Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
geradeaus.
»Wenn man in London in einem Garten arbeitet«, fuhr sie fort, »und man schneidet sich, dann braucht man eine Tetanusspritze. Das hat mit dem Pferdemist zu tun. In viktorianischer Zeit kippten die Leute den Mist in ihre Gärten. Die Bakterien sind immer noch aktiv.«
Keine Reaktion von Josef. Frieda blickte zu ihm hinüber. Ihn schienen sämtliche Lebensgeister verlassen zu haben. Frieda wusste, dass er Reuben noch immer nicht erzählt hatte, was ihm passiert war. Bei ihrem ersten Wiedersehen nach seiner klammheimlichen Rückkehr hatte sie zu ihm gesagt, er könne mit ihr reden, wann immer er wolle. Aber vielleicht musste sie den Anfang machen.
»Josef«, begann sie, »bei dir zu Hause ist doch etwas Schlimmes passiert, oder?«
Obwohl er immer noch stur geradeaus blickte, registrierte sie, dass er das Lenkrad plötzlich eine Spur fester umklammerte.
»Möchtest du es mir erzählen?«
»Nein.«
»Weil du glaubst, dass ich dann schlecht von dir denke?«
»Ich glaube es nicht, ich weiß es.«
»War das der Grund, warum du uns nicht gesagt hast, dass du wieder da bist?«
»Du bist eine gute Frau. Für dich ist es leicht. Ich bin ein schlechter Mann.«
»Josef, jeder hat Gutes und Schlechtes in sich. Jeder macht Fehler.«
»Du nicht.«
»Von wegen!«, widersprach Frieda energisch. Zögernd fügte sie hinzu: »Weißt du, wo ich letzten Freitag war?«
»Freitag? Beim Abendessen bei Olivia?«
»Vorher. Ich war auf der Beerdigung von Kathy Ripon. Du weißt schon, das war die junge Frau, die Dean Reeve in seine Gewalt gebracht hat und deren Leiche am Ende in einem Regenkanal gefunden wurde.« Josef, der den Wagen gerade durch einen Minikreisverkehr manövrierte, nickte nur. »Ich war für ihren Tod verantwortlich. Nein, unterbrich mich nicht. Es war meine Schuld. Ich habe überstürzt gehandelt und nicht über die Konsequenzen nachgedacht. Deshalb musste sie sterben. So, nun weißt du, was für ein Mensch ich bin. Und was hast du angestellt?«
Abrupt fragte er: »Glaubst du, dass ich ein guter Vater bin?«
»Wie meinst du das? Auf jeden Fall glaube ich, dass du deine Söhne liebst und dass sie dir fehlen. Ich glaube, du würdest alles für sie tun. Bestimmt hast du Fehler gemacht. Trotzdem können sie sich glücklich schätzen, dich zu haben.«
Er legte eine Vollbremsung hin und wandte ihr sein kantiges Gesicht zu. »Sie haben mich nicht mehr. Sie haben jetzt ihn.«
»Wen?«
»Ihn. Sie haben einen neuen Mann, einen neuen Vater. Mit Anzug und Krawatte. Für sie ist er ein Held. Am Wochenende bringt er ihnen Kuchen in einer Schachtel mit Schleife. Mich sehen sie an wie etwas an einer Schuhsohle. Scheiße«, fügte er hinzu. »Wie Scheiße.«
»Warum?«
Hinter ihnen hupten die ersten Wagen. Josef fuhr weiter. »Weil ich Scheiße bin.«
»Was ist passiert?«
»Sie wusste von dem Fremdgehen.«
»Von dem Fremdgehen? Du meinst, von den anderen Frauen?«
Frieda wusste auch von den anderen Frauen. Josef empfand für seine Ehefrau eine sentimentale, nie nachlassende Liebe, aber sie war in Kiew gewesen und er in London. Für ihn waren das zwei völlig verschiedene Welten: In der einen hatte er eine Frau, die er liebte, in der anderen nicht.
»Sie wusste davon«, wiederholte Josef. »Ich komme nach Hause, mit meinen Geschenken und meinem Herzen voller Zärtlichkeit und Glück, weil ich endlich nicht mehr einsam bin, und sie macht einfach die Tür zu. Sie hat einfach die Tür zugemacht, Frieda. Meine Jungs mussten mit ansehen, wie ich weggescheucht wurde wie ein Hund.«
»Hast du es je geschafft, mit ihr darüber zu reden?«
Er drehte den Kopf langsam von einer Seite zur anderen. »Ich habe es versucht. Mich mit dem neuen Mann getroffen. Er hat einen guten Job und kauft meinen Jungen Spielsachen. Autos, die sich mit Funk bewegen. Computerspiele mit Schießen und Bomben. Sie brauchen meine billigen Geschenke nicht mehr, und mich auch nicht. Vorbei. Alles vorbei. Mein Leben ist kaputt, und ich bin wieder hier.«
»Ihr habt also tatsächlich kein richtiges Gespräch über das Ganze geführt?«
»Was soll ich denn sagen, Frieda? Was soll ich tun? Alles ist aus. Vorbei.«
»Du solltest ihr sagen, wie du empfindest, und dir anhören, wie sie empfindet, um auf diese Weise herauszufinden, ob wirklich alles vorbei ist.«
»Ich bin ein Niemand«, erklärte Josef. »Ich habe kein Geld. Ich lebe in einem weit entfernten Land. Ich gehe fremd, sobald sie mir den Rücken zukehrt. Warum sollte sie mich als
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