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Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)

Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)

Titel: Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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jetzt?«
    Berryman blickte sich um. Fast schien es, als hätte er Friedas Anwesenheit völlig vergessen.
    »Die Frau ist sensationell«, erklärte er entschieden. »Wir müssen sie nur noch in ein Labor schaffen.«
    »Nein«, widersprach Frieda. »Wir müssen sie heilen und dann herausfinden, wer der Mann ist und wer ihn umgebracht hat.«
    Berryman schüttelte den Kopf. »Es wird sich nicht heilen lassen. Allerdings könnte man vielleicht durch Steroide den intrakraniellen Druck etwas lindern.«
    »Was ist denn der Grund für ihr Verhalten?«, fragte Frieda.
    »Das ist der interessante Teil. Haben Sie schon mal vom Capgras-Syndrom gehört?«
    »Ich bin mir nicht sicher.«
    »Es ist großartig«, erklärte er. »Es sei denn, man bekommt es. Die Betroffenen gelangen zu der Überzeugung, dass ein ihnen nahestehender Mensch, zum Beispiel die Ehefrau oder der Ehemann, durch einen Doppelgänger ausgetauscht worden ist. Haben Sie jemals den Film Die Dämonischen gesehen, auch unter dem Titel Die Invasion der Körperfresser bekannt? So in dem Stil muss man sich das vorstellen. Der Punkt ist, dass unser Gehirn zwei Dinge tut, während wir einen uns bekannten Menschen betrachten: Ein bestimmter Gehirnbereich erkennt das Gesicht, während ein anderer uns sagt, dass uns mit dem betreffenden Menschen ein emotionales Band verbindet. Wenn dieser zweite Teil nicht funktioniert, beschließt das Gehirn, dass mit der Person etwas nicht stimmen kann, weil wir nichts für sie empfinden.«
    »Aber das ist nicht das, was Michelle Doyce macht.«
    »Nein, nein«, gab ihr Berryman recht, während er auf Michelle deutete wie auf ein besonders wundervolles Ausstellungsstück. »Sie ist viel besser. Es gibt ein noch selteneres Syndrom, dem man hin und wieder – besser gesagt, in absoluten Ausnahmefällen – bei Alzheimer-Patienten begegnet. Dabei kommt ein imaginärer Gefährte ins Spiel. Das bedeutet, dass diese Patienten Gegenstände mit Leben füllen, genau wie Michelle es mit dem Teddybären gemacht hat. Aber Michelles Fall ist noch interessanter. Wie Sie sicher wissen, sind Kleinkinder, und zwar alle Kleinkinder, anfangs sogenannte Animisten …«
    »Soll heißen?«
    »Dass sie nicht unterscheiden zwischen ihrer Schwester und einer Puppe oder dem Wind oder einem Stein, der den Hügel hinunterrollt. Ihrer Meinung nach fällt ein Blatt vom Baum, weil es fallen will . Wenn sie dann größer werden, entwickelt sich das Gehirn, und wir können nur in Interaktion mit der Welt treten, indem wir ständig unbewusst Entscheidungen darüber treffen, was in unserer Umgebung so ist wie wir und daher Verantwortung trägt und selbst ebenfalls Entscheidungen trifft und was nicht. Wenn ich Sie jetzt am Ohr ziehen würde, dann würden Sie vermutlich irgendeine Art Quietschen von sich geben, und wenn ich mit dem Fuß über den Boden schabe, gibt das ebenfalls ein quietschendes Geräusch. Sie und ich wissen, dass da ein Unterschied besteht. Ich schätze aber, sobald jemand Michelle in ein Labor verfrachtet …«
    »Ich bin nicht sicher, ob das möglich sein wird.«
    »Es wäre ein Verbrechen, es nicht zu tun«, entgegnete Berryman. »Ich wette, bei der Untersuchung wird herauskommen, dass sie entweder Alkoholikerin oder drogensüchtig war oder an den Folgen einer schweren Kopfverletzung leidet oder – das ist die wahrscheinlichste Variante – an einem Gehirntumor. Wer auch immer sie untersuchen wird, sollte sich also vermutlich sputen.«
    »Sie ist ein Mensch. Ein leidender Mensch.«
    »Ein sehr interessanter leidender Mensch«, stimmte Berryman ihr zu. »Was man von den meisten anderen Leuten nicht behaupten kann.«
    »Dann ist also alles, was sie der Polizei erzählt hat, Unsinn, ihre ganze Aussage Quatsch.«
    Berryman überlegte einen Moment. »Das würde ich nicht sagen. Sie sieht die Welt nur nicht so wie wir. Wahrscheinlich hat es wenig Sinn, sie zu fragen, ob sie den Mann getötet hat, weil sie den Unterschied zwischen tot sein und leben nicht kennt. Trotzdem hatte ich eben den Eindruck, dass sie versuchte, die Wahrheit zu sagen – so, wie sie sie sah. Vermutlich ist das alles für sie ziemlich beängstigend. Es muss ihr vorkommen, als wäre sie in eine andere, sehr seltsame Art von Welt hineingeboren. Man könnte versuchen, besonders aufmerksam hinzuhören, was sie darüber erzählt. Aber genau das tun Sie ja, oder?«
    »Und Sie nicht?«, gab Frieda zurück.
    Berrymans Miene wurde hart. »Manchmal hätte ich große Lust, ein Kärtchen mit mir

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