Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit
Bewegungen folgte.
Erbarmen.
»Nun ja, wir hatten geplant, dass ich dann in Teilzeit arbeite und Evie den Rest übernimmt, aber Eli hat anders disponiert.« Sie hörte das Zittern in ihrer Stimme und schluckte. Die Tatsache, dass Eli sie in seinem Testament bedacht hatte, rührte sie immer noch zu Tränen. Er hatte ihr im Laufe der Jahre so viel gegeben. Und jetzt … »Er hat mir genug hinterlassen, dass ich die Ausbildung und meine übrigen Ausgaben finanzieren kann. Also wird Evie nach meinem Abschluss meinen gesamten Job übernehmen.«
»Evie?«
»Ja, Evie Wilson. Zur Zeit ist sie meine Assistentin, aber Eli war auch der Meinung, dass sie fit für den Job ist, wenn ich meinen Abschluss in der Tasche habe.«
Max entging nicht, wie der Blick in ihren Augen bei der Erwähnung ihrer Assistentin warm und herzlich wurde. Sie hegte zweifellos eine große Zuneigung für sie, aber er sprach trotzdem aus, was er dachte. »Nichts gegen Dr. Bradford, aber das werde ich schon selbst entscheiden müssen.« Fasziniert beobachtete er daraufhin das Blitzen in ihren Augen, die wie Saphire in ihrem elfenbeinfarbenen Teint glänzten.
Und sie kann auch ganz schön aufbrausend sein
, dachte er und fand diese Tatsache ziemlich erregend. »Ich sagte: ›Nichts gegen Dr. Bradford‹, Caroline.« Sofort legte sich das Blitzen, und Caroline senkte den Kopf und sog leicht zitternd den Atem ein.
»Verzeihung. Natürlich haben Sie Recht.« Sie straffte sich und hob den Kopf. »Nun, was möchten Sie sonst noch wissen?«
Darf ich Sie morgen Abend zum Essen einladen?
, hätte er gern gefragt, doch er hielt sich zurück. Angesichts ihrer Zuneigung zu Dr. Bradford musste er ihr ein bisschen Zeit lassen, sich an ihn, Max, zu gewöhnen. Erst dann würde er spontan handeln, das schwor er sich. »Woher stammen Sie?«
Caroline konnte knapp verhindern, dass sie zusammenzuckte, und blinzelte stattdessen. So gut sie innerlich auch darauf vorbereitet war, diese Frage warf sie immer noch aus der Bahn. Sie verabscheute den Zwang, von einer erfundenen Vergangenheit zu erzählen. Doch es war unumgänglich. Nach wie vor. Für immer.
»Ich bin in St. Louis geboren.« So stand es in ihrer »geliehenen« Geburtsurkunde. »Aber meine Eltern sind ständig umgezogen, als ich noch klein war.« Das war ihre Erklärung für ihren typischen Dialekt aus North Carolina, den sie nie ganz hatte eliminieren können.
»War Ihr Vater beim Militär?«
Caroline schüttelte den Kopf. »Nein, sie sind halt nur häufig umgezogen. Das hatte zur Folge, dass ich vorzeitig die Highschool verlassen habe.« Das immerhin entsprach der Wahrheit. Zu jener Zeit war sie schwanger mit Tom und völlig verängstigt gewesen. »Als ich dann nach Chicago kam, habe ich meinen Highschool-Abschluss nachgeholt, dann in einem Lager gearbeitet und mich in Abendkursen zur Sekretärin ausbilden lassen.« Die Arbeit als Lageristin war ein Knochenjob gewesen, sie hatte Kisten schleppen müssen, die fast so schwer waren wie sie selbst. Damals hatte ihre Rückenverletzung sie noch geplagt, und sie hatte einen Stock gebraucht, um von ihrer kleinen Wohnung zur Bushaltestelle und dann zur Arbeit zu gelangen. Oft hatte sie sich abends vor Schmerzen in den Schlaf geweint. Einzig ihre wilde Entschlossenheit, Danas ständiges Drängen und der Gedanke, dass ihr Sohn nicht in Armut aufwachsen sollte, hatten sie veranlasst, Maschineschreiben und Steno zu trainieren, bis ihre Augen brannten.
»Dann lernte ich Eli kennen; er bot mir eine Stelle an, und seitdem arbeite ich hier.«
Max schlug ihre Personalakte auf, die zuoberst auf seinem Stapel lag. Sie wartete, bis seine Augen sich erstaunt weiteten, und da wusste sie, dass er auf Tom gestoßen war.
»Und Sie haben einen vierzehn Jahre alten Sohn.«
In seinen grauen Augen zeigte sich erstauntes Interesse, während er im Geiste nachrechnete. »Deswegen haben Sie die Schule verlassen. Sie konnten damals nicht älter als …«
Sie hob das Kinn. »Ich war sechzehn, als er geboren wurde.«
Er blickte ihr fest ins Gesicht. »Und bald haben Sie Ihr Diplom in der Tasche. Ich hoffe, Ihr Sohn weiß zu schätzen, was er an Ihnen hat.«
Unvermittelt wurden ihre Züge weich. »Tom ist ein guter Junge. Ich bin sehr stolz auf ihn.«
»Dr. Bradford auch, wie ich diesen Aufzeichnungen entnehme.« Max schlug die Akte zu und griff nach seiner Kaffeetasse. »Sie wollen also Anwältin werden.« Er verzog in gespielter Abscheu das Gesicht. »Hoffentlich keine
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