Eiskalte Angst
erinnerten. Es sah vielmehr aus, als wäre ein Fleischmarkt veranstaltet worden, nach dem die Stadtreinigung einiges zu tun hatte und die Hunde sich rauften.
Die zwei Vampire dachten nicht daran, zu fliehen. Immer wieder sahen sie zu dem Sarg, vermutlich waren sie die Wache für Morgos Daargon .
»Haut ab oder ihr werdet sterben wie eure Brüder«, sagte Caroline.
Sie zitterte am ganzen Körper, ihre Nerven waren bis aufs Äußerste gespannt.
Ein Fehler!
Das war ein Fehler!
Verschone nie im Kampf einen Vampir, denn er wird sich an dich erinnern und Rache üben!, hörte sie Frederics Stimme und als hätte ihr Liebster ihre Gedanken gelesen, war er bei ihr und sein Kurzschwert surrte durch die von Gewalt geschwängerte Luft.
Die wachenden Vampire waren schnell wie der Wind. Sie wichen Frederics Waffe aus und teilten sich auf. Einer von links, der andere von rechts, rasten sie auf ihn zu, wobei sich ihre Schädel in die Länge zogen und ihre Raubtiergebisse bereit waren, die Mörder ihrer Kameraden in Fetzen zu reißen.
Hinter einigen Fenstern wurde es hell und Gesichter drückten sich an die rußigen Scheiben. Die Erwachten würden Schatten sehen, die miteinander rangen und nicht begreifen, was auf dem Platz vor sich ging. Sie würden den Wagen sehen und darauf den Sarg und ein Kreuz schlagen. Sie würden sich abwenden und beten oder hoffen, aus diesem seltsam realen Albtraum zu erwachen.
Frederic klebte wie eine Fledermaus unter dem Dachfirst eines Backsteinhauses, ließ sich fallen und verschoss seine letzte Kugel. Sie riss einen der Angreifer von den Beinen, während der andere mit einem immensen Sprung bei Frederic war, der sich nur mit Mühe aus der Reichweite rasiermesserscharfer Klauen brachte.
Caroline griff in ihren Gürtel. Es war Zeit, den Wurfstern, eine sternförmige metallene Scheibe mit scharf geschliffenen Rändern und Spitzen, einzusetzen. Sie hatte zwei davon. Katzengleich huschte sie hinter den Vampir, der Frederic angriff und warf. Die Scheibe durchschnitt die Nacht und traf genau. Sie ragte aus dem Hinterkopf des Vampirs, der aufbrüllte und zu zucken anfing, als sei er unter Strom gesetzt worden, während Frederic ohne zu zögern nachsetzte und den Verletzten köpfte.
»Der Sarg!«, rief jemand. Ludwig tauchte wieder auf, Madame DeSoussa hinter ihm. Die Voodoopriesterin und der alte Butler liefen zu dem Karren und hakten die Griffe unter ihre Achseln. Sie stemmten sich wie Gäule gegen das Gewicht und tatsächlich bewegten sich die Räder.
Caroline, die ihren Wurfstern abwischte und Frederic, der sein Kurzschwert und die Pistole einsteckte, gingen zu ihnen, drückten von hinten, und als sie mit dem Sarg zwischen sich in eine der Seitengassen eintauchten, wallten Nebel über dem Platz und die Reste der getöteten Vampire zersetzten sich und sickerten in die Ritzen des Kopfsteinpflasters, auf dem Weg in die Hölle.
2
Asburyhouse lag ruhig und still da, während sich die Sonne über die kahlen Bäume schob.
Frederic Densmore, ehemaliger Anwalt und Gatte der Millionenerbin Caroline Asbury-Bailey , nahm einen Drink, ein Glas mit dem schweren Blut eines Wildschweins.
Caroline trank Schweppes und Ludwig einen Whiskey. Madame DeSoussa hockte auf einem Fußschemel aus Leder.
Frederic stellte das Glas ab und Madame DeSoussa zog die Brauen hoch. Es wirkte grausig, wenn der schöne Mann sich die Lippen ableckte. Für sie war und blieb Frederic ein Unhold und es hatte eine Weile gedauert, bis sie begriffen hatte, wie sehr der Vampir sich gegen den letzten Schritt wehrte, der ihn endgültig auf die dunkle Seite ziehen würde. Außerdem war sie von seiner Liebe zu Caroline fasziniert – und ein bisschen auch von dem, was ihr selbst gelungen war, nämlich die junge Frau aus dem Reich der Geister in die Welt der Lebenden zu holen.
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