Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
enge Jeans und ein knappes, mit einem Leopardenmuster bedrucktes Oberteil gezwängt. Ein paar Hautfalten ihres weißen Bauchs waren zu sehen, und Frieda erhaschte einen Blick auf ihre orientalisch anmutende Tätowierung. Im Sessel lümmelte ein junger Mann mit einem rosa Babygesicht und Pickeln auf der Stirn. Er musterte Frieda misstrauisch. Unter seinen hochgerutschten Hosenbeinen lugten gelbe Socken und leuchtend weiße Schienbeine hervor.
»Hallo, Joanna«, sagte Frieda.
»Sie haben gar nicht vorher angerufen, dass Sie kommen.«
»Nein.«
»Was wollen Sie hier? Nach all der Zeit?«
»Ich wollte sehen, wie es Ihnen geht.«
Joanna zog an ihrer Zigarette. »Ist das nicht ein seltsamer Zufall?«
»Wie meinen Sie das?«
»Ausgerechnet jetzt, wo ich reinen Tisch mache.«
»Davon wusste ich nichts.«
»Das da«, sagte Joanna in selbstgefälligem Ton und machte dabei eine Kopfbewegung zu dem jungen Mann hinüber, »ist Rick.« Sie schnippte eine Ladung Asche von ihrer Zigarette.
Frieda nickte zu Rick hinüber, der ihr eine schlaffe rosa Hand hinhielt.
»Mein Verleger«, fügte Joanna stolz hinzu.
»Der Verleger Ihres Buchs?« Er entsprach nicht Friedas Vorstellung von einem Verleger.
»Er gibt die Sketch heraus.«
»Ich dachte, Sie schreiben ein Buch.«
»Es erscheint in Fortsetzungen«, mischte Rick sich ein.
»Verstehe.«
»Möchten Sie einen Kaffee?«, fragte Janine mit einer Kopfbewegung, die ihren Pferdeschwanz zum Schwingen brachte.
»Nein, danke.«
»Sie wussten also wirklich nichts davon?«, fragte Joanna noch einmal. »Man hat Sie nicht zum Spionieren hergeschickt?«
»Was sollte ich hier denn ausspionieren?«
»Mich. Dieses ganze Projekt.«
»Dafür ist es schon zu spät«, mischte Rick sich ein. »Wir haben so ziemlich alles unter Dach und Fach. Während wir hier reden, werden gerade die juristischen Aspekte geklärt.«
Frieda nahm auf dem Sofa Platz und versuchte, sich nur auf Joanna zu konzentrieren und die beiden anderen einfach auszublenden. »Sie haben also ein Buch geschrieben?«
»Stimmt.«
»Über das, was passiert ist?«
»Worüber sollte ich sonst ein verdammtes Buch schreiben?« Joanna drückte ihre Zigarette aus und zündete sich gleich die nächste an. »Wie finden Sie das?«
»Kommt darauf an, was Sie darin von sich geben und was Sie dazu bewogen hat.«
»Es ist meine Geschichte«, antwortete Joanna. »Alles, was ich im Leben durchgemacht habe. Entführt, versteckt, missbraucht, geschlagen, vergewaltigt und einer Gehirnwäsche unterzogen.« In lauterem Ton fügte sie hinzu: »Damals hat mich niemand gerettet. Ich nenne die Dinge beim Namen. Ohne etwas schönzureden. Ich habe mich um Matthew gekümmert, müssen Sie wissen. Ich habe ihn gerettet. Tief in mir drin steckte ein starker Kern. Wie hätte ich es sonst geschafft, das alles zu überleben? Ein starker Kern«, wiederholte sie. »Sie wollen wissen, warum ich es geschrieben habe? Um anderen Hoffnung zu machen, darum.«
»Verstehe.«
»Die Kohle kann ich natürlich auch gut gebrauchen. Ich habe keinen Penny Entschädigung bekommen. Nach allem, was ich durchmachen musste. Ich habe in der Hölle gelebt«, erklärte sie. »Mit einem Monster, und zwar zweiundzwanzig Jahre lang. Diese Jahre kann mir niemand zurückgeben.«
»Sehen Sie Ihre Familie öfter mal, Joanna? Haben Ihre Eltern und Ihre Schwester das Buch gelesen?«
»Die verstehen das nicht. Rose schaut hin und wieder vorbei, sitzt dann aber immer nur da und starrt mich mit ihren großen Augen an. Sie möchte, dass ich mit jemandem über das alles rede, was passiert ist. Mit jemandem wie Ihnen, meine ich.« Sie zog wieder an ihrer Zigarette und inhalierte tief. »Ich rede aber viel lieber mit jemandem wie Janine oder Rick. Außerdem hat Rose sich auch nicht um mich geschert. Sie hätte damals, als ich entführt wurde, auf mich aufpassen sollen.«
Frieda musste an das bekümmerte Gesicht von Rose Teale denken, ihre fortwährenden Schuldgefühle. Diese herzensgute junge Frau war fast ebenso sehr ein Opfer von Dean Reeve geworden wie ihre jüngere Schwester. »Sie war erst neun, Joanna.«
»Meine große Schwester. Sie haben mich alle im Stich gelassen. Deswegen kommen sie damit auch nicht klar.«
Joanna ließ den Zigarettenstummel auf den bereits vorhandenen Haufen Kippen fallen. »Aber ich habe ihnen verziehen.«
»Sie haben ihnen verziehen?«
»Ja.«
Frieda rief sich den eigentlichen Grund ihres Kommens ins Gedächtnis. »Als Dean starb«, begann sie,
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