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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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Blech oder einem anderen Metall. In unregelmäßigen Abständen waren sie um einen kargen freien Platz herum angeordnet. Der Himmel glich glänzend poliertem Metall, und der Anblick erinnerte ihn an ihren letzten Abend auf der
Coventry
. Sie hatten an Deck gestanden, und der schneeweiße Albatros hatte sich auf die Rah gesetzt und unbeteiligt zugesehen, wie Eleanor und er in Ketten gelegt und in die eiskalte See geworfen wurden.
    Zögernd trat Eleanor hinter ihm heraus und hob ihr Gesicht zur Sonne. Sie schloss die Augen, und auf Sinclair wirkte ihre
Haut so glatt, so weiß und leblos wie Marmor. Ihr langes braunes Haare wehte offen um ihre Wangen, und die Lippen öffneten sich, um die kalte Luft aufzunehmen, als koste sie von einer seltenen Delikatesse. In gewisser Weise war es das auch. Frische Luft, kalt und makellos wie Gletschereis, strich über ihre ungeschützte Haut. So kalt, dass ihre Gesichter zu brennen begannen und die Finger prickelten. Es war der Geschmack, der Duft und das Gefühl des Lebendig-Seins. Jahrelang, vielleicht sogar jahrhundertelang, waren sie in ihrer gefrorenen Zelle gefangen gewesen, unbeweglich und unberührt. Stärker noch als das Auseinanderbrechen des Eisblocks oder die wärmende Luft des Kamins gab dieser Wind ihnen das köstliche Gefühl zurück, zu leben. Weder Sinclair noch Eleanor mussten ein Wort sagen. Sie blieben oben auf der Schneerampe stehen und genossen die physische Welt. Selbst, wenn sie so feindlich und rau war wie diese.
    Einer der Hunde auf der anderen Seite der Gasse blickte von seinem Napf auf und ließ ein tiefes Knurren hören. Eleanor öffnete die Augen und sah die Tiere.
    »Sinclair … «, begann sie, doch er unterbrach sie. »Es gibt auch einen Schlitten.«
    »Aber wo sollen wir hin?« Ihr Blick wanderte die trostlose Gasse entlang und weiter bis zu den Bergen in der Ferne.
    »Die Hunde werden es wissen. Sicherlich sind sie darauf abgerichtet, irgendwohin zu laufen.«
    Er nahm ihre Hand, bevor sie sie ihm anbot, und schritt die Rampe hinunter. Seine Stiefel waren für Schnee und Eis nur schlecht geeignet, so dass er mehrmals ausglitt. Klappernd schlug seine Degenscheide gegen den metallenen Handlauf, und er blickte sich erschrocken um. Doch bei dem brüllenden Wind hatte es gewiss niemand gehört. Sie eilten durch die Gasse und in die hell erleuchtete Scheune, in der sie nur durch hüfthohe Holzwände von den Hunden getrennt waren.
    Der kurze Weg hatte Eleanor bereits erschöpft, und ihre Knie
zitterten. Während sie sich gegen die Wand lehnte, eilte Sinclair zu den Kleiderhaken an der Wand. Er wählte einen langen, bauschigen Mantel aus und nötigte ihn Eleanor auf. Der Mantel war weich wie Seide, obwohl der Stoff nicht den typischen Schimmer hatte. Er wog viel weniger, als er erwartet hatte, und war so groß, dass sie sich im Grunde zweimal darin einwickeln konnte. Der untere Rand reichte bis auf den Boden, und die Kapuze fiel ihr ins Gesicht wie bei einer Mönchskutte. Schon bald hörte sie auf zu zittern.
    »Du musst dir auch einen anziehen«, sagte sie.
    Sinclair nahm sich eine kürzere Jacke aus dem Stapel. Sie war rot, hatte weiße Kreuze auf den Ärmeln und dem Rücken und reichte ihm bis zu den Knien. Zunächst wusste er nicht, wie er sie schließen sollte. Auf der Vorderseite befanden sich zwei lange Reihen winziger Metallrippen, die er zusammenschob, in der Hoffnung, sie würden sich irgendwie miteinander verbinden. Aber das taten sie nicht. Zum Glück fand er noch einige Metallknöpfe unter einer schmalen Lasche, die zuschnappten, als er sie aufeinanderpresste.
    Die Hunde hatten fertig gefressen und wurden unruhig. Mehrere von ihnen waren aufgestanden und starrten Eleanor und Sinclair an. Als er zum Futtersack ging, fing eines der Tiere an zu bellen. Wahrscheinlich dachte es, es würde eine zweite Ration bekommen. Doch Sinclair griff in den Sack, holte eine Handvoll runder Pellets heraus, in der Größe von Schrotkugeln, und hielt sie sich unter die Nase. Der Geruch erinnerte ihn an Pferde, und er nahm eine Kugel in den Mund. Sie schmeckte sandig, war aber genießbar. Er schluckte die Kugel herunter, und dann die ganze Handvoll. Die Kugeln zerbröselten, waren jedoch nicht annähernd so hart wie Schiffszwieback.
    »Hier«, sagte er und gab Eleanor ebenfalls eine Handvoll. »Es ist nichts Besonderes, aber auch nicht schlechter als eine Armeeration.«
    Doch der Geruch schien sie aufzuregen und sie wandte sich kopfschüttelnd ab. Sinclair ließ die

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