Eisiges Feuer (German Edition)
Einer mehr eben, um schlafen zu können.
Ich werde herausfinden, wie man das herstellt. Mit Geld lässt sich alles kaufen, auch Seelentrost!
Die Rückreise war unspektakulär. Schon ab dem dritten Tag wurden sie von den Geschichten von Lys’ Flucht aus Kirians Räuberhöhle überholt, in jeder Herberge wurden die Erzählungen abenteuerlicher. Mal hatte Lys den Sheruk im Zweikampf getötet, mal war er listenreich geflohen, mal von einer Armee befreit worden, mal durch den Mut eines einzelnen treuen Freundes. Magie kam ins Spiel, es gab verschiedene Ansichten, wer von den beiden Todfeinden mit Dämonen, Drachen und Magiern paktierte. Die meisten Zuhörer lehnten solche Geschichten allerdings ab. Bald war auch Roban in die Legenden eingeflochten, hier war man sich meistens einig, er habe sein Leben geopfert, um das des geliebten Bruders zu retten, und war auf Sorala dann seinen Verletzungen erlegen. Nur wenige mutmaßten, er könnte hinter den ursprünglichen Angriffen gegen Lys gestanden haben.
Wo immer das Fürstenpaar einkehrte, verstummten alle Gespräche, niemand wagte, Lys oder Elyne mit Fragen zu belästigen, und auch die Soldaten wurden nur selten angegangen. Um den dunkelhaarigen, charismatischen Söldner an der Seite des Fürsten entstanden nun auch die ersten Gerüchte. Weder Kirian noch Lys kümmerten sich darum. Das Gerede mochte anstrengend sein, verhindern konnte man es sowieso nicht, also nahmen sie es mit Humor.
Als sie schließlich in die Nähe des Sommerlagers kamen, schickte Lys seine Eskorte vor.
„Ihr dürft nicht erfahren, wohin wir gehen. In spätestens zwei Tagen sind wir wieder bei euch.“
Kirian nahm Abschied von den Lichterfelsern. Er vertraute darauf, dass diese Männer sein Geheimnis wahren würden. Seiner Schwester hingegen vertraute er überhaupt nicht. Elyne legte ihm eine heftige Szene hin, als Kirian ihr die Augen verbinden wollte. Erst als er drohte, sie mit den Soldaten wegzuschicken, fügte sie sich schmollend.
„Wir laufen im Kreis?“, stellte Lys nach einer Weile verwundert fest – leise genug, dass Elyne es nicht hören konnte.
„Strikte Anweisung an alle, seit ein gewisser ehemaliger Gefangener es geschafft hat, sich den Weg mit verbundenen Augen zu merken. Immer wieder einen großen Bogen schlagen“, knurrte Kirian düster. Er hatte immer noch nicht gänzlich verwunden, was Lys ihm damit angetan hatte, auch wenn er es ihm nicht nachtrug.
Schweigend ritten sie weiter, jeder in Gedanken versunken, ein wenig besorgt, in welchem Zustand sie das Lager vorfinden würden.
Als sie dort ankamen, schien es verlassen zu sein. Kirian blickte sich verwirrt um – irgendetwas war anders hier, obwohl es vertraut wirkte. Lys begann unterdrückt zu lachen.
„Was?“
„Sieh dich um, das ist eindeutig Anniz’ Werk!“
In diesem Moment kam Onkar aus einer Hütte geschossen, mit hochrotem Kopf, in jeder Hand einen leeren Eimer.
„Oh, du bist zurück“, keuchte der Junge nur und rannte an Kirian vorbei, in Richtung Wasserquelle.
Das Schauspiel wiederholte sich in rascher Folge mit Tilas und Ramin, die beide ihrem Sheruk nur einen kurzen, flehentlichen Blick zuwarfen und dann weitereilten.
„Was bei allen gehörnten Fressern der von den Göttern verfluchten Schattenwelt …?“, begann Kirian fassungslos. In diesem Moment kehrte Onkar im Laufschritt zurück, schwer beladen mit nun vollen Wassereimern. Kirian verstellte ihm den Weg.
„Was – hat – das – zu – bedeuten?“, knurrte er.
„Sheruk, bitte …“
„WO BLEIBT DAS WASSER?“, erklang die Stimme einer Frau.
Kirian stürmte in die Hütte, die bis zu seiner Abreise als Vorratslager gedient hatte. Dampfschwaden schlugen ihm entgegen. Anniz stand über einen großen Holzbottich voll heißem Wasser gebeugt und rührte mit einem Stock darin herum. Sämtliche Räuber, abgesehen von Tilas, Ramin und Albor, drängten sich hier in der Hütte, die meisten waren nackt.
„Kann mir jemand erklären, was das bedeutet?“, fragte er verärgert. Er konnte Lys draußen lachen hören, was seine Laune nicht gerade hob, genauso wenig wie die Tatsache, dass die Männer sich voller Scham und Entsetzen von ihm abwandten.
„Herr!“ Mit einem Aufschrei ließ Anniz den Stock fallen und lief zu ihm. „Die ganze Bande hat Läuse, es war ein wenig mühsam, aber ich konnte sie letztendlich überzeugen, dass Baden nicht schadet und frisch ausgekochte Wäsche noch weniger. ONKAR, DAS WASSER MUSS ERST IN DEN KESSEL! Ich gebe zu,
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