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Eiskalter Sommer

Eiskalter Sommer

Titel: Eiskalter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf S. Dietrich
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Seine Leidenschaft galt jedoch einer anderen Frau, mit der er sich in Hannover ein illegitimes Verhältnis leistete.
    Seine einzige Tochter Julia, die er über alles liebte, war wohlgeraten und besuchte das Amandus-Abendroth-Gymnasium. Nach ihr hatte er seine Segelyacht benannt, die im Cuxhavener Yachthafen lag. Allerdings begann Julia neuerdings seine Erziehungsversuche mit taktlosen Redensarten und ungehörigem Verhalten infrage zu stellen. Er hielt das für eine vorübergehende Erscheinung, um die er sich keine Gedanken machen musste. Wahrscheinlich würde sich das geben, wenn sie erst Verantwortung für ein eigenes Pferd übernommen hatte. Diesen Wunsch würde er ihr nach den Wahlen erfüllen.
    Der Abgeordnete Ostendorff konnte mit seinem Dasein zufrieden sein. Solange sein kleines Geheimnis nicht bekannt würde, stellte es keine Gefahr für seine politische Karriere dar. Und da er in der Landeshauptstadt bei weitem nicht der einzige verheiratete Familienvater war, der während der Parlamentswochen mit einer Freundin zusammenlebte, hatten selbst die politischen Gegner kein Interesse daran, solche Liebschaften an die Öffentlichkeit zu zerren.
    Der Tenor des Zeitungsberichts war auch heute ganz in seinem Sinn. Vor Vertretern des Hotel- und Gaststättengewerbes hatte er die Tourismusentwicklung als Wirtschaftsfaktor für die Region herausgestellt. Nachdem Stadt und Landkreis vor zwei Jahren das Projekt „CaribicWorld“ in den Sand gesetzt hatten, brauchten die Leute wieder konkrete Ziele. Mit der „Maritimen Lebenswelt Cuxhaven“ und dem „Kulturforum Schloss Ritzebüttel“ konnte man sich sehen lassen, auch wenn es nur kleine Schritte zur Umsetzung des Tourismus-Gutachtens und zu mehr Attraktivität für Feriengäste waren. Und im Zusammenhang mit dem Kauf des Sahlenburger Marineturms und der Neugestaltung des Campingplatzes Wernerwald hatte er Fördermittel der Europäischen Union für Cuxhaven und das Cuxland in Aussicht gestellt. Dafür hatte es heftigen Applaus gegeben.
    Zufrieden legte Ostendorff die Zeitung zur Seite und reckte sein Gesicht zur Sonne. Ein wenig Bräune konnte nicht schaden. Wer in diesen Tagen allzu bleich herumlief, wirkte leicht kränklich. Er wusste, wie wichtig es für einen Politiker war, gesund und sportlich, jugendlich und dynamisch zu wirken. Während er sich entspannt zurücklehnte, kraulte er das Fell von Skipper, dem Golden Retriever, der ihm als das verlässlichste aller Familienmitglieder erschien.
    Als seine Frau das Tablett mit dem Frühstück brachte, nahm sie die Zeitung auf. „Hast du das gelesen? Schon wieder so ein mysteriöser Todesfall. Sie haben eine Leiche gefunden. Auch tiefgefroren.“ Sie schüttelte sich. „Diesmal in einem Lastwagen. In der Heerstraße.“
    Ostendorff musste sich beherrschen, um ihr die Blätter nicht aus der Hand zu reißen. Ihm war plötzlich übel. Gleichzeitig spürte er einen Anflug von Panik.
    Er zwang sich zu einer gleichmütigen Miene und streckte die Hand nach der Zeitung aus. Er konnte allerdings nicht verhindern, dass seine Finger zitterten. Zum Glück war seine Frau inzwischen damit beschäftigt, das Frühstücksgeschirr zu arrangieren. Und ihre Gedanken waren schon beim nächsten Thema. Während sie Kaffee einschenkte und laut über einen Einkaufsbummel in Bremerhaven nachdachte, suchte Ostendorff nach dem Artikel. Inständig hoffend, dass es sich bei dem Toten um einen Unbekannten handelte. Und dass die beiden Fälle nichts miteinander zu tun hatten.
    Was hätte er darum gegeben, wenn von einem geistesgestörten Unbekannten, von Bandenkriminalität oder der russischen Mafia die Rede gewesen wäre! Doch in dem Augenblick, in dem er die Überschrift las, wusste er, dass er in Gefahr geraten war. Und damit alles, was er sich aufgebaut hatte.

    Leichenfund in Tiefkühlwagen
    Inhaber des Restaurants Cap Cux vermissen Koch
    Von Felix Dorn

    Aufmerksam wurde Landwirt Harro Köster (46) aus Westerende erst, als er mit seinem Traktor zum zweiten Mal das an einer alten Scheune in der Heerstraße etwas versteckt abgestellte Fahrzeug passierte. Zunächst hatte er angenommen, dass dort ein Fahrer seine Frühstückspause nahm. Als Köster den Wagen näher untersuchte, wurde er misstrauisch, denn obwohl das Kühlaggregat lief, war weit und breit niemand zu sehen. Per Handy informierte Köster die Polizei.
    Ein Tiefkühlwagen der Firma CuxFrost war rückwärts gegen die Scheunenwand gefahren worden, so dass sich die Türen zum Laderaum

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