Eiskalt wie die Nacht: Thriller (Dicte Svendsen ermittelt) (German Edition)
Nicht nur die Zeit in Horsens. Das Kinderheim Titan. Die sadistischen Bestrafungen dort. Ein Mädchen namens My.«
Mark Bille hob den Blick. »Erzählen Sie mir von ihr.«
Peter sah aus dem Fenster hinunter auf den schneebedeckten Parkplatz. Plötzlich hatte er das unbändige Bedürfnis nach frischer Luft.
»Sie hat nichts mit der Sache hier zu tun.«
»Das entscheide ich.« Er blätterte in den Unterlagen. »Autistisches Mädchen, 26 Jahre alt, ermordet worden. Man fand sie erhängt, an einem Baum. Sie verband eine enge Freundschaft, richtig? Und Sie haben ihren Hund in Obhut genommen, als sie starb.«
»Und was hat das hiermit zu tun?«
Mark legte die Papiere beiseite.
»Ich frage mich nur, wie sehr Sie in die jüngsten Ereignisse involviert sind. Ramses? Die Frau im Hafenbecken? Ich möchte wissen, ob Sie Ihre Finger da mit im Spiel haben?«
»Und jetzt das da«, sagte er und deutete auf das Handy. »Es tauchen die ganze Zeit neue Details über Sie auf, Peter Boutrup. Was bitte ist damals vor Ihrem Haus tatsächlich geschehen, an dem Tag, als Hans Martin Krøll erschossen wurde? Sie wurden wegen Totschlags verurteilt, aber was ist wirklich passiert?«
Peter versuchte so neutral wie möglich zu wirken, aber innerlich kochte er.
»Meiner Ansicht nach geben die Berichte nicht die ganze Wahrheit wieder. Sie haben wichtige Informationen zurückgehalten. Das tun Sie auch jetzt. Stimmt’s?«
Am liebsten wäre Peter aufgestanden und gegangen, aber das war unmöglich. Er versuchte vernünftig zu bleiben. Es musste etwas Neues in dem Fall geben, dass Mark Bille Blut gerochen hatte.
Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. Als hätte Mark Bille seine Gedanken gelesen, sagte er:
»Die Leiche aus dem Hafenbecken ist nicht Nina Bjerre.«
»Und wer ist sie dann?«
»Sie ist noch nicht identifiziert worden. Es besteht aber trotzdem die Möglichkeit, dass es eine Verbindung zwischen ihr und diesem Ramses Bilal gab. Nina Bjerre war ein unbeschriebenes Blatt, sie wohnte noch bei ihren Eltern, ging aufs Gymnasium. Und es gibt keine nachgewiesenen Kontakte zu kriminellen oder verdächtigen Personenkreisen. Sie war ein Mustermädchen: hübsch, fleißig und intelligent.«
Er drehte die Handflächen nach oben. »Jetzt aber sieht der Fall wieder ganz anders aus. Wir haben es mit einem geheimnisvollentoten Mädchen und einem toten Ramses zu tun. Auf einmal erscheint uns eine Verbindung zwischen diesen beiden Toten viel wahrscheinlicher. Und wenn das der Fall sein sollte, dann könnte es doch sein, dass Sie auch diese Frau kennen? Da Sie auch mit Ramses befreundet waren.«
Peter schluckte. Er hoffte inständig, dass dem nicht so sei.
»Dann zeigen Sie sie mir.«
Mark Bille stand auf.
»Einen Augenblick.«
Er verschwand im Flur. Peter wartete. Kurz darauf tauchte Bille wieder auf und forderte ihn auf, mitzukommen. Er folgte ihm eine Etage höher, am Ende des Ganges hörte er Stimmen. In einem großen, hell erleuchteten Raum hatten die Ermittler ihr Hauptquartier aufgeschlagen. Sie waren zu siebt, jeder hatte einen eigenen Schreibtisch, ausgestattet mit Computern und Telefonanlagen. Am Ende des Raumes hatten sie mobile weiße Tafeln zusammengeschoben, die den Raum wie ein Klassenzimmer aussehen ließen. Der Oberlehrer hatte mit einem blauen Stift mehrere Wörter an die Tafeln geschrieben. Pfeile kennzeichneten Verbindungen, daneben klebten Fotos, die mit Magneten an den Tafeln befestigt worden waren. Zusammen ergab das Ganze ein ausgeklügeltes Muster, das unter Umständen einen, vielleicht aber auch keinen Sinn ergab.
Die Polizistin, die er am Strand gesehen hatte, kam auf ihn zu und schüttelte ihm die Hand. Sie trug eine Jeans und eine graue Seidenbluse. Sie hatte gleichzeitig eine maskuline und feminine Ausstrahlung mit ihren markanten Gesichtszügen und dem weichen Hüftschwung.
»Anna Bagger. Wir sind uns schon begegnet.«
Peter nickte nur. Seine Aufmerksamkeit wurde magisch von den Fotos an den Tafeln angezogen. Sie schienen so weit wie am Anfang der Ermittlungen zu sein, dachte er, sonstwürden sie einen Außenstehenden niemals Einsicht in ihre Arbeit nehmen lassen.
Anna Bagger zeigte auf die Stelle an der Tafel, wo sich die Aufnahmen der Toten befanden. Die Tote lag auf einer stählernen Bahre. Es gab Fotos von einzelnen Körperteilen, aber auch Ganzkörperaufnahmen. Ihr Gesicht fehlte.
»Die kann man doch gar nicht wiedererkennen«, sagte er.
Anna Bagger zeigte auf eine der Nahaufnahmen.
»Sehen
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