Eiskalte Hand (Die Chroniken von Mondoria) (German Edition)
Piraten gingen ins Leere. Erschrocken bremsten sie ab, um nicht in die Waffen ihrer Kumpanen zu laufen. Der Anführer stand mit weit aufgerissenem Mund vor Mia und starrte sie ungläubig an. „Überraschung!“, rief sie ihm laut und nicht ohne Häme entgegen. Dann stürzte sie sich mit ihrem Schwert in der Hand auf den Mann. Ohne die geringste Chance riss er noch seinen Säbel hoch. Doch Mias Klinge fand ihren Weg und bohrte sich durch sein Auge direkt in sein Gehirn, um am Hinterkopf wieder auszutreten. Blut und Gehirnmasse spritzten durch die Luft. Mit einem schmatzenden Geräusch riss sie die Waffe wieder aus dem Kopf heraus und wirbelte herum. Wie ein hungriger Dämon leckte sie sich über die Lippen. Sie schmeckten salzig. „Na, wer will jetzt?“, rief sie in die Runde.
Unschlüssig schauten die Piraten sich gegenseitig an. Keiner wollte die Initiative ergreifen und sich unnötig selbst in Gefahr begeben. Die Sekunden verstrichen. „Na, wenn das so ist.“, meinte Mia schließlich und machte einen Schritt auf die Bande zu. Ein kleiner Schritt für Mia, aber ein Schritt zu viel für die Piraten. Voller Panik drehten sie sich um und ergriffen die Flucht. Einfach nur weg! Mia schaute ihnen kurz hinterher. Dann packte es sie. Jegliches Mitleid und Erbarmen war verschwunden. Es gab nur noch Lust: Lust zu töten. Mit geübtem Handgriff fischte sie zwei Wurfsterne aus ihrem Gürtel und schleuderte sie den fliehenden Ganoven hinterher. Die Sterne trafen unbeirrbar ihr Ziel. Zwei Piraten wurden getroffen, erstarrten im Lauf und krachten dann unsanft auf den Boden. Noch im gleichen Moment setzte sie sich in Bewegung. Wie eine Raubkatze auf Jagd verkürzte sie innerhalb weniger Sekunden den Abstand zu ihrer Beute. Ein paar Schritte noch. Ein kräftiger Satz. Dann befand sie sich mitten unter ihnen. Mit Schwert und Messer wirbelte sie durch ihre Reihen, bis die blutigen Kadaver der vier verbliebenen Piraten regungslos am Boden lagen. Verächtlich blickte sie auf die Leichen herab und spuckte aus. Ihre Augen funkelten böse. Ganz allmählich kehrte nun ihr Bewusstsein zurück. Es fröstelte sie. Für einen kurzen Augenblick hatte sie Angst vor sich selbst. Angst vor dem, was da in ihr steckte.
Ohne den Bauernhof und die nun langsam zurückkehrenden Bauern eines weiteren Blickes zu würdigen, kletterte sie den Hügel wieder empor. „Alles in Ordnung.“, rief sie Doran Zi kurz darauf zu. Und während sie auf ihr Pferd stieg, fügte sie noch hinzu: „Keine besonderen Vorkommnisse.“
Kapitel 48
Der Vorfall mit den Piraten beschäftigte Mia für den Rest des Tages und auch noch die folgende Nacht hindurch. Es fiel ihr schwer, zur Ruhe zu kommen und in den Schlaf zu finden. Wieder war es passiert. Sie hatte die Kontrolle über sich selbst verloren. Ein Teil von ihr hatte die Herrschaft übernommen und sie in eine reißende Bestie verwandelt – ohne dass sie sich dagegen hätte wehren können. Und was am Schlimmsten war: Es hatte ihr gefallen. Sie genoss es regelrecht, die Piraten niederzumetzeln. Das Gefühl der Macht und der Überlegenheit. Sie gab den Ton an. Sie alleine. Doch jetzt kam die Reue. ‚Was ist das da in mir?‘, fragte Mia sich ein um das andere Mal. ‚Was lässt mich solche Dinge tun?‘ Aber eine brauchbare Antwort konnte sie beim besten Willen nicht finden. Statt dessen nur noch mehr Fragen, vor allem die eine: ‚Wann wird es wieder geschehen?‘
Am Morgen wachte sie gerädert auf. Alles schmerzte. Fast als hätte sie zu viel Reiswein getrunken. Doran Zi stand schon bei den Pferden und verstaute seine Decke. „Guten Morgen!, rief er ihr fröhlich zu, „Gut geschlafen?“ Sie grummelte irgendetwas Unverständliches, doch der alte Mann ging nicht weiter darauf ein. „In ein paar Stunden dürften wir unser Ziel erreichen.“, versuchte er ein anderes Thema anzuschneiden. Doch auch hiermit hatte er wenig Erfolg. Mia brachte so etwas wie „Schön.“ über ihre Lippen. Allerdings war sich Doran Zi da auch nicht so ganz sicher. Also stieg er auf sein Pferd und wartete, bis die junge Frau ebenfalls im Sattel saß. Dann ritten sie eine Weile schweigend nebeneinander her.
Zwei Stunden später erreichten sie ein Waldstück. Doran Zi zügelte sein Pferd und holte die Karte aus der Satteltasche. „Das Anwesen müsste in diesem Wald liegen.“, sagte er nach einem intensiven Blick. Mia nickte nur. Das deckte sich mit ihren Berechnungen. „Dann mal los!“, rief sie ihrem
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