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Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit

Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit

Titel: Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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blutbefleckten Kittel lief neben der Trage her und hielt eine Infusionsflasche hoch. Dann verschwanden sie hinter den Schwingtüren. Eine schluchzende Frau stürzte händeringend auf die Tür zu.
    »Mrs Daltry, bitte!« Eine weitere Schwester in einem Kittel, der mit Teddybären bedruckt war, fasste die schluchzende Frau an den Oberarmen. »Sie können nicht hinein. Sie dürfen die Ärzte nicht bei ihrer Arbeit stören.«
    »Bitte«, weinte die Frau. »Sie ist doch meine Kleine.« Sie krümmte sich verzweifelt, und die Schwester legte tröstend den Arm um die Schultern der Frau. »Sie wird schreckliche Angst haben. Ich will nicht, dass sie Angst hat.«
    »Sie ist in den allerbesten Händen«, meinte die Schwester beschwichtigend. »Kommen Sie, ich suche Ihnen ein ruhiges Plätzchen, wo Sie sich ausruhen können. Sind Sie auch verletzt?«
    »Nein, nur Lindsey. Oh Gott, da war so viel Blut. Wie konnte sie so viel Blut verlieren?«
    »Schsch.« Die Schwester blieb neben einem unbequem aussehenden Stuhl stehen. »Setzen Sie sich und versuchen Sie, sich zu beruhigen. Soll ich irgendjemanden anrufen?«
    »Nein, ich habe niemanden.« Benommen ließ sich die Frau auf den Stuhl sinken. »Keinen einzigen Menschen«, flüsterte sie.
    Mit einem mitleidigen Blick ging die Schwester zurück zum Empfang und nahm ihren Platz wieder ein. Winters schaute sich nach beiden Seiten um, bevor er die Eingangshalle durchquerte und sich dem Empfangstresen näherte. Er räusperte sich, und die Schwester mit dem Teddybär-Kittel hob den Kopf.
    Sie war Mitte dreißig, und ihr dunkelbraunes Haar wies bereits graue Strähnen auf. Hätte sie zwanzig Pfund weniger auf den Rippen gehabt, wäre sie sogar recht hübsch gewesen. Ihr Name war Claire Burns, und sie hatte zehn Jahre lang auf der orthopädischen Station des Asheville General Hospital gearbeitet, bis sie vor vier Jahren versetzt worden war. Das hieß, dass sie in dem Sommer von Mary Graces Aufenthalt noch dort gewesen war. Sie war die sechste auf seiner Liste, die Randy Livermore, der begnadete junge Hacker, ihm besorgt hatte. Die ersten fünf Namen hatten nichts ergeben. Jetzt setzte er große Hoffnung in Schwester Burns. Sie war mit einem Steuerprüfer aus Hickory verheiratet, den sie vor fünf Jahren auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung kennen gelernt hatte. Sie hatte dort einen eigenen Stand gehabt und Küsse für einen Dollar verkauft. Der Steuerprüfer hatte an jenem Tag über hundert Dollar für den guten Zweck ausgegeben, was immer dieser gute Zweck auch gewesen sein mochte. Sie hatten eine Beziehung über die Entfernung hinweg geführt, und schließlich hatte er ihr einen Antrag gemacht, sie geheiratet und nach Hickory geholt. Sie wünschten sich ein Kind, doch ihre Bemühungen waren erfolglos geblieben, und so hatten sie sich um eine Adoption beworben. Das Ehepaar mähte regelmäßig seinen Rasen und ließ niemals die Mülltonnen auf der Straße stehen, wenn die Müllabfuhr gekommen war. Claire Burns hatte ausgesprochen mitteilsame Freundinnen, sowohl in Asheville als auch in Hickory. Winters bezweifelte, dass sie besonders erfreut sein würde, wenn sie wüsste, wie leicht es war, Informationen über sie einzuholen. Sie hob zur Begrüßung eine gezupfte Braue.
    »Ja, bitte? Kann ich etwas für Sie tun?« Winters lächelte und strich mit Daumen und Zeigefinger seinen Schnauzbart glatt. Er saß perfekt. Gut so. »Das hoffe ich. Ich suche eine gewisse Claire Gaffney.«
    Die Frau lächelte zerstreut. »Das bin ich. Oder vielmehr, das bin ich gewesen. Gaffney ist mein Mädchenname. Jetzt heiße ich Burns. Entschuldigen Sie bitte.« Sie erhob sich, beugte sich über den Tresen und blickte an Winters vorbei. Winters schaute sich um und sah, wie die Mutter des verletzten Mädchens aufstand und auf die Doppeltür des OP s zuging. Schwester Burns hatte bereits den Mund geöffnet, um sie zurückzuhalten, doch die Frau war ein paar Schritte vor der Tür stehen geblieben, hatte sich leise weinend die Arme um den Körper geschlungen und wiegte sich hin und her.
    »Tut mir Leid«, sagte Schwester Burns leise. »Ich hasse solche Fälle. Der Typ ist ohne einen Kratzer davongekommen, obwohl der Alkoholtest über zwei Promille ergeben hat.« Ihre Hand strich über das Revers ihres Teddy-Kittels. »Ich bin froh, dass sie ihn nicht hierher gebracht haben.«
    Er war oft genug als Erster am Schauplatz eines Unfalls in Folge von Alkoholeinwirkung gewesen und stimmte ihr daher vorbehaltlos zu. »Wird das

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