Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
Werbebroschüren.
»Ich bin raufgegangen und habe bei ihm geklopft«, fuhr Janet Ferris fort, »aber natürlich hat er nicht aufgemacht. Als ich dann mit dem Schlüssel, den ich von ihm hatte, rein bin, wusste ich sofort, dass etwas nicht stimmt. Deswegen bin ich gleich zur Polizei gegangen.«
»Hatte er einen Freundeskreis? Leute, die ihn hier besuchten?«, fragte Yvette.
»Ich habe nie jemanden gesehen«, antwortete Janet Ferris. »Aber er war beruflich viel unterwegs, und ich bin tagsüber ja ebenfalls in der Arbeit. Hin und wieder blieb er auch mal etwas länger weg.«
»Waren Sie mit ihm befreundet?«
»Er war mehrmals zum Kaffee bei mir. Wir haben uns immer gut unterhalten.«
»Hat er dabei etwas von sich erzählt?«
»Der Typ war er nicht«, antwortete Janet Ferris. »Er schien sich für mein Leben zu interessieren, meine Arbeit, wo ich herkam und warum ich nach London gezogen war. Über sich selbst hat er gar nicht gesprochen.«
Nachdem Yvette mit Janet Ferris einen Termin für ihre offizielle Aussage vereinbart hatte, ging sie nach oben. An der Wohnungstür traf sie auf Martin Carlisle von der Spurensicherung. Mit seinen schlaksigen Gliedmaßen und dem wilden dunklen Lockenkopf sah er aus, als gehörte er eigentlich in ein Sechstklässler-Chemielabor. »Hier ist nicht das Geringste zu entdecken. Keine Flecken, keine Anzeichen für einen Kampf. Außerdem wirkt die Wohnung, als hätte er hier nur einen Zwischenstopp eingelegt und nicht wirklich gewohnt, falls du weißt, was ich meine. Zu ordentlich. Immerhin haben wir sowohl eine Zahnbürste als auch eine Haarbürste für die DNA .«
Yvette zog die Überschuhe aus Papier an und schlüpfte in ein Paar Plastikhandschuhe.
»Ich bin noch nicht fertig«, erklärte Carlisle, während er ihr ein Notizbuch reichte. »Ich habe einen Blick hineingeworfen. Es stehen ein paar Namen drin. Aber noch viel besser ist«, verkündete er und schwenkte dabei in paar bedruckte Blätter, »dass wir mehrere Kontoauszüge gefunden haben. Was glauben Sie, wie viel er auf dem Konto hatte?«
»Keine Ahnung«, entgegnete Yvette.
»Sie würden sowieso viel zu wenig tippen«, meinte Carlisle. »Er war nämlich richtig reich, Ihr Mr. Poole.«
Yvette trat in die Diele. Sie bewegte sich ganz vorsichtig: Ihre Füße fühlten sich in den Überschuhen viel zu groß an, und in den Gummihandschuhen hatte sie schweißnasse Hände. Sie musste an ihre Mutter denken – eine zierliche, kokette Person –, die sie regelmäßig darauf aufmerksam machte, wie linkisch sie war. »Sieh dich doch nur an«, sagte sie dann immer, aber das wollte Yvette nicht. Was sie im Spiegel sah, gefiel ihr überhaupt nicht: eine grobknochige, braunhaarige Kreatur, die man nur bemerkte, wenn sie etwas fallen ließ oder im unpassendsten Moment mit einer lauten Bemerkung herausplatzte – was bei ihr ziemlich häufig vorkam. Dann hörte sie sich selbst Dinge aussprechen, die sie eigentlich gar nicht hatte sagen wollen. Meistens passierte ihr das ausgerechnet in Karlssons Gegenwart.
Carlisle hatte recht: Bei Robert Poole war es viel zu ordentlich. Nicht zu vergleichen mit dem Chaos, in dem sie selbst lebte. Sein Wohnzimmer hatte überhaupt nichts Gemütliches. Yvette verharrte in der Tür und schaute sich um. Sie versuchte es genauso zu machen wie Karlsson, wenn er einen Tatort betrat: Er stand dann immer ganz still und wachsam da, während er den Blick von einem Gegenstand zum anderen wandern ließ, als hätte er sich in eine Kamera verwandelt. »Bilden Sie sich nicht gleich ein Urteil«, hatte er mal zu ihr gesagt. »Schauen Sie einfach nur genau hin.« Sie sah ein Sofa, einen Sessel, einen Tisch, mehrere Bilder an den Wänden, ein Regal mit ein paar Büchern, die der Größe nach geordnet waren, und einen Teppich. Das Ganze hatte etwas von einem Hotelzimmer.
In der Küche war es genauso: lauter gleiche Teebecher an einer langen Leiste mit Haken, ein Kochtopf und daneben eine kleine Milchkanne, ein Wasserkocher. Sie öffnete den Kühlschrank. Er enthielt ein halbes Päckchen Butter, ein Stück Cheddarkäse, noch vakuumverpackt, zwei Hühnerbeine mit einem grünlichen Belag, eine Plastikflasche mit Tomatenketchup und ein Glas fettarme Mayonnaise. Sonst nichts.
Nachdem sie eine Runde durch sein Schlafzimmer gedreht hatte, wo sie in jede Schublade und jeden Schrank spähte und sogar einen Blick unter das Bett warf, stellte sie sich für eine Weile in das saubere, leere Bad (Zahnbürste, Rasierer, Rasierschaum,
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