Eiskalte Versuche
mehr als die Hälfte das Rentenalter erreicht. Die Männer meiner Generation sind meist verlobt oder verheiratet. Und was den Rest angeht, sind diese Kerle das bisschen Erde nicht wert, unter dem sie einmal begraben sein werden, wenn ich mich so hart ausdrücken darf.“
David runzelte die Stirn. Er dachte an den Vorfall mit dem Autoreifen.
„Bobby Joe Cage gehört eindeutig in die letzte Kategorie.“
„Genau das meine ich“, sagte sie.
„Jack Dolan ist nicht von hier.“
„Was bedeutet, dass er auch wieder abreist.“ Sie erhob sich unvermittelt. „Es tut mir Leid, Onkel David. Mir ist gerade etwas eingefallen, das ich unbedingt erledigen muss.“
Isabella verließ ihren Onkel, ohne ihm die Gelegenheit zu geben, noch ein Wort zu sagen. David saß da und beobachtete, wie sie mit hoch erhobenem Kopf an Jack Dolan vorbeihastete. Der Ausdruck im Gesicht des Schriftstellers ließ die gleiche schlechte Stimmung erkennen, die Isabella zur Schau trug.
David seufzte bei dem Gedanken an die Zukunft, wenn er und die anderen Onkel nicht mehr lebten. Zu wissen, dass Isabella jemanden gefunden hatte, den sie lieben konnte, wäre eine große Erleichterung. Er warf einen letzten Blick in Jack Dolans Richtung und kehrte zurück an den Tisch, wo die anderen saßen.
Die Zeit war reif, mit dem letzten Projekt zu beginnen.
10. KAPITEL
I sabella stand schon am Empfangstresen und begrüßte neue Gäste, als David den Restaurantbereich verließ. Thomas und Jasper waren im Saal geblieben. Sie wollten später einen Bekannten in Braden besuchen. John und Rufus hatten sich an Davids Fersen geheftet. Die beiden alten Männer steckten ihre Köpfe zusammen und unterhielten sich angeregt beim Gehen. Mit seiner mageren schlaksigen Gestalt stellte John Michaels das Gegenteil des breitschultrigen, hoch gewachsenen Rufus dar. Samuel Abbott hatte das Paar oft liebevoll als Zweitausgabe von Laurel und Hardy bezeichnet.
Isabella sah die drei Männer herannahen und zog den Kopf ein. Eine Fortsetzung des unangenehmen Verhörs durch Onkel David war das Letzte, was sie sich wünschte.
„Miss?“
Rasch wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Paar zu, das gerade eincheckte.
„Tut mir Leid, Mr. Silvia. Worum ging es?“
„Hätten Sie ein Telefonbuch, das Sie uns leihen könnten?“ wiederholte Leonardo seine Frage. „Ich muss die Nummer der White Mountain Fertility Clinic heraussuchen. Wir haben dort heute Nachmittag einen Termin. Ich möchte mich noch einmal über die genaue Uhrzeit vergewissern.“
„In Ihrem Zimmer liegt ein Telefonbuch. Aber ich weiß die Nummer auswendig: 555-1212.“
„Sind Sie sicher?“ fragte Leonardo.
Isabella lächelte. „Ich habe dort, so lange ich zurückdenken kann, fast jeden Tag angerufen.“
Maria Silvia beugte sich über den Tresen nach vorn und bedachte Isabella mit einem warmherzigen Blick.
„Versuchen Sie auch, ein Kind zu bekommen?“
„Nein, mein Vater, Dr. Samuel Abbott, hat die Klinik gegründet.“
Marias Augen wurden groß. „Ach! Dann müssen Sie sehr stolz auf ihn sein, dass er sein Leben der Aufgabe widmet, Paaren wie Leonardo und mir zu helfen.“
„Ja. Ich war immer sehr stolz auf meinen Vater. Leider ist er kürzlich verstorben.“
Marias wurde blass, dann sagte sie kaum hörbar: „Um Gottes willen … Sind wir zu spät gekommen?“
„Nein, nein“, beeilte Isabella sich zu erklären, als sie den Ausdruck des Entsetzens auf dem Gesicht der kleinen Frau sah, „deshalb habe ich das nicht gesagt. Die Klinik gibt es noch. Sie wird von einem kompetenten Ärzteteam weitergeführt.“ Sie winkte ihren Onkel zum Empfang, damit er die Frau beruhigen konnte, bevor sie einen hysterischen Anfall erlitt. „Onkel David, darf ich dir Maria und Leonardo Silvia vorstellen. Sie haben einen Termin in der Klinik. Genauer gesagt, heute Nachmittag. Mrs. Silvia, das ist Dr. Schultz. Er ist auch einer der Klinikgründer.“
David Schultz sah die Verzweiflung im Gesicht der Frau und fasste sanft ihre Hand.
„Maria Silvia, richtig?“
Sie nickte eifrig, doch ihr Herz pochte noch immer sehr unregelmäßig.
„Ja, Doktor. Ich bin Maria Silvia. Und das ist mein Ehemann Leonardo. Können Sie uns helfen, ein Kind zu bekommen?“
David lächelte. „Wir können es auf jeden Fall versuchen.“
Sie entspannte sich leicht. „Oh … der Versuch wird erfolgreich sein. Ich weiß es.“
Es war gut zu hören, wie groß ihr Vertrauen in seine ärztliche Kunst war, doch David befürchtete, dass
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