Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit
zusammen. »Reiß dich zusammen, Dupinsky. Wie auch immer, dann rief seine Mutter an. Sie ist eine ganz reizende Frau.«
»Schön, schön. Aber woher weißt du, dass er durch den Unfall nicht … du weißt schon?«
Caroline verdrehte die Augen, holte tief Luft und stieß sie mit einem Seufzer wieder aus.
»Was du nicht sagst.« Dana legte sich die Hand aufs Herz. »Ganz ruhig, altes Mädchen.«
Caroline wurde wieder sachlich. »Morgen lerne ich sie alle kennen.«
»Wen?«
»Seine Familie!«
»Entschuldige, in Gedanken war ich immer noch bei ›du weißt schon‹.« Dana lachte leise über Carolines eisigen Blick. »Beruhige dich, Caroline. Du machst das schon. Alle werden dich mögen.« Sie legte einen Arm um Carolines Schultern und drückte sie leicht. »Aber bring sicherheitshalber Kuchen mit.«
Caroline lächelte nicht. Unwillkommene Zweifel überfielen sie, denn die Wirklichkeit war gewöhnlich gemein. »Ist es denn von Bedeutung, ob sie mich mögen, Dana? Ist es wirklich von Bedeutung, ob er der Richtige für mich ist?«
Danas freches Grinsen erlosch auf der Stelle. »Was redest du da?«
»Es kann nicht gut gehen.« Caroline befreite sich von Danas Arm und ging zur anderen Seite der Brücke. Dana folgte ihr mit zornigem Blick. »Ich weiß nicht, warum ich es überhaupt erst so weit habe kommen lassen.«
»Vielleicht, weil er eben der Richtige für dich ist.« Dana legte eine Hand auf Carolines Schulter.
Caroline schüttelte die tröstende Hand ab. »Zwei verdammte Papiere. Eine echte Heiratsurkunde und eine gefälschte Geburtsurkunde. Ich wollte, ich könnte beide verbrennen.«
»Dann tu’s.«
»Es würde nichts nützen!«
»Dann lass es sein.«
Caroline fuhr herum, die Hände in die Hüften gestemmt, kurz vorm Explodieren. »Auf wessen Seite stehst du eigentlich?«
Dana sah ihr in die Augen, und Carolines Wut verebbte sofort. »Auf deiner«, antwortete Dana nüchtern. »Ich bin seit jeher auf deiner Seite. Im Augenblick frage ich mich allerdings, auf wessen Seite du stehst.«
Caroline ließ die Schultern hängen. »Was soll ich nur tun, Dana?«
Dana verschränkte die Arme vor der Brust. »Willst du wirklich meinen Rat?«, fragte sie spitz.
»Ja, verdammt.« Doch Caroline lächelte und nahm damit ihren Worten die Spitze. »Ich bitte dich um deinen Rat.«
Dana seufzte. »Für dein neues Leben hast du alles riskiert, Caroline. Du hast es so sorgfältig geplant, bis in die kleinste Einzelheit. Du wolltest frei sein von einem Mann, der jeden Tag damit drohte, dich umzubringen, und es zweimal fast getan hätte.«
Caroline hob die Brauen. »Eher fünf- bis sechsmal.«
»Nach den ersten zwei Malen habe ich nicht mehr mitgezählt.«
»Man muss es wohl selbst erlebt haben.«
Dana lachte leise. »Mag sein.« Ihre Miene verhärtete sich. »Er hat versucht, dich umzubringen, als du Hilfe suchen wolltest. Kam es denn keinem Menschen in deiner Heimatstadt wenigstens ein bisschen seltsam vor, dass du am Tag, nachdem du eine einstweilige Verfügung gegen deinen Mann beantragt hast, die Treppe hinuntergestürzt bist?«
»Nein.«
»Sehr deutlich,
nein
. Natürlich,
nein
.
Nein
hieß es auch beim vorigen und beim vorvorigen Mal. Und weißt du was, Caroline?« Dana drohte Caroline mit dem Zeigefinger, aber die Wirkung verlor sich in ihrem Fausthandschuh. »Nächste Woche und nächstes Jahr wird es immer noch
nein
heißen. Wärst du geblieben, hätte er dich umgebracht, und dann – und nur dann – hätte die ganze Stadt Krokodilstränen geweint. Und du weißt, dass ich Recht habe.«
Caroline hob den Kopf, ihre Brauen schossen in die Höhe und senkten sich wieder. »Du hast Recht.«
»Klar habe ich Recht.« Dana sog scharf den Atem ein und verzog das Gesicht. Die kalte Luft schmerzte. »Ich habe immer Recht.«
»Du bist ein Dickkopf.«
»Aber ein Dickkopf, der
Recht
hat. Caro, hör mir zu. Hör auf dich selbst. Du hast versucht, den offiziellen Weg zu gehen. Du hast dich an die Behörde gewandt, aber man hat dich nicht angehört. Du kannst dich glücklich schätzen, dass du nach deinem letzten Sturz überhaupt noch in der Lage warst, zu fliehen. Wie lange warst du im Krankenhaus? Drei Monate? Da hast du Tom aber lange Zeit mit einem gewalttätigen Mann allein lassen müssen, nicht wahr?«
Caroline schauderte bei der Erinnerung an die schreckliche Angst, die sie jeden einzelnen Tag dieser drei Monate verfolgt hatte. Als sie hilflos da gelegen hatte, besessen von der Angst, was Rob ihrem kleinen
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