Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
dessen Räumlichkeiten von Grund auf renoviert worden waren, mit dem Ergebnis, dass sie nun aussahen, als hätte sich dort seit dem neunzehnten Jahrhundert nichts mehr verändert – füllte Harry gerade Olivias Weinglas. Sie nippte daran.
»Für einen Rotwein kommt er mir ein bisschen kalt vor«, stellte sie fest.
»Ich glaube, der soll so kühl sein«, entgegnete Harry, »aber ich kann ihn auch für Sie wärmen lassen, wenn Sie möchten.«
Olivia kostete erneut, dieses Mal einen großen Schluck. »Nein, ist schon gut, bestimmt haben Sie recht.«
»Sie wissen ja, was die Kenner sagen: Der Weißwein wird immer zu kalt und der Rotwein immer zu warm serviert.«
»Nein, das wusste ich nicht. Ich fürchte, ich trinke ihn einfach nur.«
»Das ist genau die richtige Einstellung«, meinte Harry. »Aber eigentlich wollte ich mit Ihnen über das hier sprechen.« Er legte einen Ordner auf den Tisch und schob ihn ihr hinüber. »Ich bin alles durchgegangen, sämtliche Kontoauszüge und Kreditkartenabrechnungen. Ich habe Ihnen genau aufgeschrieben, was Sie noch erledigen müssen, und Ihnen ein paar Vorschläge für die Zukunft notiert. Um Ihre Finanzen steht es gar nicht so schlecht, wie Sie dachten. Allerdings bin ich auf ein paar Daueraufträge für Dienstleistungen gestoßen, die Sie gar nicht mehr in Anspruch nehmen. Ich habe deswegen ein paar Briefe für Sie geschrieben und die zu viel bezahlten Beträge zurückgefordert, so dass Ihnen ein kleiner Geldregen ins Haus stehen dürfte.«
»Wirklich? Das ist ja unglaublich! Wobei ich sagen muss, dass mir das alles schon ein wenig peinlich ist. Jahrelang habe ich Briefe einfach nicht aufgemacht oder Dokumente weggeworfen, ohne überhaupt einen Blick darauf zu werfen, und nun kennen Sie alle meine beschämenden Geheimnisse.«
»Das ist mein Job«, entgegnete Harry. »Manchmal habe ich das Gefühl, ein Finanzberater sollte sich verhalten wie früher die Priester: Der Klient – oder der Gläubige, je nachdem – muss erst einmal alles beichten, all seine Sünden und Unterlassungen, und dann …«
»Und dann können Sie mir die Absolution erteilen?«, fiel ihm Olivia ins Wort.
Harry lächelte. »Zumindest kann ich Ihnen demonstrieren, dass es meist gar nicht so schlimm ist, wenn man erst einmal alles ans Licht gezerrt und sich sämtliche Zahlen angesehen hat. Was Probleme verursacht, ist die Neigung, alles unter den Teppich zu kehren und sich den Dingen nicht zu stellen.«
»Trotzdem finde ich das ganz furchtbar«, meinte Olivia. »Sie haben so viel für mich getan, und ich habe nicht … kann Sie nicht …« Sie lief rot an und versuchte ihre Verlegenheit zu überspielen, indem sie einen noch größeren Schluck Wein trank.
»Das ist schon in Ordnung«, beruhigte Harry sie, »wir haben das doch gleich zu Beginn geklärt. Frieda zahlt, wenn auch – unter uns gesagt – nur einen Freundschaftspreis.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, wie Sie von Ihrer Arbeit leben wollen, wenn Sie das öfter so handhaben.«
»Ich tue damit meiner Schwester einen Gefallen. Sie hat Frieda geholfen, und ich helfe Tessa.«
»Mir war gar nicht klar, dass Tessa eine so enge Freundin von Frieda ist.«
»Die beiden haben sich gerade erst kennengelernt«, räumte Harry ein, »aber auf Anhieb prächtig verstanden. Frieda ist der Typ Frau, mit der das möglich ist.«
»Ja, nicht wahr?«, entgegnete sie mit einem vielsagenden Lächeln.
Harry musste lachen. »Ich habe das völlig ohne Hintergedanken gesagt«, protestierte er. »Wirklich!«
»Ja, ja«, meinte Olivia, »das glaube ich Ihnen aufs Wort. Meine Schwägerin hat es Ihnen angetan, was? Geben Sie es ruhig zu.«
Harry hielt beide Hände hoch. »Natürlich gebe ich es zu. Ich kenne sie inzwischen ja schon ein bisschen und war ein paarmal mit ihr aus, aber wie sie wirklich tickt, weiß ich immer noch nicht.«
»Und Sie glauben, ich weiß das?«
»Mir ist jedenfalls nicht entgangen, dass Sie mit Friedas Bruder verheiratet waren, und wenn ich richtig informiert bin, haben Sie eine ziemlich schwierige Trennung hinter sich.«
»Das können Sie laut sagen.«
»Trotzdem hat Frieda zu Ihnen gehalten und nicht zu ihrem Bruder.«
Olivia griff nach ihrem Glas, stellte es dann aber wieder ab, ohne getrunken zu haben.
»Vielleicht ist Frieda der Meinung, dass sie ein Auge auf ihre Nichte haben sollte. Ich war nicht immer die stabilste Mutter der Welt.«
»Was hat sie für ein Problem mit ihrem Bruder?«
Olivia strich mit einem Finger über den
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