Eisiger Dienstag: Thriller - Ein neuer Fall für Frieda Klein 2 (German Edition)
übernehmen?«
»Ich trage die Verantwortung«, erklärte Yvette.
Sie stiegen aus, öffneten die Tür des Miniaturvorgartens und stiegen die drei Stufen zu dem kleinen georgianischen Portikus hinauf. Als Yvette läutete, war im Haus ein melodisches Klingeln zu hören. Ein Mann machte auf. Er war untersetzt und hatte kurzes blondes Haar. An den Seiten war sein Schädel fast kahl geschoren. Er trug eine Jeans und ein T-Shirt, das aussah wie ein Fußballtrikot. Fragend sah er sie an.
»Sind Sie Dennis Poole?«, fragte Yvette.
»Ja, der bin ich.«
Sie stellte sich und Chris Munster vor. »Sind Sie der Bruder von Robert Poole?«
»Was?« Er wirkte überrascht. »Warum wollen Sie das wissen?«
» Sind Sie sein Bruder?«
»Ja, schon«, sagte Poole, »aber …«
»Dürfen wir reinkommen?«, fiel Yvette ihm ins Wort.
Er führte sie ins Wohnzimmer, wo der Fernseher lief. Offenbar sah er sich gerade eine Spielshow an, die Yvette nicht kannte. Sie bat Poole, den Fernseher auszuschalten. Statt ihrer Aufforderung nachzukommen, schaltete er nur den Ton leise.
»Ich fürchte, ich muss Ihnen mitteilen, dass Ihr Bruder tot ist.«
»Wie bitte?«
»Es tut mir sehr leid«, fuhr sie fort, »wir haben seine Leiche bereits am ersten Februar gefunden, aber es hat eine Weile gedauert, bis wir sie identifizieren konnten.«
»Wie meinen Sie das, seine Leiche?«
»Seine Leiche wurde in einem Haus in Süd-London gefunden. Wir haben Ermittlungen wegen Mordes eingeleitet und nehmen im Moment Zeugenaussagen auf. Mir ist klar, dass das ein schlimmer Schock für Sie sein muss.«
»Wie meinen Sie das? Wieso in Süd-London?«
Yvette war daran schon gewöhnt. Im Schockzustand verloren Menschen ihre Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten. Man musste ihnen Zeit lassen. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Mir ist klar, wie schwer das für Sie sein muss. Überrascht es Sie, dass Ihr Bruder sich in der Gegend aufhielt?«
»Wovon, zum Teufel, reden Sie?«, entgegnete Poole. »Rob ist schon vor sechs Jahren gestorben beziehungsweise fast sieben. Da muss eine Verwechslung vorliegen.«
Yvette war für einen Moment sprachlos. Sie sah zu Munster hinüber. Er war derjenige, der die Geburtsurkunde besorgt hatte. Was für ein katastrophaler Fehler war ihm da bloß unterlaufen? Sie zog das Blatt aus der Tasche, die sie mit sich trug.
»Wir sprechen doch von Robert Anthony Poole? Geboren am dritten Mai 1981 in Huntingdon. Als Sohn von James Poole.«
»Stimmt«, bestätigte Poole, »das ist mein Dad. Aber Robert ist schon 2004 gestorben. Bei einem Arbeitsunfall. Irgendein Gerüst ist zusammengebrochen. Die Firma hat ihm die ganze Schuld in die Schuhe geschoben. Das wäre mal ein lohnender Grund zum Ermitteln.«
»Es tut mir so leid«, sagte Yvette. »Offenbar handelt es sich um irgendeine Art von …« Sie wusste nicht, wie sie es nennen sollte. »… Fehler«, sagte sie schließlich lahm.
»Ich würde sagen, das ist stark untertrieben.«
Sie holte tief Luft. »Das alles tut mir außerordentlich leid«, erklärte sie. »Ich verspreche Ihnen, dass wir der Sache auf den Grund gehen werden.« Sie zögerte einen Moment. »Könnten Sie uns eventuell nähere Informationen zu Ihrem Bruder liefern? Oder haben Sie vielleicht sogar etwas Schriftliches da?«
»Irgendwo oben im Speicher. Das dauert wahrscheinlich eine Weile, bis ich die Papiere ausgegraben habe.«
»Wir können warten.«
22
J osef war anfangs misstrauisch. »Ist das als gute Tat gedacht?«
»Für wen? Für dich oder für sie?«
»Für beide.«
»Karlsson hat mich angerufen, weil er dachte, du könntest vielleicht aushelfen. Es hat sie wohl jemand hängen lassen. Aber falls dabei tatsächlich Arbeit anfällt, wird sie dich bezahlen.«
Frieda fand, dass er schon etwas besser aussah. Zumindest roch er sauber und war anständig gekleidet. Sein Gesicht wirkte auch nicht mehr ganz so hager. Reuben hatte ihr erzählt, dass er nur tageweise arbeitete. Die Baubranche stagnierte nach wie vor. Er chauffierte sie in Reubens Auto, weil sein eigener alter Lieferwagen immer noch mit leerer Batterie und plattem Reifen vor dem Haus stand. Da sehr viel Verkehr herrschte, dauerte die Fahrt fast eine Stunde.
»Es gibt da diesen alten Witz, demzufolge man in London schneller vorankam, als die Leute noch hoch zu Ross unterwegs waren«, meinte Frieda.
Josef gab ihr keine Antwort.
»Wobei das eigentlich gar kein Witz ist«, fügte sie hinzu, »sondern die Wahrheit, fürchte ich.«
Josef blickte nur stur
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