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Eiskalte Angst

Eiskalte Angst

Titel: Eiskalte Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
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Schnee zu trotzen. Sie würde den Wagen in den Griff bekommen, würde rechts heranfahren und für einige Minuten den Kopf auf das Lenkrad legen, nur durchatmen und ausruhen.
    Dann überstürzten sich die Ereignisse.
    Wie eine gigantische Flipperkugel wurde das Fahrzeug zurück auf die Straße und von einer Seite zur anderen geschleudert. Es drehte sich, prallte hin und her, stellte sich quer und rutschte wie ein Schlitten auf Rädern die steile Straße hinunter, an deren Ende sich eine Kurve befand.
    Irgendwie schafften Aprils Finger es, den Hebel der Tür zu umklammern. Nur raus aus diesem Geschoss, und zwar sofort.
    Sie drückte ihr Gesicht an die Seitenscheibe. Ihre aufgerissenen Augen spiegelten sich im Glas und sahen, was sie nicht sehen wollte.
    Unten in der Kurve stand ein Baum mit einem mächtigen Stamm. Auf diesen rutschte sie in atemberaubender Geschwindigkeit zu.
    »Dreh’ dich, verfluchtes Auto!«, kreischte April ihre Angst hinaus. Diesmal tat ihr der Ford diesen Gefallen nicht, sondern hielt wie ferngesteuert auf das Ziel zu.
    April rüttelte an der Tür. Wenn es ihr nicht innerhalb der nächsten zwei Sekunden gelang, diesem Gefängnis zu entkommen, würde sie gegen den Stamm krachen. Die Tür bewegte sich nicht, war verriegelt. Na klar, das ging automatisch.
    Impulsiv verschränkte sie ihre Arme über den Hinterkopf, zog ihre Beine hinter das Lenkrad hoch, kugelte sich Schutz suchend ein und wartete auf das Unvermeidbare.
    Bilder aus längst vergangenen Zeiten drängten sich in April empor.
    Peter, dieses Arschloch, der sie betrogen hatte.
    Ihre Mutter, die an Krebs gestorben war.
    Ihr Vater, der seine Finger nicht bei sich behalten konnte und es stets mit viel Jüngeren versuchte.
    Und erneut Peter.
    Seine traurigen Augen, als er seine Koffer packte.
    Und ihre Tränen, nachdem sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte.
    Die Zeit stand still.
    Sie vernahm von weit her das Jammern von sich verziehendem Blech, ein Geräusch, das an das Weinen eines Kindes erinnerte – oder war es ihr eigenes Jammern? - zischend barst die Verbundglasscheibe und es regnete Glas, heulend verbogen sich Achsen und Stahlrohr, Schrauben und Halterungen sprangen kreischend aus ihren Verankerungen, und es war, als hämmere jemand von außen auf den Wagen ein wie ein rachsüchtiger Gott, der Einlass begehrt. Einer, der verletzen und töten will.
    Es war das Grauen.
    Sie würde sterben.
    Dann kamen die Schmerzen. April wurde wie von einer Gigantenfaust in den Fußraum gepresst, ihre Beine streckten und bogen sich in unnatürliche Winkel, ihre Sehnen rissen und ein höllisches Brennen von ihrem Nacken ausgehend, erstreckte sich über ihren Rücken.
    Plötzlich wurde sie wie ein Ball aus dem Wagen geschleudert, kullerte durch nassen Schnee und prallte gegen einen Stein. Kälte fächerte über ihre Haut und dann war es seltsam still. Ganz still.
     
     

4
     
     
    Der Atem des Mannes bildete fette weiße Wolken in der Kälte. Er lehnte schwer atmend an einem Baumstamm, legte seinen Kopf in den Nacken und stöhnte angestrengt. Langsam ging er in die Knie, kauerte im Schnee und lugte um den Baum herum. Vor ihm war alles dunkel.
    Der Mann lauschte. Irgendwo dort zwischen Bäumen und Sträuchern waren Stimmen zu vernehmen und Äste, die unter Schuhsohlen barsten. Jedes Geräusch wirkte vielfach verstärkt.
    Er nickte still.
    Das waren sie.
    Und er musste ihnen entkommen.
    Langsam beruhigte sich sein Atem. Gebückt sprang der Mann voran und suchte Schutz hinter Baumstämmen. Mit der Gewissheit, dass ihm der Schnee hilfreich sein konnte, blickte er über seine Schulter hinweg in den Wald hinein. Seine Verfolger waren dunkel bekleidet, wodurch sie sofort auffallen würden. Allerdings war es umgekehrt ebenso.
    Dort waren Fußspuren im Schnee. Selbstverständlich! Die beiden Verfolger würden seinen Fußspuren folgen.
    Er spitzte seine Ohren und bemühte sich, seinen Atem zu kontrollieren. Er hatte in den letzten vierundzwanzig Stunden mehrfach bewiesen, dass er klüger war als seine Verfolger. Bisher hatte er ihnen entkommen.
    Aber sie waren zäh.
    Er kniff seine Augen zusammen. Irgendwo musste es einen Ausweg geben. Er konnte es auf eine Konfrontation nicht ankommen lassen. Noch nicht!
    Vorsichtig ging er einige Meter weiter in den Wald hinein, blieb bewegungslos stehen und lauschte. Wie in Zeitlupe tastete er sich Schritt für Schritt rückwärts gehend den Weg zurück, wobei achtete er genau darauf, seine Füße in die alten

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