Eiskalte Versuche
langsam wieder aus.
„Frag deine Onkel“, sagte er. „Sie wissen mehr, als sie zugeben. Wenn du mich brauchst“, fügte er hinzu, „ich bin in meinem Zimmer. Ich muss ein paar Anrufe erledigen.“
„Was soll das heißen … sie wissen mehr, als sie zugeben? Willst du andeuten, dass sie irgendwie in die Sache mit Onkel Frank verwickelt sind?“
„Ich deute gar nichts an.“
Er ging davon und ließ Isabella mit der Last des Ungesagten allein.
Sie drehte sich um und starrte durch den langen Flur zur letzten Tür auf der rechten Seite, Thomas’ Suite. Dann ging sie los. Auf halbem Weg hielt sie inne. Ihr Herz hämmerte, und sie hatte schweißfeuchte Hände.
Lieber Gott … bitte … noch mehr kann ich nicht ertragen.
In diesem Augenblick kam David aus der Tür, auf die sie zusteuerte.
„Isabella, wir bringen Thomas in die Klinik. Ich denke, es ist nichts Ernstes, aber vorsichtshalber möchte ich ihn über Nacht an einen Herzmonitor anschließen.“
„Kann ich helfen?“
David zögerte, dann lächelte er und drückte einen Kuss auf ihre Wange.
„Nein, Liebes. Wir kommen allein zurecht. Du hältst hier die Stellung, einverstanden?“
„Und wenn der Mann zurückkommt? Dieser Russe, von dem Jack Dolan sagt, dass er Onkel Frank umgebracht hat?“
Ein kaum merkliches Flackern erschien in David Schultz’ Blick. Isabella sah es, und der Glaube an ihre Onkel starb einen leisen Tod. Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, ganz allein in der Welt zu stehen. Sie wusste, wenn er auf ihre Frage antwortete, würde es eine Lüge sein.
„Ist schon in Ordnung“, sagte sie leise. „Kümmere du dich um Onkel Thomas. Ich passe selbst auf mich auf.“
Sie drehte sich um und ging zur Treppe, sich straff aufrecht haltend und mit langen entschlossenen Schritten. David hatte sich noch nie so schuldig gefühlt und noch nie so alt wie in diesem Augenblick. Sie alle hintergingen sie. Das Mädchen spürte das. Obwohl sie das wahre Ausmaß nicht ahnen konnte, wusste sie auf unbestimmte Weise, dass es ein Geheimnis gab, in das sie nicht eingeweiht war.
„Herrgott, steh uns bei“, murmelte er und betrat den Aufzug, um nach unten zu fahren und auf den Krankenwagen zu warten, der jede Minute eintreffen musste.
Jack schlug die Tür zu seinem Zimmer zu. Er musste seiner Verzweiflung und seinem Zorn Luft machen. Mit wenigen Schritten war er beim Bett und ließ sich darauf fallen. Hätte er das Taschenmesser nur einen Tag früher entdeckt, wäre Victor Ross noch hier gewesen. Was er jetzt brauchte, war die Bestätigung für seinen Verdacht. Aber außer abzuwarten … nein, etwas gab es, das er tun konnte.
Er sprang mit einem Satz vom Bett und stürzte zur Kommode. Dort lagen die Fotos, die er als angeblicher Schriftsteller für seine Recherchen aufgenommen hatte. Darunter waren zahlreiche Bilder vom Hotel und dem Garten. Mit etwas Glück würde der Gärtner auf wenigstens einer der Aufnahmen zu sehen sein.
Er hob ein paar Fotos von dem Stapel, warf sie auf das Bett und streifte sich die Schuhe ab. Sein Magen knurrte vor Hunger, aber es gab zu viel zu tun. Er hatte keine Zeit, sich umzukleiden und in den Speisesaal zu gehen. Vielleicht war Delia noch am Empfang und ließ sich überreden, ihm etwas aus der Küche kommen zu lassen. Einen Versuch war es wert.
Jack wählte die Nummer und zählte, wie oft der Anschluss läutete. Er wollte schon auflegen, als er die atemlose Stimme der Angestellten hörte.
„Der Empfang. Was kann ich für Sie tun?“
„Delia, hier ist Jack Dolan, Zimmer 200. Ich weiß, Abbott House hat keinen Zimmerservice, aber ich dachte, vielleicht könnten Sie mir eine Kleinigkeit zu essen besorgen. Ich bin nicht wählerisch und nehme, was da ist.“
„Kein Problem, Mr. Dolan. Selbstverständlich bringe ich Ihnen etwas hinauf. Ich werde sehen, was ich für Sie tun kann.“
„Vielen Dank. Ich lasse die Tür unverschlossen.“
Er legte auf. Dann nahm er die Abzüge der ersten Filmrolle in die Hand und betrachtete sie. Nirgends war Victor Ross zu sehen. Auch die Durchsicht der zweiten und dritten Fotoserie brachte keinen Erfolg. Er hatte die erste Hälfe des vierten Stapels geschafft, als ein Lächeln über sein Gesicht ging.
„Treffer“, sagte er leise und hielt das Foto näher ans Licht.
Es war eine Ansicht der Rückseite von Abbott House, und im offenen Lieferanteneingang war niemand anders als Victor Ross zu sehen, wie er ins Freie trat. Jack erinnerte sich noch, dass ihm die Eile des Mannes
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