Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit
rauchgrauen Augen taxierte, und das ließ sie tief in ihrem Inneren erzittern, während sie sich fragte, zu welchem Schluss er wohl gekommen sein mochte. Er war ein äußerst attraktiver Mann. Sie wehrte sich gegen den Impuls, die Stirn zu runzeln. Und er war ihr Chef, und sie war im Begriff, sich in trügerische und sehr gefährliche Gewässer zu begeben.
»Schenken Sie sich auch einen Kaffee ein und setzen Sie sich zu mir. Als Erstes möchte ich Sie kennen lernen.«
Zwanzig Minuten später fand Caroline ihn hinter Elis Schreibtisch vergraben vor, umgeben von Stapeln von Elis Büchern. Nein, korrigierte sie sich und spürte erneut den Schmerz des Verlustes. Er saß an
Max’
Schreibtisch, umgeben von
Max’
Büchern. Das war ein wichtiger Unterschied, und sie würde sich täglich daran erinnern müssen.
Sie räusperte sich und stellte das Kaffeetablett auf dem Sideboard ab. »Hier sind Milch und Zucker. Bedienen Sie sich dieses Mal selbst, dann weiß ich für die Zukunft Bescheid.«
Max’ Brauen zogen sich zusammen, und zum ersten Mal sah sie, wie finster er blicken konnte. »Es war mir ernst, was ich hinsichtlich des Kaffeekochens gesagt habe, Caroline. Es ist nicht Ihre Aufgabe, mir Kaffee zu besorgen. Dazu bin ich nun wirklich selbst in der Lage.«
Sie sah ihn erstaunt an und setzte sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch, die Kaffeetasse zwischen beiden Händen. Sie hatte den untrüglichen Eindruck, dass sein Wunsch, sich selbst mit Kaffee zu versorgen, weniger ihrer Entlastung diente, sondern er ihr vielmehr zeigen wollte, dass sein Stock ihn nicht behinderte. Was von beidem auch zutreffen mochte, ihr sollte es recht sein. Gerade sie verstand seinen Drang zu beweisen, dass eine Behinderung nicht behindernd war, ganz besonders gut.
Mit einem Schulterzucken entgegnete sie: »Ist mir recht. Aber weisen Sie auch meine Sahnetörtchen zurück?«
Die ärgerliche Miene war in null Komma nichts verflogen. »Sahnetörtchen? Selbst gemacht?«
Sie verbarg ihr Lächeln hinter der Kaffeetasse. Offenbar hatte dieser umwerfende Mann eine Schwäche für Süßes. »Selbst gebacken.«
Mit purem Wohlbehagen nahm er den ersten Bissen. »Caroline, ich schlage Ihnen einen Handel vor. Ich sorge künftig für den Kaffee, Sie für den Kuchen.« Er leckte sich die Finger ab, und die Geste jagte kleine Schauer über Carolines Rücken. Sie ähnelten dem, was sie gefühlt hatte, als Dana und sie den Typen aus der Diät-Cola-Werbung angeschmachtet hatten, wenngleich ihre Empfindungen in diesem Moment entschieden ausgeprägter waren. Und wie seine rauchgrauen Augen ihr Gesicht fixierten … Sie trank einen großen Schluck Kaffee und verzog das Gesicht, als sie sich prompt den Gaumen verbrühte.
»Also …« Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und forschte in ihrem Gesicht. »Erzählen Sie mir von sich.«
Caroline wurde unbehaglich unter seinem prüfenden Blick zumute, und sie zuckte wieder mit den Schultern. »Ich fürchte, da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich bin jetzt seit fast sieben Jahren hier und habe als Dr. Bradfords Büroleiterin und Sekretärin gearbeitet. Ich erledige, was hier getan werden muss, und arbeite in der mir verbleibenden Zeit an meinem Diplom.«
»Dann sind Sie auch Studentin?«
»Ich gehöre zu
Ihren
Studenten. Konstitutionelle Monarchie. Ihr Vortrag über die
Magna Carta
soll besonders interessant sein.«
»Sagen Sie’s mir, wenn Sie ihn gehört haben. Das Seminar über die Konstitutionelle Monarchie ist Teil der Examensvorbereitung.« Er lehnte sich wieder zurück. »Dann stehen Sie kurz vor der Magisterprüfung?«
»Nein, ich arbeite noch an meinem Bachelor. Konstitutionelle Monarchie belege ich nur aus Spaß und als Gasthörerin, nicht für einen Schein.« Sie blickte versonnen drein. »Ich wollte Eli noch ein letztes Mal als Lehrer haben. Zum Ende des Frühjahrs mache ich meinen Abschluss.«
»Und was haben Sie danach vor?«
Sie hob ein wenig das Kinn. »Ich bin an der Juristischen Fakultät der Universität von Illinois angenommen worden.«
Er neigte den Kopf leicht zur Seite. »An der Juristischen Fakultät der Universität von Illinois. Sehr gut. Wollen Sie weiterhin hier arbeiten, wenn Sie Ihren Bachelor gemacht haben?«
Sein schlichtes Lob ließ sie erröten. Ihr war es noch nie gelungen, das Erröten unter Kontrolle zu halten, es war ein Kreuz, das sie wohl tragen musste. Sie verlagerte ihr Gewicht, schlug die Beine übereinander und bemerkte, dass sein Blick jeder ihrer
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