Eisiges Herz
Delorme. »Es macht bestimmt großen Spaß, damit übers Wasser zu düsen.«
»Es gibt nichts Schöneres, das garantiere ich Ihnen. Die Luft, die Sonne. Kühles Bier. Und alle sind gut drauf. Die Kinder amüsieren sich, meine Frau ist im siebten Himmel, und ich bin so weit weg von meiner Arbeit wie nur irgend möglich.«
»Was machen Sie denn beruflich, Mr. Morton?«
»IT. Computernetzwerke. Früher konnte man damit mal gutes Geld verdienen. Aber die Zeiten sind vorbei. Jedenfalls hier in der Gegend. Wir wollten uns ein größeres Haus kaufen, aber das können wir jetzt vergessen.«
»Darf ich mal die Schutzbezüge hier von den Sitzen nehmen?« Delorme war sich bereits ziemlich sicher, dass dies nicht das Boot war, das sie suchte.
Das Steuerrad war weiß, das auf dem Foto dagegen aus Holz. Steuerräder ließen sich natürlich auswechseln, aber es war keinerlei hölzerne Verkleidung auf dem Boot zu entdecken, und sie bezweifelte, dass jemand so etwas austauschen würde.
Morton nahm die Schutzbezüge von den beiden Sitzen vor ihnen. Es handelte sich um drehbare, gepolsterte Sitze, zu denen kleine, fest stehende Tische gehörten. Die Sitze auf den Fotos waren rot gepolstert und mit den Rücken zueinander angeordnet gewesen. Und der gesamte hintere Teil des Bootes hatte anders ausgesehen.
»Wollen Sie auch die Kajüte sehen?«
»Nein, danke, Mr. Morton. Sie haben mir sehr geholfen.«
»Es würde nicht lange dauern. Jetzt, wo wir schon mal hier sind.«
»Also gut. Es kann nicht schaden, einen kurzen Blick hineinzuwerfen.«
Sie ließ sich von ihm herumführen, während er sie mit Stolz verschiedene Vorrichtungen bewundern ließ. Mehrmals sagte er: »Meine Frau würde mich umbringen, wenn sie wüsste, was mich das gekostet hat.«
»Das ist wahrscheinlich wie eine Art Zweitwohnung«, bemerkte Delorme. »Zumindest im Sommer.«
»Ganz genau.« Morton unterstrich seine Worte, indem er mit einem Wurstfinger auf sie zeigte. »Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen.«
Delorme hatte Booten nie viel abgewinnen können, aber das Innere der Kajüte hatte wirklich einen ganz besonderen Reiz. Jede Menge winzige Schränke und Behälter, alles im Miniaturformat und mit abgerundeten Kanten.
»Ihre Kinder sind bestimmt gern auf dem Boot«, bemerkte sie.
»Gott, mein Sohn würde ganz auf das Boot ziehen, wenn er könnte. Aber Brittney interessiert sich nicht die Bohne dafür. Sie ist dreizehn.«
Delorme hätte das Mädchen liebend gern gesehen, doch im Moment wusste sie einfach nicht, unter welchem Vorwand sie Morton bitten konnte, sie mit seiner Tochter sprechen zu lassen.
»Mr. Morton, wie verstehen Sie sich mit den anderen Leuten im Hafen? Haben Sie viel mit ihnen zu tun?«
»Eigentlich nicht. Das sind fast alles Familien, wissen Sie. Die Leute sind alle so mit ihren Kindern beschäftigt, dass man gar nicht dazu kommt, einander kennenzulernen. Wir reden übers Wetter, mehr nicht.«
»Da draußen ist es doch ziemlich eng. Und das ist ein teures Boot. Gibt es jemals Probleme?«
»Mit dem Hafen?«
»Oder mit den Leuten, die ihre Liegeplätze neben Ihrem haben.«
Morton überlegte und fuhr sich mit der Hand über den Kopf.
»Na ja, es gibt einen bescheuerten Italiener, der dauernd laute Musik spielt. Er hat seinen Liegeplatz am anderen Ende des Docks, aber auf dem Wasser tragen Geräusche sehr weit. Den können Sie meinetwegen verhaften und sonst wohin ausweisen.«
»Da muss ich Sie leider enttäuschen. Was ist mit den Leuten gleich neben Ihnen?«
»Die Ferriers? Das sind nette Leute. Wir sind nicht befreundet, aber wir kommen gut miteinander aus. André und ich trinken ab und zu mal ein Bierchen zusammen und plaudern über Football. Damit hat sich’s auch schon.«
»Haben sie Kinder?«
»Zwei Mädchen: Alex und Sadie. Sadie ist acht oder so, und Alex ist in Brittneys Alter, eine frühreife Dreizehnjährige, Sie wissen ja, wie das heutzutage ist.«
Dreizehn. Delorme hätte gern mehr über die Mädchen erfahren, wollte aber vorerst noch nicht zu viel Aufmerksamkeit auf das Thema lenken. Es war nicht ausgeschlossen, dass Morton die Nachbarsmädchen befummelte. Um ihn abzulenken, fragte sie ihn nach Frank Rowley.
»Frank? Den kenne ich aus der Highschool. Über Frank kann ich Ihnen nichts Negatives sagen.« Plötzlich schnippte Morton mit den Fingern. »Da fällt mir was ein. Sie ermitteln in einem Fall von Körperverletzung?«
»Ja, richtig.«
»Ein Typ namens Fred Bell. Dem bin ich mal zu Hilfe geeilt, als
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