Eiskalte Versuche
sind wir reich!“
„Bald sind wir tot“, stöhnte Paulo.
„Wann bekommen wir unser Geld?“ fragte Francesco.
Antonio lächelte. Seine Zähne glänzten hell im Mondlicht.
„Wir nehmen die linke Straßengabelung und folgen dem Pfad, der hoch zu Grimaldis Wiese führt. Dort wartet er auf uns.“
„Wer ist er?“ wollte Francesco wissen.
Antonio zuckte mit den Achseln. „Seinen Namen kenne ich auch nicht … ich weiß nur, dass er für die gelieferte Ware gut bezahlt.“
„Wie viel?“ fragte Francesco.
Antonio lächelte. „Jeder von uns bekommt fünftausend amerikanische Dollar.“
Die Summe war gewaltig für Männer, die keinen Beruf erlernt hatten und von gelegentlichen Betrügereien und Diebstählen lebten. Trotzdem war Francesco noch immer besorgt.
„Hast du schon mal Geschäfte mit ihm gemacht?“
Antonio zögerte. „Nein. Aber ich weiß Bescheid. Er trägt teure Anzüge und hat manikürte Fingernägel. Jemand wie er hat Lügen nicht nötig.“
Paulo schnaubte verhalten. Er war sicher, am Ende seines Lebens angelangt zu sein. Auch sauber gewaschene und gut gekleidete Männer konnten kaltblütige Mörder sein. Er behielt seine Gedanken für sich. Wäre er nicht überzeugt gewesen, dass ihn das Schicksal überall einholte, wohin er auch ging, hätte er sich in diesem Augenblick aus dem Staub gemacht. Aber er wollte nicht allein sterben und folgte den beiden anderen den steilen Pfad zum Treffpunkt.
Auf der Wiese angekommen, blieb ihnen keine Zeit, zu Atem zu kommen. Hinter einem Felsen trat ein Mann hervor. Paulo erschrak, schnappte nach Luft und stolperte. Francesco blieb starr stehen. Antonio schwankte gegen ihn.
„Hast du das Zeug?“ fragte der Unbekannte.
Antonio hob ihm lächelnd den Sack entgegen. „Unseren Teil der Abmachung haben wir erfüllt. Wie ist es mit Ihnen?“
„Zuerst will ich die Ware sehen“, sagte der Mann.
„Und ich das Geld“, entgegnete Antonio.
Der Mann stellte eine Aktentasche auf den Boden, öffnete sie und gab den Blick auf drei dicke Bündel mit amerikanischen Zwanzigdollarscheinen frei.
Antonio überreichte den Sack. Dann sank er auf die Knie, schob lachend die Hände in die Aktentasche und holte das Geld heraus.
„Sehr ihr?“ schrie er. „Was habe ich euch gesagt? Wir sind reich!“
Francesco grinste seinen Cousin an und ging ebenfalls in die Hocke. Die Gier ließ ihn jede Zurückhaltung vergessen.
Paulo konnte sich nicht überwinden, das Geld in die Hand zu nehmen; so wenig, wie er die Knochen des Heiligen hatte berühren wollen. Da er zögerte, war er der Erste, der die Waffe in der Hand des Unbekannten sah.
„Er hat eine Pistole!“ schrie er.
Er war auch der Erste, der erschossen wurde. Paulo prallte mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden und spürte einen scharfen, brennenden Schmerz, der sich in seinem Bauch ausbreitete.
Der Mann feuerte noch zweimal rasch hintereinander. Antonio und Francesco waren beide tot, bevor sie den Kopf heben konnten. Dann nahm der Unbekannte die mit Geld gefüllte Aktentasche wieder an sich und verstreute ein paar wertlose Schmuckstücke auf dem Gelände, zusammen mit einer Hand voll unbedeutender Münzen, die er vor einer Woche in Cannes gestohlen hatte. Er zog eine zweite Pistole desselben Fabrikats aus seinem Mantel, feuerte in die Luft und legte die Waffe neben die Männer. Er wusste, in welchem Ruf sie standen. Wenn man die Leichen fand, würde man annehmen, sie wären über Diebesgut in Streit geraten und hätten sich gegenseitig erschossen. Ohne einen Blick zurück verschwand der Unbekannte in der Dunkelheit.
Paulo presste beide Hände gegen seinen Bauch und versuchte, das ausströmende Blut zurückzuhalten, aber er wurde zunehmend schwächer. Francesco lag mit dem Gesicht – oder was noch davon übrig war – am Boden neben seinen Schuhen. Antonios Hinterkopf war vollständig weggeschossen. Nun konnten die beiden anderen nicht mehr erkennen, dass er mit seiner Vorhersage Recht behalten hatte. Das war sein einziges Bedauern.
Seine Stimme war sehr leise, und er atmete fast nicht mehr. Er sagte es dennoch, und sei es nur zu sich selbst.
„Seht ihr … ich habe doch gesagt, dass wir alle draufgehen.“
Als die Leichen zwei Tage später entdeckt wurden, lag der Gewinn des Mörders sicher auf dem Nummernkonto einer namhaften Schweizer Bank. Die Ware befand sich auf dem Weg zum Besteller.
Jack wachte auf und fuhr erschrocken hoch, für einen Augenblick verwirrt, weil er sich in einem fremden Raum
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