Eiskalte Versuche
Rasenmähen gesehen.“
„Nein.“
Sie zuckte mit den Achseln. „Dann verstehe ich nicht, warum du so sicher sein kannst.“
Jack drehte sich wieder um und betrachtete Isabella mit kaltem, eindringlichem Blick.
„Ich vergesse nie ein Gesicht.“
„Gut zu wissen“, fuhr sie ihn an. „Dann kann ich sicher sein, dass du noch weißt, wie ich aussehe, wenn du abgereist bist.“
Jack starrte sie hitzig an. Er schwankte zwischen dem Verlangen, sie zu schütteln oder bis zur Besinnungslosigkeit zu küssen. Ganz in ihrer Nähe hielt sich ein Mörder auf – noch dazu ein russischer Spion, wenn die Vermutungen stimmten. Dieses Wissen machte ihn reizbar. Seine Arbeit wurde erschwert, weil er nicht einfach mit der Wahrheit herausrücken konnte. Konfrontierte er die Bewohner von Abbott House mit Frank Waltons Täuschungsmanöver, war dies das Ende seiner verdeckten Ermittlungen. Die schlimmsten Qualen bereitete ihm der Verdacht, dass Isabella in all das verstrickt war. Sie könnte sich in großer Gefahr befinden. Seine Sorge um sie war jedoch in den Hintergrund gedrängt worden, als er den Mann draußen gesehen hatte und ein warnender Gedanke ihn durchzuckte.
„Wie heißt er?“ fragte Jack.
„Wen meinst du?“
„Den Gärtner.“
„Sein Name ist Victor Ross. Er ist ein guter Mitarbeiter, der sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmert, was ich auch dir empfehle.“
Nach diesen Worten stürmte Isabella ins Büro und schlug die Tür hinter sich zu. Einen leicht verwirrtem Ausdruck in den Augen und etwas nervös, kam Delia wenige Sekunden später durch die gleiche Tür und nahm den Platz hinter dem Empfangstisch ein.
„Guten Morgen, Mr. Dolan. Kann ich Ihnen behilflich sein?“
„Das bezweifle ich“, brummte Jack unhöflich und stapfte zum Ausgang.
Trotz Isabellas Versicherung wollte er sich diesen Victor Ross genauer ansehen. Als er vor die Tür trat, war der Gärtner von der Bildfläche verschwunden.
Frustriert von Frauen und von der Welt im Allgemeinen, kehrte Jack zurück in die Lobby. Vor der Bürotür blieb er einen Augenblick unentschlossen stehen. Dann ging er auf sein Zimmer. Später würde auch noch Zeit sein, mit Isabella zu sprechen, denn er war ziemlich sicher, dass er den Mann, der sich Victor Ross nannte, schon einmal gesehen hatte. Wenn er nur wüsste, woher er das Gesicht kannte. Aber vielleicht fiel es ihm ja wieder ein.
Hinter seiner Frage nach den Wanderwegen in der Gegend hatte kein touristisches Interesse gestanden. Jack war überzeugt, dass der Mörder von Frank Walton sich irgendwo in der Umgebung des Hotels aufhielt. Wegen der Klinik herrschte ein ständiges Kommen und Gehen von Fremden. Es könnte schwierig werden, vielleicht sogar unmöglich, den Kreis der Verdächtigen auf eine einzige Person einzuengen. Zudem bestand die Möglichkeit, dass der Mörder sich irgendwo in den Bergen versteckt hielt und auf Zeit spielte. Jack hatte vor, einen Teil der Gegend um das Hotel abzusuchen. Das ganze Gebiet des White Mountain zu durchkämmen, schaffte er nicht allein, aber zumindest konnte er die tauglichsten Stellen für einen Unterschlupf überprüfen.
Isabella starrte die Papiere auf ihrem Schreibtisch volle zwei Minuten an. Dann hob sie den Telefonhörer ab und tippte die Ziffernfolge ein. In dem Moment, als die Verbindung zu Stande kam, wusste sie, dass ihr Vorhaben nichts anderes als ein Davonlaufen war. Aber sie brauchte den Abstand. Mit ihrem Leben weiterzumachen, wie es jetzt war, ertrug sie nicht.
„Marcy, hier ist Isabella Abbott. Haben Sie heute Zeit, mir einen neuen Haarschnitt zu machen? Ja? Sehr schön. Noch etwas. Arbeitet Lola heute? Gut. Wäre es möglich, von ihr eine Massage zu bekommen, bevor Sie meine Haare schneiden? Wunderbar! Dann bis um elf.“
Isabella legte auf, holte tief Luft und verließ das Büro.
„Delia, ich fahre nach Braden. Im Laufe des Nachmittags bin ich zurück.“
„Alles klar“, sagte Delia.
Ein grimmiges Lächeln auf den Lippen, schritt Isabella durch die Hotelhalle zu ihren Privaträumen. Alles klar, in der Tat. Delias gute Laune sollte auf sie abfärben. Eine Aufmunterung könnte nicht schaden. Zur Hölle mit Jack Dolan. Die Welt drehte sich weiter, auch wenn die Grundfesten ihres Lebens erschüttert waren.
Die Onkel hatten sich in Davids Zimmer versammelt, um mit den Vorbereitungen für ihr letztes Projekt zu beginnen. Während sie auf Johns Eintreffen warteten, tranken sie Kaffee und sahen sich die Nachrichten im Fernsehen
Weitere Kostenlose Bücher