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Eisiges Feuer (German Edition)

Eisiges Feuer (German Edition)

Titel: Eisiges Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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ruhen, bis ihre Köpfe allesamt eingeschlagen sind!“, zischte er.
    „Nein, Ro. Zu viele unserer Leute würden dabei sterben, bis wir die Kerle überhaupt gefunden haben. Ich brauche keine Rache.“
    „Bist du sicher? Überleg es dir, lass dir Zeit! Sag, hat er gelacht? Hat der Bastard dich ausgelacht?“
    Lys kämpfte gegen die Erschöpfung. Warum war alles so kompliziert? Warum musste er seinen eigenen Bruder belügen? Warum sehnte er sich nach einem Räuber, der stahl und tötete und sein bereits so schwieriges Leben noch mehr in Aufruhr gebracht hatte?
    „Er hat ein wenig gelacht, ja. Aber am Ende sagte er, so etwas wie mich habe er noch nicht erlebt. Er hätte mich zerstören können, aber er hatte Angst davor, Angst vor der Rache der Corlins“, flüsterte er schließlich. Er spürte Robans Genugtuung, seinen Stolz. Nicht lange danach schlief sein Bruder ein, aber für ihn selbst gab es keine Ruhe. Er wünschte so sehr, dass die Dinge für ihn genauso einfach wie für Ro sein könnten. Diese klare Gewissheit, welcher Platz in der Welt ihm gebührte. Er war ein Corlin, der Sohn eines der mächtigsten Fürsten in ganz Onur, warum nur zweifelte er an der Großartigkeit dieses Namens? Warum nur sehnte er sich nach den rauen Händen zurück, die ihn mit so viel Gewalt und Zärtlichkeit zugleich in Besitz genommen hatten? Nach diesen schwarzen Augen, die in eisigem Feuer brannten?

5.
     
    „Halt dich gerade! Augen nach vorn, wag es nicht, Angst zu zeigen! Denk dran, wenn sie dir gegenübersteht, muss jeder glauben, ihr wäret ein Liebespaar, also lächle dümmlich! Ein richtiger Kuss ist unnötig, aber du musst unbedingt ihre Hand nehmen!“
    Lys gab sein Bestes, den stetigen Strom gewisperter Befehle auszublenden, aber sein Vater war kein Mann, den man leicht ignorieren konnte. Schon gar nicht, wenn man von ihm am Arm geführt wurde, vorbei am versammelten Hofstaat. Jeder, der nur einen winzigen Tropfen adliges Blut in seinen Adern nachweisen konnte, schien sich aufgemacht zu haben, um diese Hochzeit zu bezeugen. Eine Verbindung zwischen Lichterfels und Corlin, das war ein unerhörter Skandal! Seit der Fürst von Corlin vor den Augen des Königs die Kette präsentiert hatte, von der Elyne sich niemals trennte, und das Herrscherpaar von Lichterfels öffentlich zugegeben hatte, dass es zu einer heimlichen Liebesverbindung gekommen war, brannte jeder darauf zu erfahren, wie das alles enden würde. König Maruv hatte die Hochzeit nicht verhindern können, da das Paar bereits von einem Priester gesegnet worden war. Geschickter Taktiker, der er war, würde er die Trauung selbst halten und sich damit den Frieden in den eigenen Reihen sichern – jegliches öffentliche Zeichen von Zurückweisung der Liebenden hätte nur die Empörung der romantisch verklärten Hofdamen geweckt und dadurch vielleicht einen Aufstand provoziert.
    Lys war in dunkelblauen Samt gekleidet, wie die Etikette es verlangte. Er hasste dieses viel zu warme Gewand, die zeremonielle Perücke kratzte, seine Stiefel scheuerten ihm die Zehen wund. Er hasste die nicht enden wollenden Ermahnungen seines Vaters. Oh ja, bei ihrer Ankunft im Schloss, nachdem Roban ausführlich den Mut und die Widerstandskraft des kleinen Bruders betont hatte, da war Fürst Erebos beeindruckt gewesen, hatte Lys in die Arme geschlossen und unter Tränen geflüstert: „Endlich wirst du ein wahrer Corlin!“ Von diesem Stolz war jetzt nichts mehr zu spüren, als sie durch die endlosen Gänge schritten, bis zum Thronsaal. Hier durften sich nur hohe Würdenträger und die mächtigsten Fürstenfamilien des Reiches aufhalten, damit es kein unnötiges Gedränge gab. Da aber die Saaltüren offenblieben und Bedienstete zwischen den hochrangigen Gästen hin- und hereilten, konnte man sicher sein, dass jedes Räuspern, jeder noch so winzige Fehltritt binnen eines Herzschlages im gesamten Schloss verbreitet werden würde.
    Roban hielt sich an seiner Linken, er würde gemeinsam mit Erebos während der Zeremonie hinter Lys stehen bleiben. Als ihr Vater Luft holte und ansetzte, sämtliche Ermahnungen erneut herunterzubeten, beugte Roban sich zu ihm und zischte fast lautlos: „Schluss jetzt, er ist dreiundzwanzig, Vater, nicht drei!“
    Erebos zeigte seinen Ärger nicht, doch Lys spürte, wie sein Vater die Muskeln anspannte. Immerhin, von da an schwieg er, und Lys drückte dankbar den Arm seines Bruders.
    Er blickte nach vorn, zum Thron, wo Maruv ihn erwartete – und die Fürstenfamilie

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