Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eiskalte Angst

Eiskalte Angst

Titel: Eiskalte Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
Vom Netzwerk:
siebzig Jahre schon überschritten haben und sah aus wie hundertzehn. Er ließ sich von ihr die paar Schritte zum Unfallort führen.
    Er glotzte auf das Auto und sein runzeliges Gesicht wurde schlaff. Er plapperte Swyzerdeutsch vor sich hin, starrte April mit großen Augen an, als sehe er einen Geist vor sich und endlich schien er zu begreifen. »Die Schmier «, nickte er wie eine uralte Spielzeugpuppe. Er rief mit seinem Seniorenhandy die Polizei und nahm April nach Grindelwald mit. Während der ganzen Fahrt sabbelte er vor sich, schüttelte seinen Kopf und musterte April verstohlen aus den Augenwinkeln.
    In Grindelwald angekommen meisterte April die Formalitäten. Der verantwortliche Dorfpolizist war ebenso wie Aprils Fahrer ein alter Mann.
    Aprils Fahrer gestikulierte. Er schien dem Polizisten etwas erklären zu wollen. Schweiß lief ihm über das Gesicht. Er machte eine runde Bewegung mit den Händen.
    Er erklärt, dass der Wagen sich um den Baum gewickelt hat!, dachte April. Die beiden müssen mich für einen Geist halten.
    Sie begutachtete sich von oben bis unten. Nirgendwo an ihr klebte Blut. Sie sah aus, als habe sie lediglich für die Jahreszeit ungünstig bekleidet einen ausgiebigen Spaziergang bei Schneefall unternommen.
    Der Dorfpolizist schickte einen jungen Mitarbeiter los und erklärte, man werde sich morgen, wenn der Schneefall etwas nachgelassen habe, um das Wrack kümmern. Offenbar ging es über sein Begriffsvermögen, dass April sein Angebot, sie ins Krankenhaus zu fahren, ablehnte, denn als er meinte, sie schaue nicht hin, tippte er sich an die Stirn und schüttelte den Kopf.
    April benutzte das Polizeitelefon, da ihr eigenes Handy bei dem Unfall zerstört worden war und informierte die Mietwagenfirma. Man erklärte ihr dort, der Wagen sei ausreichend versichert, sodass auf April keine rechtlichen Probleme zukämen. Die junge Dame am Telefon bot ihr sogar einen Ersatzwagen an.
    April unterschrieb einen hastig getippten Bericht, hinterließ ihre Hoteladresse und verließ das Polizeigebäude. Der Alte lief vor ihr her und zog die Tür auf. »Bye, bye ...!«, rief er ihr nach, offenbar die einzigen englischen Worte, die er kannte.
    April drehte sich um und lächelte ihn freundlich an. »Danke, guter Herr«, sagte sie auf Deutsch.
    Hinter ihr fiel die Schwingtür ins Schloss. Es war gegen 21 Uhr. Die Leuchtreklamen der Hotels, Pensionen und einiger Geschäfte, die noch immer geöffnet hatten, zauberten eine heimelige Stimmung auf den Schnee.
    Wenige Minuten später fuhr April mit dem Hotelfahrstuhl in ihr Zimmer hoch, schloss die Tür hinter sich und lehnte mit dem Rücken daran. Sie tastete über ihre Wangen. Ihre Haut fühlte sich ... heiß an. Sie kochte regelrecht. Dabei hatte sie sonst kein weiteres Fiebersymptom, weder Gliederschmerzen noch Halluzinationen. Trotzdem hätte sie gewettet, dass ihre Körpertemperatur über 40 Grad betrug.
    Sie stieß sich mit dem Rücken von der Tür ab, schaltete die kleine Tischlampe an und schlüpfte aus ihrem Pullover.
    Kurze Zeit später im Badezimmer prasselte heißes Wasser auf ihre Schultern. Wie gut das tat, wie wohltuend das war, ähnlich dem Gefühl, welches sie empfunden hatte, als dieser Mann ...
    dieser Heiler!
    ... seine Hand auf ihre Stirn gelegt hatte. Gefühle duftender Süße und heimeliger Wohltat hatten sie durchströmt. Später, als sie sich ihre Haare trocken rubbelte, überprüfte sie das weiße Hotelhandtuch auf Blutspuren. Sie fand keinen Fleck, nichts - ihr Körper war absolut unversehrt. Im Gegenteil - es schien, als sei sie mit Energie nur so geladen!
    Sie bestellte sich per Telefon Mineralwasser, zwei Hamburger und ein Fieberthermometer. Fünf Minuten später klopfte es an der Tür, der Page lieferte, nahm sein Trinkgeld entgegen und verschwand lautlos.
    April genoss das Mineralwasser. Sie würde später essen. Erst einmal wollte sie ihre Neugier stillen. Sie schob sich das Digitalthermometer unter die Achsel und wartete. Dreißig Sekunden später hielt April die Anzeige gegen das milde Licht der Tischlampe.
    Sie traute ihren Augen nicht, blinzelt, schüttelte das schmale weiße Plastikinstrument und schaute wiederholt darauf, ohne dass sich irgendetwas verändert hatte: Es zeigte mehr als 110 Grad Fahrenheit. 45 Grad Körpertemperatur.
    Erst der Unfall, dann dies hier.
    Es war unheimlich.
     
     

7
     
     
    April hatte sich zur Gegenprüfung noch ein weiteres Thermometer auf das Zimmer bringen lassen, aber das Ergebnis änderte sich

Weitere Kostenlose Bücher