie zur Tür. »Vielleicht flüchtet Joe, nur weil wir über Dinge reden, über die es nicht lohnt zu sprechen, denn sie sind, wie sie sind.«
    Shades Herz wurde schwer. Wie viel hatte er schon im arktischen Schattenreich erdulden müssen? Vermutlich weitaus mehr, als sie sich überhaupt vorstellen konnte. Sie trat in die Kneipe ein, um sein Leid nicht länger als nötig herauszuzögern. Das war alles, was sie für ihn tun konnte.
    Obwohl das Rauchen in Gaststätten verboten war, war die Luft im Bear’s den zum Schneiden dick. Offenbar kümmerte man sich hier nicht darum, dass die Gesetze eingehalten wurden, und der Sheriff kam entweder nie vorbei, um nach dem Rechten zu sehen, oder gehörte mit zu den Stammgästen. Die Buntglasfenster aus den Siebzigerjahren ließen kaum Licht ins Innere.
    Alle im Schankraum hielten inne, bei dem, was sie taten, und guckten die Neuankömmlinge, die so gar

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