Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
flüssige Aloe-vera-Seife, Paracetamol, Zugpflaster, Nagelknipser) und kehrte dann ins Wohnzimmer zurück.
Nachdenklich ließ sie sich auf die Couch sinken. Als Erstes ging ihr durch den Kopf, was alles fehlte: Sie hatte keinen Pass gefunden, keine Brieftasche, keine Schlüssel, kein Telefon, keine Geburtsurkunde, keine Versicherungsnummer, keine Fotos, keine Briefe, keinen Computer, kein Adressbuch, keine Kondome, keine Schublade mit dem üblichen Krimskrams, der das Leben eines Menschen ausmachte.
Sie schlug das Notizbuch auf, das Carlisle ihr gegeben hatte. Robert Poole hatte eine schöne, ordentliche, gut leserliche Handschrift. Sie blätterte die Seiten durch. Das Büchlein enthielt etliche Listen. Möglicherweise Einkaufslisten, dachte sie. Wobei sie viel spezifischer waren als die Einkaufslisten, die sie selbst für gewöhnlich zusammenstellte. Eine bestand beispielsweise nur aus Pflanzennamen – von denen Yvette allerdings nur einige wenige kannte. Eine andere sah nach Buchtiteln aus, oder vielleicht waren es auch Filme.
Als Nächstes stieß sie auf eine Reihe von Namen, die durch Kritzeleien voneinander abgetrennt waren. Manche waren mit Ausrufezeichen und Sternchen versehen, neben anderen standen sogar Adressen oder Teile von Adressen. Damit ließ sich bestimmt etwas anfangen. Sie blätterte das Notizbuch bis ganz hinten durch. Es gab noch ein paar Seiten mit irgendwelchen Berechnungen, außerdem eine Skizze, die aussah wie der rasch hingeworfene Plan eines Hauses, und schließlich eine Seite mit Zahlen, bei denen es sich unter Umständen um Telefonnummern handelte, allerdings ohne Vorwahl.
Nachdem Yvette das Notizbuch zugeklappt hatte, warf sie noch einen Blick in den braunen DIN - A 4-Umschlag, den Carlisle ihr in die Hand gedrückt hatte, und zog das Bündel Kontoauszüge heraus. Sie inspizierte den obersten, aktuellsten, datiert vom 15. Januar. Überrascht starrte sie auf den Betrag, kniff die Augen zusammen und blinzelte einen Moment. Dann schob sie die Auszüge vorsichtig zurück in den Umschlag und erhob sich. Es würde ein langer Tag werden.
19
D as Letzte, was Frieda nach der Beerdigung und ihrem aufwühlenden Besuch bei Joanna wollte, war ein Abend in Gesellschaft. Sie brauchte Ruhe, und zwar im schützenden Kokon ihres Hauses, wo sie die Jalousien herunterlassen, ein Kaminfeuer entzünden und die Welt aussperren konnte. Trotzdem konnte sie nach ihrer Chemiestunde mit einer schlecht gelaunten Chloë nicht gleich nach Hause. Ausgerechnet an diesem Abend hatte Olivia sie zum Essen eingeladen – besser gesagt, beordert. Noch dazu zu keinem gewöhnlichen Abendessen: Sie sollte bei dieser Gelegenheit Olivias neuen Freund Kieran kennenlernen, den Chloë als das E-Bay-Schnäppchen ihrer Mum bezeichnete. Ein paar Tage zuvor hatte Olivia zu Frieda gesagt, sie solle doch noch jemanden mitbringen, woraufhin Frieda Sasha gefragt hatte, ob sie Zeit habe.
»Doch keine Frau! Mein Gott, Frieda, auf welchem Planeten lebst du eigentlich? Ich habe natürlich gemeint, dass du einen anderen Mann mitbringen sollst, weil es sonst ein bisschen komisch aussehen könnte.«
»Inwiefern komisch?«
»Ich weiß es ja auch nicht. Irgendwie zu heftig – als wollte ich ihn meiner Familie vorstellen.«
»Deiner Exschwägerin.«
»Wie auch immer, du weißt, was ich meine. Wenn du jemanden mitbringst, wirkt es ungezwungener. Zwei Paare.«
»Ich bin aber nun mal kein Paar.«
»Du weißt, was ich meine!«
»Dann wird Chloë also nicht dabei sein?«
»Lieber Himmel – doch, wahrscheinlich schon. Sie wird den ganzen Abend dasitzen und Kieran böse anstarren. Du kennst ja ihren finsteren Blick. Mir ist noch kein anderer Mensch untergekommen, der so streng die Augenbrauen zusammenziehen kann. Ein Erbe der Familie Klein – die Brauen hat sie von ihrem Vater. Ich hoffe, sie geht mit ihren Freundinnen aus.«
Am Ende hatte Frieda widerstrebend nachgegeben und Reuben gebeten, sie zu begleiten. Reuben hatte gefragt, ob er auch Paz mitbringen könne, die frisch von ihrem Freund getrennt sei und dringend eine Aufmunterung brauche. Und natürlich Josef. Den dürfe man im Moment auf keinen Fall allein lassen – nicht in seinem derzeitigen Zustand. Josef bereitete Reuben ernsthaft Sorgen: Er sang unter der Dusche traurige Lieder und hatte sich einen struppigen Schnurrbart wachsen lassen, wollte aber noch immer nicht über das reden, was passiert war. Nachdem nun drei neue Gäste auf der Liste standen, verkündete Olivia, in
Weitere Kostenlose Bücher