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Eisiges Feuer (German Edition)

Eisiges Feuer (German Edition)

Titel: Eisiges Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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war Roban frei, packte er sich Lys, drehte ihn zum Licht des Feuers und starrte ihm in die Augen, um zu sehen, ob das Gift noch wirkte. Danach wog er das Vorratsbündel in der Hand, als hätte er Lust, es einfach in die Flammen zu werfen.
    „Wir brauchen es“, sagte Lys warnend. „Wir können im Moment nicht jagen oder nach Essen suchen, und wer weiß, wie weit es bis zum nächsten Dorf ist.“
    „Und wer garantiert uns, dass die Räuber das Zeug nicht vergiftet haben? Vielleicht haben sie Unrat eingepackt, um uns noch im Nachhinein zu quälen“, fauchte Roban. „Die hassen uns für das, was wir sind, vergiss das niemals, Bruder!“
    Lys schwieg, streckte einfach nur die Hand nach dem Bündel aus, ohne ihm zu widersprechen. Roban starrte ihn einen Augenblick lang nur an, dann warf er ihm das Bündel zu und schnaubte verächtlich, als getrocknetes Fleisch, Trockenfrüchte und sogar ein wenig Käse zum Vorschein kamen. Genug, um zwei bis drei Tage zu überstehen. Lys wusste, seinem Bruder wäre es lieber gewesen, hätte er Recht gehabt, selbst, wenn sie dann hungrig geblieben wären. Es dauerte auch eine Weile, bis Roban seinen Stolz überwunden hatte und etwas von dem Essen annahm.
    „Was hat er dir wirklich angetan? Du warst stundenlang fort, ich habe dich schreien gehört. War es wirklich nur das Gift? Das dauert doch nicht so lange“, sagte er, als sie sich ein möglichst bequemes Stück Boden zum Schlafen ausgewählt hatten. Lys erstarrte. Wie sollte er auf diese Frage antworten?
    „Ich kann mich nicht an alles erinnern, Ro. Sie haben lange versucht, mich einzuschüchtern, haben mit Worten gespielt. Das Gift kam erst spät … ich hatte Angst“, flüsterte er schließlich mit verlorener Stimme. „Ich habe geweint wie ein Mädchen. Aber verraten habe ich nichts. Es tut mir so leid.“ Er zitterte vor Scham über seine Lügen. Erst jetzt wurde ihm wirklich bewusst, was er da getan hatte – er hatte sich einem Fremden, einem Räuber hingegeben, mit Leib und Seele. Pures Glück, dass er noch beides besaß!
    „Ich bin stolz auf dich, kleiner Bruder“, wisperte Roban und drückte ihm tröstend die Hand. „Vater wird dir endlich ein wenig Respekt zollen, wenn er das hört! Nur ein echter Corlin kann so mutig sein. Du musst dich nicht schämen, Lys. Als ich in Owar von Rombrugs Kerker saß und er mich tagelang … nun, ich habe auch geweint.“ Lys lag völlig regungslos, lauschte der Stimme in seinem Rücken. Noch nie hatte Roban mit ihm über die Zeit seiner Gefangennahme gesprochen, über diese zwei Tage und Nächte, in denen er immer wieder verhört worden war, aber weder die geplanten Truppenbewegungen noch die Stellungen der Nachhut verraten hatte, oder auch nur die Namen der gegen das Fürstentum der Rombruger vereinten Verbündeten. Bis er schließlich von seinen Männern befreit wurde.
    „Er hat gelacht, weißt du? Owar hat mich ausgelacht, wann immer ich still wurde. Nur, wenn ich wütete, schrie, ihn verfluchte – oder um Gnade bettelte – war er zufrieden. Er hat mich wenig körperlich gequält, das begann erst am zweiten Tag, wenige Stunden vor meiner Befreiung. Langsam wollte er es angehen, sagte er immer wieder, damit ich lange lebe und nichts verschweige … Wenn er noch ein wenig mehr Zeit gehabt hätte, mich mit Worten zu foltern, vielleicht eine Stunde mehr, hätte ich aufgegeben. Die Schmerzen waren gar nicht wirklich schlimm, er hat mich kaum mit dem Stock gestreichelt … es war das Lachen. Er lachte und verhöhnte mich, mich und den Namen Corlin, wenn ich versuchte ihm zu trotzen. Still zu sein, einfach zu schweigen, statt ihm zu gehorchen.“ Roban hielt inne, und Lys wusste, wie wütend sein Bruder war. Diese Wut hatte Roban gerettet, dafür gesorgt, dass er ungebrochen nach Hause zurückkehren konnte. Wut war sein Schild, aber auch sein Schwert, denn er konnte die Wut beherrschen, wenn er es wollte und gezielt seine Feinde verletzen. Manchmal ließ er aber dieser Wut freien Lauf und wurde zur Gefahr für jeden, der sich ihm in den Weg zu stellen wagte. „Ich habe ihn mit bloßen Fäusten totgeschlagen und dabei gelacht, bis es vorbei war.“ Roban griff nach seiner Schulter und drückte sie, so fest, dass Lys beinahe vor Schmerz gestöhnt hätte. „Nur ein Wort von dir, und ich schwöre diesem dreckigen Räuberpack ewige Rache. Sie haben es gewagt, das Haus von Corlin herauszufordern! Sie haben uns ehrlos von hinten angegriffen! Sag ein Wort, dann werde ich nicht rasten noch

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