Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
Öffentlichkeit versteckt und schließlich selbst zur Täterin geworden. Sashas DNA-Test hatte bewiesen, dass es sich bei der übergewichtigen Kettenraucherin Terry tatsächlich um die ehemals so magere Joanna mit den Knubbelknien handelte und dass Deans willige Mittäterin ihrerseits ebenfalls ein Opfer von ihm war. Hinzu kam noch etwas anderes, und daran musste Frieda immer denken, wenn sie nachts durch die Straßen Londons streifte, bis sie so müde war, dass sie endlich schlafen konnte, auch wenn die Sache sie bis in ihre Träume verfolgte: Friedas Entdeckung der auffallenden Ähnlichkeit zwischen Alan und Dean hatte die Entführung einer jungen Forscherin zur Folge gehabt, deren Leiche nie gefunden worden war. Auch jetzt musste Frieda wieder an das kluge, sympathische Gesicht von Kathy Ripon denken und an die Zukunft, die sie nicht haben würde. Vermutlich warteten die Eltern der jungen Frau immer noch auf ihre Rückkehr, so dass jedes Mal ihr Herz aussetzte, wenn es an der Tür klopfte.
Die drei Menschen, die nun als Richter vor Frieda saßen, wollten von ihr wissen, ob sie falsch gehandelt habe. Als ob es auf diese Frage eine einfache Antwort gäbe – eine Wahrheit, die nicht unsicher und trügerisch war. Sie blickte hoch und sah die drei wieder an.
»Ja«, sagte sie sehr deutlich, »ich habe mich gegenüber meinem Patienten Alan Dekker falsch verhalten. Trotzdem weiß ich nicht, ob mein Verhalten insgesamt falsch war. Zumindest glaube ich nach wie vor, dass ich sowohl falsch als auch richtig gehandelt habe. Was Alan an jenem Tag zu mir sagte, führte direkt zu Matthew. Alan hat damit einem kleinen Jungen das Leben gerettet, daran besteht kein Zweifel. Ich dachte eigentlich, er wäre froh darüber, dass er helfen konnte. Mir ist natürlich klar, dass man manche Dinge mit der Zeit anders sieht, und ich habe auch keine Ahnung, wie es ihm seitdem ergangen ist. Trotzdem verstehe ich nicht, wieso er nach gut einem Jahr plötzlich den Wunsch haben sollte, sich über etwas zu beschweren, das er ursprünglich durchaus akzeptierte. Darf ich noch etwas dazu sagen?«
»Bitte.« Professor Krull vollführte mit seinen schmalen, blau geäderten Händen eine ritterliche Geste.
»Carrie behauptet, meine Karriere sei mir wichtiger gewesen als der Seelenfrieden und das Glück ihres Mannes. Dabei war die ganze Sache überhaupt nicht förderlich für meine Karriere. Ich arbeite nicht für die Polizei, und ich habe auch kein Interesse daran, Ermittlerin zu werden. Außerdem muss ich seitdem mit der Tatsache leben, dass durch mein Handeln eine junge Frau verschwunden ist, aber das ist ein anderes Thema und gehört nicht hierher. Als Therapeutin glaube ich an Selbsterkenntnis und Eigenständigkeit. Was die Menschen während der Therapie über sich selbst herausfinden, bringt ihnen nicht immer Frieden und Glück. Tatsächlich ist das oft nicht der Fall. Aber eine solche Therapie kann es einem ermöglichen, Unerträgliches erträglich zu machen und die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, so dass man zumindest bis zu einem gewissen Grad die Kontrolle über sein eigenes Leben hat. Das versuche ich mit meiner Arbeit zu bewirken, so gut ich kann. Was das Thema Glück betrifft …« Frieda hob beide Hände zu einer vielsagenden Geste.
»Wenn man Sie also bitten würde, sich zu entschuldigen …«
»Ich soll mich entschuldigen? Wofür? Bei wem? Ich würde gerne wissen, was Alan selbst zu der ganzen Sache zu sagen hat. Er sollte nicht zulassen, dass seine Frau sich zu seinem Sprachrohr macht. Was für eine Rolle spielt eigentlich Alan in dieser Geschichte?«
Statt einer Antwort folgte betretenes Schweigen.
»Das weiß ich nicht so genau«, meinte Professor Krull schließlich verlegen.
»Was soll dann das Ganze?« Frieda machte eine ausladende Handbewegung, die den langen ovalen Tisch, die protokollierende Frau an seinem Ende und die an der Wand hängenden Bilder von illustren Mitgliedern der Vereinigung einschloss. »Ich dachte, hier ginge es darum, eine Beschwerde zu untersuchen, die – auf welch indirektem Weg auch immer – von einem Patienten ausgeht. Seit wann sind wir dafür verantwortlich, wenn sich der Ehepartner eines Patienten unzufrieden fühlt? Was mache ich überhaupt hier? Was machen Sie alle hier?«
Professor Krull räusperte sich.
»Wir möchten auf jeden Fall einen Prozess verhindern. Die Wogen glätten.«
Frieda stand so abrupt auf, dass ihr Stuhl laut über die Holzdielen scharrte. Ihre Stimme
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