Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit
er Helen den Gefallen tat, würde sie ihn ein paar Monate lang in Ruhe lassen, und er hätte seine wohlverdiente Erholung.
»Zweihundert PS .«
Steven nagte an seiner Unterlippe. Er hasste Helens Versuche, ihn zu verkuppeln. Aber, zum Teufel, diese Frau hatte ein Boot mit einem Zweihundert- PS -Motor, einem Tiefenmesser
und
GPS . Gar so übel konnte sie demnach nicht sein. Eines, vielleicht auch zwei Treffen mit der Schönheitskönigin, und Helen würde, wenn er gute Karten hatte, ihre Heiratsvermittlung vielleicht sogar bis zum Herbst aussetzen. »Also gut. Gib mir ihre Telefonnummer.«
»Wusste ich’s doch, dass das Boot dich überzeugen würde«, sagte Helen, offenbar sehr zufrieden mit ihrem Sieg. »Es ist leicht, dich an die Frau zu bringen, Steve.«
»Ich weiß. Die Nummer bitte.« Mit einem inneren Seufzer notierte er die Nummer auf seiner Schreibunterlage. »Ich versuche morgen, sie zu erreichen.«
»Warum nicht gleich heute Abend?«
»Dräng mich nicht, Helen.« Steven massierte sich den Nacken. »Ich muss noch ein paar Anrufe beantworten, warte daher nicht mit dem Essen auf mich, aber sag Nicky, dass ich rechtzeitig nach Hause komme, um ihn ins Bett zu bringen.«
Er erledigte vier von den sechs geplanten Anrufen und hakte sie auf seiner Liste ab. Noch zwei weitere, dann durfte er nach Hause gehen, zu seinem aufgewärmten Abendessen und hoffentlich einem kalten Bier. Und zu seinen Jungen. Auf jeden Fall zu seinen Jungen.
»Steven?«
Steven hob den Blick und sah seinen Chef mit einer Akte unter dem Arm am Türpfosten lehnen, das sonst so joviale Gesicht wirkte besorgt. Steven legte den Telefonhörer zurück auf die Gabel. »Was gibt’s?«
»Aus Asheville ist ein neuer Fall reingekommen.« Special Agent Lennie Farrell legte die Aktenmappe genau in die Mitte von Stevens Schreibunterlage. Farrell hatte eine Krämerseele, sehr zum Leidwesen seiner Untergebenen. Doch er war ein guter Mann und ein guter Chef, den Steven respektierte. »Du musst morgen hinfahren und die Lage sondieren.« Steven schlug die Akte auf und überflog die ersten paar Seiten. »Ich erinnere mich schwach an diesen Fall. Frau und Sohn eines Polizisten vermisst, wann war das? Vor sieben Jahren? Wie bist du so schnell an diese Akte gekommen? Den Wagen haben sie doch erst gestern Morgen aus dem See geborgen.« Er blickte zu Farrell auf. »Warum befasst sich die Dienststelle in Asheville nicht damit? Der Fall unterliegt ihrer Zuständigkeit. Was ist los, Lennie?«
Farrell zuckte mit den Schultern. »Ich bekam heute Mittag einen Anruf vom Leitenden Direktor der Dienststelle in Asheville. Vor sieben Jahren arbeitete er im Büro des Staatsanwalts und war damals der Meinung, der Ehemann sei der Täter gewesen, aber es gab nicht genug Beweise für eine Anklage. Er hat Angst, dass die Sache jetzt wieder unter den Teppich gekehrt wird. Offensichtlich haben in der Dienststelle von Asheville genug Leute etwas mit diesem Ehemann zu tun, weshalb er einen Interessenkonflikt innerhalb der Behörde befürchtet.« Farrell zögerte, bevor er weitersprach. »Mich hat außerdem ein Kollege angerufen, der damals ermittelt hat und der jetzt im Ruhestand ist. Wir kennen uns schon lange. Er ist ebenfalls der Meinung, dass der Ehemann der Täter war, und auch er will, dass die Ehefrau und der Junge dieses Mal zu ihrem Recht kommen.«
Steven sah Farrell lange an. »Hat dieser Ermittlungsbeamte zuerst dich oder die Dienststelle in Asheville angerufen?«
Farrell fühlte sich sichtlich unbehaglich. »Zuerst mich. Ich habe ihm geraten, den üblichen Weg zu gehen und die Behörde anzurufen, damit die Ermittlungen eingeleitet werden können. Das hat er getan, und Asheville hat darum gebeten, uns einzuschalten.«
Steven warf einen Blick auf die Akte und sah dann wieder zu Farrell auf. »Dein Vater ist Polizist im Ruhestand und hat früher in Asheville gearbeitet, nicht wahr?«
Farrell machte eine Kopfbewegung, die Steven als Nicken auslegte. Das reichte. Steven massierte sich die Schläfen; die Kopfschmerzen wurden schlimmer. Fälle wie diesen hatte er bereits bearbeitet, und das Ergebnis war selten erfreulich gewesen. Das SBI wurde von lokalen Polizeiämtern selten mit offenen Armen empfangen. Gewöhnlich betrachtete mindestens einer der einheimischen Polizisten die Ermittler des SBI als Eindringlinge in ihr Revier. Allerdings waren diese Special Agents für die Ermittlung in Sonderfällen, die glücklicherweise in den Kleinstädten North Carolinas nicht an
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