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Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)

Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)

Titel: Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Bauarbeiter aus der Ukraine, der im wahrsten Sinn des Wortes in Friedas Leben gefallen war, als er gut ein Jahr zuvor durch die Decke von Friedas Sprechzimmer krachte. Am Ende war er bei Reuben eingezogen, der damals gerade eine Phase durchmachte, die er inzwischen ziemlich stolz seinen »depressiven Zusammenbruch« nannte. Statt Miete zu zahlen, reparierte Josef den Boiler, baute eine neue Küche ein, kochte kannenweise Tee und schenkte jedes Mal sofort Wodka aus, wenn eine Krise nahte. Er war nicht wieder ausgezogen, bis er vor ein paar Wochen schließlich in seine Heimat zurückkehrte, um zu Weihnachten seine Frau und die Kinder zu besuchen.
    »Wahrscheinlich ist er eingeschneit. Ich habe mir gestern im Internet das Wetter in Kiew angeschaut. Sie hatten dort um die minus dreißig Grad. Die ehrliche Antwort lautet: keine Ahnung. Vielleicht nie.«
    »Nie?« Frieda war selbst überrascht, wie traurig sie diese Vorstellung machte.
    »Gesagt hat er, er kommt zurück. Seine Sachen – nicht dass er viele besitzt – sind noch in seinem Zimmer. Sein Lieferwagen parkt mit leerer Batterie in meiner Zufahrt, so dass ich ihn nicht mal wegfahren kann, um Platz für meinen eigenen Wagen zu schaffen. Außerdem haben ein paar junge Frauen an meine Tür geklopft und nach Josef gefragt. Offenbar gehen sie auch davon aus, dass er zurückkommt. Wobei er mittlerweile schon sechs Wochen weg ist. Seine Familie lebt nun mal dort, und auf seine ganz eigene Art vermisst er Frau und Kinder wohl doch.«
    »Ich weiß.«
    »Ich dachte, du hättest von ihm gehört.«
    »In der Tat habe ich kürzlich eine Postkarte bekommen, aber die war wochenlang unterwegs, weil er sie ohne Postleitzahl abgeschickt hat.«
    »Was schreibt er denn so?«
    Frieda lächelte. »Nicht viel. ›Vergiss deinen Freund Josef nicht‹.« Sie stand auf. »Ich muss los. Karlsson schickt jemanden vorbei, der mich hinfährt.«
    »Pass auf dich auf.«
    »Sie ist nicht gefährlich. Nur gestört.«
    »Ihretwegen mache ich mir keine Sorgen. Aber deinetwegen. Hüte dich vor glattem Gelände.«
    »Erst unkst du, das sei der Anfang vom Ende, und jetzt warnst du mich auch noch vor glattem Gelände. Bald kommst du mir wahrscheinlich mit ›Erst wägen, dann wagen!‹.«
    »Ich werde dich an dieses Gespräch erinnern.«
    Frieda und Karlsson gingen zusammen den scheinbar endlosen Gang entlang. Ein Künstler war damit beauftragt worden, die abschreckende Wirkung der fensterlosen Wand zu mildern. In regelmäßigen Abständen kamen sie an einer in Primärfarben gemalten Miniaturlandschaft vorbei, einem Gemälde von einer Brücke über einem blauen Fluss oder einem grünen Hügel mit winzigen Gestalten auf der runden Kuppe. Auf Höhe eines Bildes von einem überdimensionalen Vogel mit grellbuntem Gefieder und einem grausam dreinblickenden türkisblauen Auge, das nach Friedas Meinung selbst den ruhigsten Patienten verstören würde, bogen sie durch eine Flügeltür in einen breiteren Flur ein. Obwohl es mitten am Tag war, herrschte dort eine unheimliche Ruhe. Nur ein vorbeieilender Pfleger durchbrach mit seinen knarrenden Schuhen die Stille. An den Wänden standen Servierwagen und Rollstühle aufgereiht. Eine alte Frau kam mit einem Laufgestell auf sie zu. Sie wirkte zart wie ein Kind und bewegte sich unendlich langsam, indem sie auf den mit Gummikappen versehenen Beinen ihre Gehhilfe vor und zurück schaukelte, sich dabei aber kaum vom Fleck bewegte. Als Karlsson und Frieda zur Seite traten, um sie vorbeizulassen, blickte sie nicht einmal hoch. Beide registrierten, dass sie unaufhörlich die Lippen bewegte.
    »Es ist gleich hier links.« Karlssons Stimme klang so laut, dass er selbst das Gesicht verzog.
    Er schob die Tür auf, und sie betraten einen Saal mit acht Betten. Die Fenster gingen auf ein Fleckchen Garten hinaus, das dringend der Pflege bedurft hätte. Das feuchte, ungemähte Gras und das Unkraut in den Rabatten erweckten den Eindruck von Vernachlässigung. Mehrere der Patienten im Saal schienen zu schlafen und lagen als reglose Häufchen unter ihren Decken. Eine Frau aber saß auf ihrem Stuhl und jammerte in gleichbleibend hoher Stimmlage vor sich hin, während sie immer wieder ihre kleinen, trockenen Hände aneinanderrieb. Sie wirkte noch jung und hätte als hübsch gelten können, wären da nicht die vielen, über ihr ganzes Gesicht verstreuten Verbrennungen gewesen. Eine andere Frau, mit einem schlichten grauen Haarknoten und einem viktorianisch anmutenden Nachthemd, das sie

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