Eisige Versuchung
Gebäude noch düsterer wirkte. Moos wuchs an der schmutzigen Fassade. Eine der Klappjalousien hing nur noch an der unteren Verankerung und würde beim nächsten Sturm abgerissen werden. Das »Go to hell« auf der Kokosfußmatte war kaum noch lesbar.
Shade atmete tief durch. Es half ja nichts. Wenn sie Arthurs Mörder aufspüren wollte, musste sie die Zähne zusammenbeißen und da durch. So schlimm würde es schon nicht werden. Hoffte sie zumindest. Immerhin hatte sie Los Angeles überlebt.
»He, stehen geblieben!« Die aufgebrachte Stimme des Mannes ließ Shade zusammenzucken.
Erschrocken, weil sie in Gedanken gewesen war, flog sie herum. Ihr Puls schlug schneller. Wurde sie etwa schon vor der Tür angepöbelt? Das fing ja gut an! Oder steckte Peak in Wahrheit mit Averell unter einer Decke und hatte sie an den Stadtrand geschickt, weil man sie in dieser Gegend gut verschwinden lassen konnte? Gleich hinter der Bar begann der Wald.
Als sie Roque auf sich zukommen sah, entspannte sie sich. Doch dann bemerkte sie, dass etwas nicht stimmte. Etwas fehlte. Etwas Gravierendes.
Mit offenem Mund starrte sie ihn an. Seine Flügel waren verschwunden.
Elftes Kapitel
Begegnung mit dem Bösen
»Du willst in diese Absteige ja wohl nicht allein gehen. Das werde ich nicht zulassen!« Der Saum von Arthurs schwarzem Hemd, das Roque inzwischen angezogen hatte, flatterte um seine Taille, da er energisch heranschritt.
Shade zuckte mit den Achseln. »Ich wusste nicht, wo du bist.«
»Immer in deiner Nähe selbstverständlich.« Unverständnis signalisierend breitete er seine Arme aus und blieb vor ihr stehen. »Was hast du denn gedacht?«
Sie schaute lächelnd zu ihm auf. Zu ihrem Beschützer. Ihrem Ritter ohne Rüstung. Ihrem Engel aus der Hölle.
Shade setzte an, ihn zu fragen, wo seine Schwingen waren, als er seinen Arm um ihre Hüften schlang. Eng drückte er sie an sich. Er vergrub seine Hand in ihren Haaren, hielt ihren Kopf fest, damit sie ihm nicht entkommen konnte – nicht, dass sie das auch nur im Ansatz gewollt hätte –, und küsste sie, bevor sie wusste, wie ihr geschah.
Aufgeregt rang sie durch ihre Nase nach Atem. Sie hielt sich an Roque fest und brauchte einen Moment, um das Erbeben ihres Körpers wieder in den Griff zu bekommen. Mit allem hatte sie gerechnet, aber nicht mit solch einer Leidenschaft.
Ihre Beine waren wie Gummi, ihr Herz hämmerte, und ihre Nippel, die bei jeder kleinsten Bewegung gegen seinen Brustkorb rieben, wurden sofort hart. Ihr Schoß prickelte köstlich, und Shade schmiegte sich enger an Roque. Sie ließ sich förmlich in diesen Kuss hineinfallen.
Bereitwillig hieß sie seine Zunge in ihrer Mundhöhle willkommen. Sein Geschmack wirkte auf sie wie ein Aphrodisiakum. Stöhnend presste sie ihren Schoß gegen seinen Oberschenkel. Er zupfte mit seinen Lippen an den ihren und leckte schließlich gefühlvoll darüber.
Erst küsste er sie geradezu stürmisch und nun so sinnlich! Der Wechsel machte Shade ganz schön an. Ob er das merkte und ihrer Lust einen Riegel vorschieben wollte oder sich rein zufällig in diesem Moment von ihr löste, vermochte sie nicht zu deuten.
»Wow!«, konnte sie sich nicht verkneifen und strich mit ihrem kleinen Finger über ihren geschwollenen Mund. »Wofür war das?«
Seine Brauen schnellten in die Höhe. »Ich wollte nur meinen Wetteinsatz einlösen.«
Den hatte sie ganz vergessen gehabt, weil sie sich auf die Spurensuche konzentriert hatte. Sie konnte ihre Enttäuschung kaum verbergen. »Mehr nicht?«
»Was denn noch?« Seine Augen funkelten neckisch, was sie erkennen ließ, dass er genau wusste, was sie meinte.
Aber sie konnte sich nicht dazu bringen, ihn zu fragen, ob er nicht auch ein wenig den Wunsch verspürt hatte, sie zu schmecken, weil sie Angst davor hatte, zurückgewiesen zu werden. Um ihm sein brüskes Verhalten heimzuzahlen, packte sie deutlichen Spott in ihre Stimme: »Wo ist dein Federkleid?«
»Meine Flügel«, er betont das letzte Wort, »kann ich verschwinden lassen, aber nicht für lange.«
Sie fand ja, dass er sein Hemd lasziv aufknöpfte, möglicherweise bildete sie sich das aber auch nur ein. Warum sah er sie allerdings die ganze Zeit dabei an? Wieso ließ er sich so viel Zeit, als würde er den Striptease genießen und sie damit auf eine erotische Weise provozieren?
Nachdem er den Stoff über seine Schultern zurückgeschoben hatte, ohne aus den Ärmeln zu schlüpfen, wandte er ihr den Rücken zu.
Ein Tattoo! Stilisierte
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