Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
es ihr.
»Ja, das kann man wirklich sagen«, meinte Holtz.
Pia Levin schwang sich auf die Ladefläche. Holtz folgte ihr etwas weniger behände.
»Ich vermute, du hast noch keine nähere Untersuchung vorgenommen?«, sagte sie.
»Nein. Ich habe nichts angefasst, ich habe mich nur umgesehen, abgesperrt und nachgedacht. Und auf dich gewartet.« Er trat auf den Toten zu, fasste ihn vorsichtig am Kinn und hob seinen Kopf.
»Unglaublich«, sagte er zu Levin, die mit erhobenem Fotoapparat ein paar Schritte hinter ihm stand.
»Was gibt es dort?«
»Komm näher, dann siehst du es auch.«
Sie ließ die Kamera los, die an einem Riemen um ihren Hals hing, und stellte sich neben Holtz.
»Was ist das?«
»Ich glaube, ein Pfeil.«
»Ein Pfeil? Was für ein Pfeil?«
Ungefähr fünf Zentimeter des vermuteten Pfeils ragten unter Styrbjörn Midvinters Kinn vor. Vier kleine und sorgfältig gestutzte Steuerfedern aus irgendeinem Plastikmaterial waren symmetrisch an dem sichtbaren Teil des Pfeils befestigt. Dieser schien aus Glasfiber oder möglicherweise aus Kohlefaser zu bestehen. Holtz ließ den Kopf des Toten vorsichtig wieder los.
»Jedenfalls handelt es sich nicht um einen Pfeil zum Bogenschießen, solche Pfeile sind länger«, meinte Holtz, nachdem er überprüft hatte, ob der Pfeil auf der anderen Seite der Pressholzplatte herausragte. Das war nicht der Fall.
»Ein Blasrohr?«, schlug Levin vor.
»Nein, das glaube ich nicht. Vielleicht eine Armbrust.«
Sie bat ihn, den Kopf des Toten noch einmal anzuheben, um Aufnahmen des Pfeils machen zu können.
»Du weißt, was das bedeutet?«, fragte er, als sie fertig zu sein schien, und er den Kopf vorsichtig ein weiteres Mal sinken ließ.
»Hm … das hier ist wohl nicht der primäre Tatort«, erwiderte sie und seufzte tief.
Sie suchten nach Fingerabdrücken auf dem Pfeil, fanden jedoch keine. Dann untersuchten sie die Leiche eingehender und fotografierten anschließend alles auf der Ladefläche, was ihr Interesse auf sich zog. Dann bat Holtz Levin darum, den Gerichtsmediziner und die beiden Assistenten herbeizurufen.
Während sie auf die anderen warteten, standen die beiden Kollegen nebeneinander auf der Ladefläche, die Hände tief in den Taschen vergraben. Sie schauten über den in Flutlicht getauchten Fußballplatz.
»Ich frage mich, warum nicht alle brennen«, sagte Holtz.
»Was meinst du?«
»Ich frage mich, warum nicht alle Lampen eingeschaltet sind. Wie die da hinten zum Beispiel.« Er nickte zu einer Ecke des Platzes hinüber.
»Keine Ahnung. Vielleicht um Energie zu sparen?«
»Vielleicht«, erwiderte Holtz. Der Gerichtsmediziner, den Holtz nur flüchtig kannte, führte eine vorläufige Untersuchung durch. Ehe die Leiche in die Gerichtsmedizin gebracht werden konnte, musste mit ziemlicher Mühe der Pfeil aus dem Hals von Styrbjörn Midvinter entfernt werden. Er saß so fest in der Spanplatte, dass man einen der größeren Polizisten vor der Absperrung zu Hilfe rufen musste. Weder Levin noch Holtz war es trotz wiederholter Versuche gelungen, den Pfeil herauszuziehen. Der Gerichtsmediziner hatte es gar nicht erst versucht. Er hatte darauf hingewiesen, dass das nicht zu seinen Aufgaben gehöre.
Die beiden Assistenten machten sich an die mühsame Aufgabe, eine Skizze des Tatorts anzufertigen und alles mit Fotos, Videosequenzen und Messpunkten zu dokumentieren. Sie stellten gelbe, nummerierte Plastikschilder auf, um sich später besser auf dem Bildmaterial orientieren zu können. Nachdem sie ihre Arbeit begonnen hatten, begaben sich Holtz und Levin zusammen mit Ellen Brandt zu Levins erkennungsdienstlichem Fahrzeug, um durchzugehen, was sich bislang ergeben hatte. In dem umgebauten Lieferwagen war es eng, und Brandt musste auf einer der unzähligen Boxen im Laderaum des Spezialfahrzeugs Platz nehmen. Levin setzte sich auf den einzigen halbwegs bequemen Sitz vor dem winzigen Schreibtisch neben dem Fahrersitz. Holtz ließ sich ebenfalls auf eine Packkiste nieder. Der Motor lief, damit der Wagen nicht auskühlte.
Auf dem Weg dorthin hatten sie sich jeder einen Becher Kaffee und einige Käsebrötchen erbettelt. Ulf Holtz hatte nach Tee gefragt, aber nur eine ungnädige Antwort erhalten. Er hielt den Becher in beiden Händen und spürte, wie diese langsam wieder warm wurden.
»Pia, du hast hier nicht zufällig noch irgendwo Tee?«
Pia Levin sah ihn verärgert an.
»Verdammt nochmal. Kannst du nicht Kaffee trinken wie alle anderen auch? Nein, ich habe keinen
Weitere Kostenlose Bücher