Eiskalt wie die Nacht: Thriller (Dicte Svendsen ermittelt) (German Edition)
herausfinden.«
»Wie geht es deinem Freund?«
Er berichtete von Stingers Zustand, erwähnte aber mit keinem Wort den Zwischenfall vor dem Krankenhaus. Aber kaum hatte er aufgelegt, drehten sich seine Gedanken im Kreis. Der Mord an Ramses, das tote Mädchen im Hafenbecken, der Überfall auf Stinger und dann diese Befreiungsaktion, die aus einem Hollywoodstreifen hätte stammen können, aber in Wahrheit am helllichten Tage vor dem Skejby Krankenhaus stattgefunden hatte. Was hatte das allesmiteinander zu tun? Eine innere Stimme riet ihm, er solle sich nicht länger damit beschäftigen, sondern sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern. Aber dann war da Stinger, der im Koma lag. Wer stand hinter dem Angriff? Und warum? Der Schlüssel dazu musste Ramses’ und Stingers Schatzsuche sein. Außerdem hatte Lily Klein Ramses gekannt.
Er hielt in der Brammersgade und klingelte. Eine mollige, grauhaarige Dame öffnete die Tür. Sie trug eine Schürze über einem geblümten Kleid, dazu einen Cardigan. Peter schätzte sie auf 70.
»Ich würde gerne Lily Klein sprechen.«
»Sie ist weggezogen. Das ist aber schon ein paar Monate her.«
»Wissen Sie wohin?«
Die Dame schüttelte den Kopf.
Peter setzte ein gewinnendes Lächeln auf, was ihm nicht besonders schwerfiel, denn die Frau wirkte sehr nett und hatte einen schelmischen Blick.
»Sie sind die Eigentümerin des Hauses, nehme ich an?«
Sie zog den Cardigan enger um sich, als Schutz gegen die Kälte.
»Kommen Sie doch bitte herein, es ist ja eiskalt draußen.«
»Ich bin hier geboren, das Haus ist seit Jahrzehnten im Familienbesitz«, erzählte sie und stieg die Treppe hoch.
Mit der Handfläche klopfte sie gegen die Wand. »Ach, wenn das Haus reden könnte, nicht wahr? Was würden wir für Geschichten zu hören bekommen. Dieses Haus hat so einiges erlebt, inklusive eines Weltkriegs. Das ist doch ein interessanter Gedanke, finden Sie nicht?«
»Ja, das ist spannend«, sagte Peter und meinte es auch tatsächlich so. Er hatte selbst oft darüber nachgedacht. Häuser. Die führten ein ganz eigenes Leben und die Mauern sogendie Geschehnisse in sich auf, die sich in ihrer Umgebung ereigneten.
Die Frau zeigte ein Stockwerk höher.
»Lily hat dort oben gewohnt. Unterm Dach. Das Zimmer habe ich bis jetzt noch nicht wieder vermietet.«
»Könnte ich es mir eventuell mal ansehen?«
Ein prüfender Blick.
»Sie sehen nicht gerade aus wie jemand, der ein Zimmer sucht. Sind Sie Privatdetektiv oder von der Polizei?«
Er lächelte.
»Wie kommen Sie denn darauf?«
»Nun, ich habe Ihren Freund in der Zeitung gesehen.«
»Na, Sie sollten selbst als Detektivin arbeiten«, sagte Peter. »Und Ramses hat mir gesagt, dass er hier etwas für mich hinterlegt hat.«
»Hier?«
Der prüfende Blick war skeptisch geworden, aber dann nahm sie einen Schlüssel vom Schlüsselbrett und ging vor ihm die Treppe zur Dachgeschosswohnung hoch. Das Zimmer mit Dachschrägen und blau gestreifter Tapete war spärlich eingerichtet.
»Sehen Sie ruhig nach! Niemand von denen hat hier etwas liegen lassen. Auch keine Nachrichten. Ich habe noch Post für sie angenommen. Was suchen Sie denn?«
Er entschied sich für die Wahrheit.
»In Wirklichkeit wollte ich mit Lily sprechen. Einer von Ramses’ Freunden ist nämlich zusammengeschlagen worden.«
Sie schauderte.
»Oh, überall nur Gewalt. Das will einfach kein Ende nehmen.«
Er strich sich über die Stelle an seinem Hals, wo die Boxernase ihn gewürgt hatte, und musste an die Tritte und Schläge denken, die er selbst ausgeteilt hatte.
»Wie war sie denn so?«, fragte er und sah sich aufmerksam im Zimmer um.
»Lily? Aus der konnte man nicht schlau werden. Cleveres Mädchen, schnelle Zunge. Hübsch war sie auch. Und hilfsbereit. Aber warum sie sich mit diesen Leuten umgab, das weiß nur der liebe Gott.«
»Waren hier denn auch andere, außer Ramses?« Er kniete vor dem Bett und untersuchte den Boden. Ganz hinten an der Wand sah er einen kleinen, glänzenden Gegenstand.
»Ein paar Freundinnen. So ähnlich wie Lily, schlagfertig und mit Ringen in Nase, Mund und Augenbrauen.«
Peter streckte den Arm aus, aber es reichte nicht. Da stand er auf und schob kurzerhand das Bett zur Seite. Tatsächlich lag da ein Gegenstand. Er nahm ihn an sich und hielt ihn hoch.
»Ah, den hat sie also hier liegen lassen? Na, deswegen wird sie nicht extra vorbeikommen.«
Es war ein kleiner silberner Ohrring in Form einer Blume. Eine stilisierte Lilie.
»Behalten Sie
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