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Eisige Versuchung

Eisige Versuchung

Titel: Eisige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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oder einem Unwetter. In den Bergen schneite es immer heftiger, und da haben mein Begleiter und ich es nicht mehr in den Ort geschafft.« Die dritte Flunkerei an diesem Tag kam ihr schon viel leichter über die Lippen, was sie allerdings nicht als positiv bewertete. »Jedenfalls war dieser Mann auch dort. Es war voll in der Kate. Am Morgen lagen alle Sachen durcheinander. Er muss das Christophoruskreuz, das meine Mom mir mitgab, damit der Patron über mich wacht, versehentlich eingesteckt haben. Diesen Stern fand ich dagegen in meinem Rucksack. Ich muss den Unbekannten unbedingt finden, um meinen Talisman wiederzubekommen.«
    Die Geschichte war ihr spontan eingefallen. Sie hörte sich an den Haaren herbeigezogen an. Woher sollte sie wissen, dass Averell das Kreuz hatte und nicht einer der anderen Gäste in der spartanischen Unterkunft? Warum war ihr Kamerad nicht bei ihr? Und weshalb wanderte sie durch die Wälder, obwohl der Winter dort bereits eingezogen war, zumal sie Boots und keine Wanderschuhe trug?
    Sie hatte gehofft, Peak mit einer rührigen Geschichte aus der Reserve locken zu können, doch sie sah ihm an, dass seine Skepsis wuchs. Langsam schob sie den Sheriffstern näher zu ihm heran. »Sie können sich nicht zufällig entsinnen, wer ihn gekauft hat?«
    Bis auf die Kaubewegungen seines Kiefers rührte er sich nicht. »Vielleicht.«
    »Bitte schauen Sie sich den Blechstern genauer an! Nehmen Sie ihn ruhig in die Hand.« Es war an der Zeit, ihren Trumpf auszuspielen. » Toy Trunk ist auf der Rückseite eingestanzt.«
    »Dann wird es wohl eins meiner Spielzeuge sein.« Er grinste, folgte ihrer Aufforderung jedoch nicht.
    Obwohl sie es verabscheute, ihre weiblichen Attribute einzusetzen, um an ihr Ziel zu kommen – denn ihrer Meinung nach gab es intelligentere Wege –, befeuchtete sie ihre Lippen und schenkte ihm einen dieser Blicke, die besagten: »Ich bin eine Frau in Not, und nur du kannst mich retten, großer starker Mann!« Sie war enttäuscht, dass diese Methode, im Gegensatz zu ihrem verbalen Überzeugungsversuch, sofort funktionierte und er den Stern vom Tresen nahm.
    Er drehte und wendete ihn und kratzte mit seinem schmutzigen Daumennagel über den Rand der Kuhle in einem der Zacken. »Diesen Ebenezer Scrooge habe ich nicht vergessen. Er wollte, dass ich mit dem Preis runtergehe, weil das Blech eingedrückt ist. Aber ich sagte ihm, dass das aussieht, als hätte jemand darauf geschossen, das wäre doch cool, eigentlich müsste ich dafür noch einen Dollar mehr verlangen. Was bildete der sich überhaupt ein? Der Sheriffstern kostete doch eh nur eins fünfzig!«
    »Sie können ihn behalten«, entgegnete Shade gönnerhaft.
    Argwöhnisch kniff Peak die Augen zusammen. Sein Mund stand offen, sodass sie mitverfolgen konnte, wie er den schwarzen Klumpen mit der Zunge von einer Seite auf die andere schob.
    »Verkaufen Sie ihn ein zweites Mal. Ich brauche ihn nicht.« Sie bemühte sich, ihr Lächeln nicht allzu falsch aussehen zu lassen. »Kennen Sie den Namen des Geizhalses?«
    Er zuckte mit den Achseln und steckte das Stück Blech in seine Hosentasche, als befürchtete er, sie könnte es sich anders überlegen.
    »Wissen Sie eventuell, wo ich ihn finde? Bitte, es ist wirklich wichtig!«
    »Sie sollten ihn nicht suchen, Ma’am. Der ist so einer, von dem man sich lieber fernhält. Und das ist jetzt nicht diskriminierend gemeint!« Abwehrend hob er seine Hände. »Sein Glasauge sieht wirklich gruselig aus, aber dafür kann er ja nichts.«
    Nun hatte sie den Beweis: Peak sprach wirklich von Averell. Jetzt musste sie ihm nur noch entlocken, wo sie den Gesuchten aufspüren konnte.
    »Jedenfalls stank er so gewaltig nach Schnaps, dass ich seinen Alkoholatem hinter der Verkaufstheke gerochen habe. Und er ist Ihnen auf einer Wanderung begegnet?« Wartend presste er den Tabak von innen gegen seine Wange, sodass diese sich nach außen wölbte.
    Shade räusperte sich und antwortete ausweichend: »Auf dem Mount Jackson, ja.«
    »Ich habe keine Ahnung, wie er heißt.«
    »Mist!«, brach es aus ihr heraus. Sie sah ihre Felle davonschwimmen. Wo sollte sie sonst ansetzen? Sie verfügte nur über diesen einen Hinweis. Wenn diese Spur ins Leere führte, würden sie Joe niemals finden.
    »Aber ich kann mir denken, wo er seine Freizeit verbringt.« Als Peak grinste, drohte schwarzer Speichel aus seinem Mund zu rinnen, aber er saugte ihn rechtzeitig ein. »Scrooge kramte nach Kleingeld. Das hatte er lose in seiner Hosentasche.

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