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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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irgendwelche Laborergebnisse vergraben. Er stellte sein Tablett geräuschvoll auf dem Tisch ab, und Charlotte setzte sich neben ihn.
    Darryl blickte auf und tupfte sich den Mund mit einer Papierserviette ab. »Was für ein hübsches Paar«, sagte er. Dann tippte er auf die Papiere vor sich. »Das ist die Analyse der Blutprobe aus der Weinflasche.« Er sagte es, als hätten sie nur darauf gewartet.
    »Und damit beschäftigst du dich beim Abendessen?«, sagte Charlotte und breitete ihre Serviette aus.
    »Es ist faszinierend«, verteidigte sich Darryl, aber als er begann, sich über den Grad der Fäulnis auszulassen, stopfte Charlotte ihm ein Sauerteigbrötchen in den Mund.
    »Hat deine Mama dir nicht beigebracht, über gewisse Dinge nicht beim Essen zu reden?«
    Michael lachte, ebenso wie Darryl, nachdem er das Brötchen wieder aus dem Mund genommen hatte. »Aber wirklich, das Verhältnis der Blutzellen zueinander ist unglaublich«, begann er erneut, doch Charlotte machte der Sache ein Ende, indem sie fragte: »Michael, was hast du heute getrieben?«
    Darryl gab auf, brach ein Stück vom warmen Brötchen ab und begann Butter daraufzustreichen, während Michael sie mit Geschichten über die norwegische Walfangstation und sein Debüt als Hundeschlittenführer unterhielt.
    »Danzig hat dir den Schlitten überlassen?«, fragte Darryl.
    Michael nickte und schluckte ein besonders zähes Stück Fleisch herunter. »Ich glaube, ich habe dich von der Tauchhütte zurückkommen sehen.«
    Darryl bestätigte, dass er dort gewesen war. »Aber nichts, was ich mit den Fallen hochgeholt habe, war für mich von Wert. Morgen versuche ich es noch einmal.«
    Ein paar Minuten lang aßen sie schweigend. Am Pol war jede Mahlzeit eine Art Zwiesprache; man konnte dem eigenen Körper mitteilen, wie spät es war und den endlosen Tag unterteilen. Es passierte oft, dass man innehielt und sich fragte, ob man gerade Lunch oder Dinner aß, doch Onkel Barney machte einem die Sache leichter, indem er zum Lunch massenweise Sandwiches bereit hielt und abends große warme Gerichte wie Eintöpfe, Spaghetti oder Chili con Carne servierte. Betty und Tina hatten vorgeschlagen, abends Kerzen aufzustellen, aber die Hiwis hatten diese Idee mit überwältigender Mehrheit abgelehnt und eine mit
blumigen Worten formulierte Begründung an das Schwarze Brett vor Murphys Büro gehängt.
    Michael übte sich in Geduld, aber noch ehe Darryl ganz mit seinem heißen Pfirsichkompott fertig war, sagte er: »Du willst doch heute Abend noch einmal ins Labor, oder?«
    Darryl nickte, während er ein widerspenstiges Stück Pfirsich auf seinem Teller verfolgte.
    »Ich würde gerne schon einmal vorgehen, wenn du nichts dagegen hast.«
    Darryl erwischte das Pfirsichstück, aß es und sagte: »Immer mit der Ruhe! Ich komme ja schon.«
    Charlotte nahm den letzten Schluck von ihrem Latte Macchiato und sagte: »Ich begleite euch.«
    Nachdem sie ihre Jacken und Handschuhe angezogen und die Schneebrillen aufgesetzt hatten, waren sie selbst füreinander kaum noch zu erkennen. In der Antarktis erkannten die Menschen sich an Kleinigkeiten, wie einem bunten Halstuch, einer Pudelmütze oder der Art zu gehen, weil jeder aussah wie ein großes dickes Paket aus Daunenfüllung, Ölzeug und Wolle.
    Der Abend war ungewöhnlich still, und die Sonne verbarg sich hinter einer dünnen Wolkendecke. Alles deutete darauf hin, dass ihnen ein Sturm bevorstand. Ihre Stiefel knirschten auf dem Eis und Schnee, als sie am glaziologischen Labor vorbeigingen. Sie hörten das Brummen eines Bohrers im Eiskernlager und näherten sich dem Schlittenschuppen. In der Ferne winkte einladend das botanische Labor, in dem die Pflanzenlichter ständig brannten. Alles zusammen erinnerte Michael an die Weihnachtsabende seiner Kindheit, wenn seine Eltern mit ihm zur Mitternachtsmesse gegangen waren und eine erwartungsvolle Stimmung über allem lag. Damals hatte er gewusst, dass er am Morgen etwas Wunderbares vorfinden würde, und jetzt wusste er, dass in dem niedrigen, dunklen Gebäude um die Ecke etwas Faszinierendes auf ihn wartete.
    Darryl trottete vor ihnen die Rampe hinauf. Als wollte er die Tür nicht länger offen halten als unbedingt nötig, wartete er, bis Michael und Charlotte ihn eingeholt hatten, ehe er sie öffnete. In Point Adélie schloss niemand ein Labor ab, eine Sicherheitsvorschrift, die der Chief erlassen hatte wie ein Gesetz. Die drei drängten schnell hinein.
    Das Erste, das Michael auffiel, noch ehe er den

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