Eiskalte Versuche
an.
„Seht mal“, sagte Rufus und wies auf den Bildschirm. „In Florida hat ein Mann mit einem Alligator gerungen. Bei dem Kampf hat das Biest ihm die Nase abgebissen. Welcher Mensch denkt sich so einen Blödsinn aus?“
Jasper schmunzelte. „Nicht gerade ein geeigneter Genlieferant.“
Die anderen lachten. Augenblicke später wechselte der Moderator vom nationalen Nachrichtenteil zu den Ereignissen in aller Welt. Davids Stimme erhob sich plötzlich über dem angeregten Geplauder.
„Hört zu!“ Er nahm die Fernbedienung und stellte den Ton lauter.
„Noch ein seltsames Vorkommnis … heute Morgen wurde in einem abgelegenen italienischen Dorf ein Diebstahl entdeckt. Am Skelett des heiligen Bartholomeo, einem lange verstorbenen Mönch, fehlen ein paar Knochen. Bartholomeo wurde vor ungefähr achtzig Jahren vom Papst in Rom heilig gesprochen. Nach seinem Tod strömten die Menschen zu den sterblichen Überresten, um davor zu beten. Viele behaupteten, durch die Hilfe von Bartholomeo geheilt worden zu sein.
Der Diebstahl kam ans Licht, als eine Putzfrau gegen den Glaskasten stieß, in dem die Knochen ausgestellt sind, und ein Stück der Scheibe herausfiel. Es ist nicht bekannt, wie viele Knochen entwendet wurden. Man weiß nur, dass einige Teile des Skeletts fehlen.
In der vergangenen Woche wurden auf einem Feld in Dorfnähe die Leichen von drei Männern gefunden. Sie stammten aus der Gegend, und man weiß, dass sie ihren Lebensunterhalt als Kleinkriminelle verdienten. Zunächst nahm man an, die drei seien in Streit geraten und hätten sich gegenseitig umgebracht. Nachdem der Reliquiendiebstahl entdeckt wurde, gehen die Vermutungen in die Richtung, dass es einen Zusammenhang zwischen den Todesfällen und den fehlenden Knochen gibt.
Mehr davon später.“
„Mein Gott“, sagte David und schaltete den Fernseher aus. „Was hat Samuel getan?“
Die anderen zeigten den gleichen entsetzten Gesichtsausdruck. Niemals in den vielen Jahren ihrer Zusammenarbeit hatten sie eine derartige Grenze überschritten.
„Hast du das gewusst?“ fragte Jasper.
David rang nach Atem. „Nein! Natürlich nicht. Und ihr?“
Die anderen verneinten ebenfalls. Sie waren fassungslos, wie weit Samuel Abbott zu gehen bereit gewesen war in dem Bestreben, seine Arbeit erfolgreich zu Ende zu führen.
„Was sollen wir jetzt tun?“ fragte David.
„Wir können sie nicht zurückgeben“, sagte Rufus. „Dann müssten wir erklären, woher wir sie haben. Was die Frage nach dem Warum aufwirft, und dann … ihr wisst, was das bedeuten würde.“
„Hast du gehört, wie der Mönch hieß?“ fragte John.
David runzelte die Stirn. „Ja. Warum?“
„Erinnerst du dich an Mrs. Silvia?“
David nickte. „Diese Frau vergesse ich nicht so leicht.“
„Der Name, den sie für ihr Kind ausgewählt haben, wenn es ein Junge wird … hat der Ehemann nicht gesagt, sie wollten das Kind Bartolomeo nennen, nach dem Urgroßvater?“
„Ja. Was ist mit dem Namen?“
„Die Knochen. Der Heilige, dem sie gehören, heißt Bartholomeo.“
Sie erschraken, und es wurde still im Raum. Dann begannen die Männer wild durcheinander zu reden.
„Schsch!“ unterbrach David und sah John an. „Was denkst du darüber?“
„Das ist ein Zeichen, dass wir weitermachen sollen.“
Obwohl die Abstimmung bereits ergeben hatte, dass sie das Projekt durchführen würden, spürte David die zwiespältigen Gefühle in der Gruppe.
„Rufus … ich merke, dass du Vorbehalte hast.“
Rufus nickte. Er ging im Zimmer umher und strich mit den Händen geistesabwesend über seinen vorstehenden Bauch.
„Mehr als einen, mehr als einen.“
Thomas Mowry nahm seine Brille ab und putzte sich die Nase. „Er ist nicht der Einzige mit Vorbehalten“, sagte er und sank in einen Sessel. „Ich kann nicht daran glauben, dass wir noch einmal einen Versuch machen sollten – noch dazu nach so vielen Jahren. Mir ist egal, ob dieser Name ein Zeichen ist. Wenn wir eine Erkenntnis aus früheren Arbeiten gewonnen haben, dann die, dass alle unsere Projekte gescheitert sind.“
„Nicht ganz“, wandte David ein.
Die anderen sahen sich an, dann nickten sie.
„Ein Projekt war anders“, sagte Jasper.
Thomas schüttelte den Kopf. „Genau da liegt das Problem. Diese eine erfolgreiche Implantation verlief anders, und wir kennen den Grund dafür nicht.“
„Samuel sagte …“
„Samuel ist tot“, schnitt Thomas ihm das Wort ab. „Frank auch. Ich glaube, die Natur versucht uns hier
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