Eiskalt wie die Nacht: Thriller (Dicte Svendsen ermittelt) (German Edition)
würden. Diese Tage, an denen man sich zurückziehen und dennoch den Kontakt zur Außenwelt aufrechterhalten konnte, ohne dass einem jemand zu nahekam. Er streichelte Kaj am Kopf, als er von seiner Inspektion zurückkam.
»Braver Hund.«
Das hat alles mit Ramses und Stinger zu tun, dachte Peter. Jemand ist hier gewesen und hat wegen dieser beknackten Räubergeschichte nach Informationen gesucht. Es konnte kein Zufall sein, dass der Einbruch ausgerechnet jetzt passierte. Miriam hatte recht: Es hatte mit seiner Vergangenheit zu tun. Es hatte mit Horsens zu tun. Mit dem Teil seiner Geschichte, die er am liebsten hinter sich lassen wollte.
Plötzlich stand der Hund wieder auf und kurz darauf hörte er das Klacken seiner Pfoten auf der Treppe in den ersten Stock. Offensichtlich hatte er beschlossen, seine Inspektion oben fortzusetzen. Doch dann schlug er an und Peter schoss der Gedanke durch den Kopf, dass der Einbrecher noch im Haus war. Er sprang auf, griff zur Sicherheit nach dem Schürhaken und nahm zwei Stufen auf einmal.
Der Körper in der schwarzen Daunenjacke lag zusammengekrümmtauf Kajs Lammfellen. Die Lampe lag zerbrochen auf dem Boden.
»Felix, können Sie mich hören?«
Er rüttelte vorsichtig an ihrer Schulter. Sie wimmerte. Öffnete die Augen, schloss sie wieder. Öffnete sie erneut und starrte ihn an.
»Was ist passiert? Was machen Sie hier?«
Es gelang ihm, sie aufzusetzen, und er lehnte sie gegen das gelbe Sofa, das er damals zusammen mit dem Haus gekauft hatte. Ihre Nase blutete und ein Auge war geschwollen. Das Haar klebte ihr blutig am Kopf. Sie erschien ihm noch kleiner und noch dünner als in seiner Erinnerung und in ihrem Blick spiegelten sich Angst und Wut. Er nahm ein Taschentuch und wischte ihr das Blut von der Stirn. Dann hielt er seine rechte Hand hoch und verbarg seinen Daumen.
»Wie viele Finger sehen Sie?«
»Vier.«
»Ich rufe jetzt den Notarzt.«
»Nein, lassen Sie mich in Ruhe.«
Ihr Kopf sank auf die Brust, als hätte sie keine Kontrolle darüber. Er fing an zu schwitzen. Was, wenn sie jetzt hier sterben würde? Wie sollte er das der Polizei erklären?
»Helfen Sie mir«, wisperte sie. »Aufs Sofa.«
Er stützte sie, legte sie auf die Couch und stabilisierte ihren Kopf mit einem Kissen. Sie fuchtelte mit den Armen in der Luft. Und stöhnte.
»Ich will mich nur kurz ausruhen«, stieß sie hervor. »Keine Polizei. Keinen Not…«
Er ging nach unten, setzte Wasser auf und musste ein bisschen wühlen, bis er eine Tütensuppe gefunden hatte, die er in einer Schale anrührte. Er brachte ihr die Suppe, etwas Wasser, ein paar schmerzstillende Tabletten und eine Decke. Sie sah ihn abwehrend an, aber er ignorierte sie und stopfte ihrdie Tabletten in den Mund – eine nach der anderen und hielt ihren Kopf, damit sie Wasser trinken konnte. Er versuchte erfolglos, sie ein wenig mit Suppe zu füttern, aber sie kniff die Lippen zusammen wie ein störrisches Kind.
Sie schloss kurz die Augen. Als sich für einen winzigen Moment ihre Blicke trafen, hatte er den Eindruck, als öffnete sich die Pforte in ihre Seele und er wurde hineingesogen. Wieder fuchtelte sie mit den Armen und dabei bemerkte er ein paar Narben, die vom Handgelenk den Arm hinunterführten. Er wollte sie fragen, was sie in seinem Haus zu suchen gehabt hatte. Und vor allem: wer mit ihr dort gewesen war. Aber die Augen waren ihr erneut zugefallen. Sie war offenbar eingeschlafen.
Er sammelte Glassplitter auf, fand im Schuppen ein paar alte Bretter und nagelte sie an die Hintertür, um das Loch zu schließen. Danach begann er aufzuräumen. Er hatte schon einiges geschafft – die Bücherregale und ihr Inhalt standen wieder an ihrem Platz und die Schubladen und Schranktüren waren wieder geschlossen – als er ein Geräusch von oben hörte.
Er ging die Treppe hoch. Sie saß auf dem Sofa, trug noch die schwarze Daunenjacke und hatte mit Stiefeln an den Füßen geschlafen. Ihr Blick wirkte verschleiert und er fragte sich, ob sie vielleicht eine Psychose hatte und sich in einer ganz anderen Wirklichkeit befand als er. Sie könnte auch Drogen genommen haben, sah aber eigentlich nicht aus wie ein Junkie, sondern wie jemand, der vom Leben überfordert war.
»Ich muss nach Hause«, sagte sie.
»Nicht, bevor ich eine Erklärung bekommen habe.«
»Ich bin hier nicht eingebrochen«, murmelte sie. »Ich wollte nur sehen, wie du lebst. Wer du bist.« Das plötzliche Duzen überraschte ihn, aber er ging sofort darauf ein.
»Und wie
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