Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit
fieberheiße Stirn. Wie lächerlich sie sich benahm. Einmal, ein trauriges einziges Mal war sie das Objekt der heißen Blicke eines Mannes gewesen, und schon war ihr das zu Kopfe gestiegen. Die ganze Nacht hindurch hatte sie an nichts anderes gedacht. Und im Stillen hatte sie Danas wissendes Grinsen verflucht, das sie während des Abendessens verfolgt hatte. Na ja, sie musste zugeben, dass sie, sobald Tom zu Bett gegangen war, nicht mehr nur im Stillen geflucht hatte. Dana hatte nur noch breiter gegrinst und sie ermahnt, am nächsten Tag Schwarz zu tragen. Hatte sogar angeboten, ihr den Haaransatz nachzufärben.
»Ich kann mir meinen verdammten Haaransatz allein nachfärben«, hatte Caroline leise erwidert. Und genau das getan. Und wofür? Damit Max Hunter sie völlig links liegen ließ und mit Mädchen schäkerte, die halb so alt waren wie er? Na gut, zwei Drittel so alt. Er war sechsunddreißig. Sie hatte nachgesehen.
Aber das war ja egal. Plötzlich war sie überwältigt vor Scham über ihre eigene Albernheit.
»Ich kann es nicht fassen, Eli«, flüsterte sie. »Ich bin eifersüchtig. Ich bin eifersüchtig wegen eines Mannes, der nichts weiter getan hat als mich anzulächeln.« Aber wie Max gelächelt hatte. »Ich mache mich lächerlich, Eli.« Sie schüttelte den Kopf, ohne die Stirn vom Türrahmen zu lösen. »Einfach lächerlich.« Sie schluckte heftig, um die plötzliche Enge in ihrer Kehle zu bekämpfen. »Und ich bin einsam«, gestand sie in einem kaum hörbaren Flüstern. »Ich bin es leid, allein zu sein.«
Sie richtete sich auf, drehte sich um und ließ den Blick durch das Büro schweifen, das ihr verstorbener Freund vierzig Jahre lang bewohnt hatte. Jetzt nahm Max’ Computertisch den Platz ein, an dem Elis marmorner Schachtisch gestanden hatte. So manchen Tag hatten Eli und Wade dort gesessen, über den nächsten Zug gestritten, über Politik diskutiert, darüber, wer der beste Sänger des
Rat Pack
war und wer das letzte Stück ihres selbst gebackenen Kuchens bekam. Sie hatte ihren Gesprächen gern gelauscht, und ohne Eli fehlte ihr etwas.
Dana hatte Recht. Sie hatte sich mit ungefährlichen Männern umgeben, die nicht für sie in Frage kamen. Und so würde sie es weiterhin halten, wahrscheinlich sogar mit Max Hunters Hilfe. Wenn er sie gestern auch ein wenig angestarrt und betrachtet hatte, würde sie doch, sobald er die jungen Frauen auf dem Campus zu sehen bekam, auf einen der letzten Plätze seiner Liste verbannt werden.
Und das war gut so. Sie hatte sowieso nicht das Recht, mit einem Mann wie Max Hunter zu flirten, oder überhaupt mit irgendeinem Mann.
Aber ihrem Selbstbewusstsein hatte es nicht geschadet, als er sie angesehen hatte. Solange das alles war, was sie ihm gestattete.
Ihr Blick fiel auf einen Karton, der neben Max’ Schreibtisch stand. Sein Büromaterial war eingetroffen.
»Zeit, mit den Hirngespinsten aufzuhören und dein Gehalt zu verdienen, Caroline«, sagte sie leise zu sich selbst, zog ihr schwarzes Kleid hoch und ließ sich neben dem Karton auf die Knie nieder.
Asheville, North Carolina
Dienstag, 6. März, 11:00 Uhr
Steven Thatcher blieb im Türrahmen stehen und ließ seinen Blick durch die Räumlichkeiten des Morddezernats von Asheville schweifen. An den Wänden hingen Stadtpläne und Steckbriefe von Kriminellen, wie in Hunderten von Polizeiwachen im ganzen Land auch. Telefone klingelten, ein Drucker ratterte, und aus den Augenwinkeln bemerkte er hin und wieder das Aufblitzen eines Kopierers. Der Geruch von abgestandenem Kaffee und Popcorn aus der Mikrowelle kitzelte ihn in der Nase. Er holte tief Luft und machte sich innerlich für die Ermittlungsarbeit gefasst, die sich wohl lange hinziehen würde. Und wenn sie noch so unspektakulär war …
Steven blieb vor einem Schreibtisch stehen. Der Mann auf dem Stuhl dahinter tippte mit seinen dicken Zeigefingern konzentriert im Adler-Such-System auf einer uralten, mechanischen Schreibmaschine herum. Steven sah ihm eine Weile zu, erstaunt, eines dieser überholten Geräte noch in Betrieb zu sehen. Das Namensschild auf dem Schreibtisch des beleibten Mannes wies ihn als »Det. B. Jolley« aus. Jolley klang nett. Man konnte nur hoffen, dass er auch nett war.
»Detective Jolley?«
Jolley blickte von seiner Tätigkeit auf, die Augenbrauen finster zusammengezogen, was ihm einen abweisenden Gesichtsausdruck verlieh.
Er hält nicht
,
was sein Name verspricht,
dachte Steven
»Ja?«, knurrte Jolley mit tiefer grollender
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